Marienfeste

Marienfeste

Marienfeste, die in der katholischen Kirche zu Ehren der Mutter Jesu angeordneten Feste, die ihr Motiv in der seit dem Nestorianischen Streit siegreich gebliebenen Ansicht von der Maria als der Gottesgebärerin haben (vgl. Maria, S. 282). Man unterscheidet zwischen größern Marienfesten, die in der ganzen Kirche gefeiert, und kleinern, die nur an einzelnen Orten oder in einzelnen Ländern festlich begangen werden. Wir beginnen mit den größern (hohen), von denen die ersten drei, weil sie biblischen Grund hätten, auch Luther beibehielt; allmählich sind sie in der evangelischen Kirche ganz abgekommen oder werden, wenn man sie noch feiert, auf einen benachbarten Sonntag gelegt:

1) Mariä Verkündigung (annuntiatio Mariae), 25. März, in England wie in Skandinavien vorzugsweise als Unsrer Frauen Tag bekannt, gilt der Ankündigung der Geburt Christi: Luk. 1,26–38, und ist als Marienfest in Konstantinopel seit 624, in Rom seit Sergius I. (687–701) bezeugt. – 2) Mariä Reinigung oder Lichtmeß (festum purificationis Mariae) wird zur Erinnerung an die Darstellung Jesu im Tempel (Luk. 2,22 ff.) 40 Tage nach dem Christfest, 2. Febr., gefeiert und wurde für den Orient durch Kaiser Justinian (542) angeordnet. Die römische Kirche kennt das Fest seit Papst Sergius I. (687–701). Der Name Lichtmeß kommt von der an diesem Tage mit Beziehung auf Luk. 2,32 stattfindenden Weihe der für das nächste Jahr bestimmten kirchlichen Kerzen. – 3) Mariä Heimsuchung (festum visitationis Mariae), 2. Juli, ist dem Besuch der Maria bei Elisabeth (Luk. 1,39–56) gewidmet (s. auch Lostage) und wird zuerst 1247 erwähnt. Von den Franziskanern 1263 als Ordensfest aufgenommen, wurde es 1389 von Urban VI. zum allgemeinen kirchlichen Fest erhoben. – 4) Das Fest der unbefleckten Empfängnis (festum immaculatae conceptionis), 8. Dez.; Weiteres s. Unbefleckte Empfängnis. – 5) Mariä Geburt (nativitas Mariae), 8. Sept., scheint erst Ende des 7. Jahrh. aufgekommen zu sein. – 6) Mariä Himmelfahrt (festum assumtionis Mariae, dormitio, pausatio Mariae), 15. Aug., ursprünglich als Fest Mariä Schlaf (d. h. Tod) 18. Jan. gefeiert, wird in vielen Gegenden ausschließlich der große Marientag genannt und gilt der leiblichen Aufnahme der Maria in das himmlische Reich.

Kleinere M. sind die folgenden: 7) Mariä Namensfest (festum nominis Mariae), in Spanien entstanden und zum Andenken an die Befreiung Wiens von den Türken 1683 auch in Deutschland eingeführt, wird am Sonntag nach Mariä Geburt gefeiert. – 8) Mariä Darstellung oder Opferung (festum praesentationis Mariae), 21. Nov., war schon mehrere Jahrhunderte in der griechischen Kirche üblich, bevor es Gregor XI. 1371 in Frankreich einführte, um den Glauben zu fördern, daß Maria in ihrem dritten Jahre zu ewiger Jungfrauschaft geweiht worden sei; Sixtus V. ordnete 1585 die allgemeine Feier des Festes an. – 9) Verlöbnis Mariä oder Vermählung Mariä mit Joseph (desponsatio beatae Mariae virginis) wurde von den Franziskanern eingeführt und anfangs an verschiedenen Tagen begangen, bis Benedikt XIII. 1725 den 23. Jan. als Festtag bestimmte. – 10) Mariä Erwartung der Geburt Jesu (festum exspectationis partus beatae Mariae virginis, exspectatio Mariae), entstanden in Spanien, von Gregor XIII. 1573 bestätigt, wird am 18. Dez. gefeiert. – 11) Das Fest der sieben Schmerzen (Ohnmachtfeier) Mariä (festum compassionis, spasmi, septem dolorum Mariae), zu Anfang des 15. Jahrh. in der Diözese Köln aufgekommen und von Benedikt XIII. 1727 auf die ganze Kirche ausgedehnt, wird am Freitag vor dem Palmsonntag (dem »Schmerzensfreitag«) begangen. Es soll an das Leid erinnern, das Maria siebenmal um ihres Sohnes willen zu erdulden hatte, wobei teils schon von der Weissagung Simeons (Luk. 2,35), teils erst vom Abschied Jesu vor dem letzten Leiden an gezählt wird. Im Gegensatz dazu gibt es auch 12) ein Fest der sieben Freuden Mariä (Menschwerdung des Logos, Heimsuchung Elisabeths, Geburt Jesu, Darstellung im Tempel, Wiederfinden des Knaben, Wiedersehen des Auferstandenen, eigne Krönung), das am 23. Sept. gefeiert wird und 1628 in Sitten entstand. – 13) Mariä Schneefeier (festum Mariae ad nives), 5. Aug., ist eigentlich der Kirchweihtag der schon aus dem 4. Jahrh. stammenden Kirche Maria Maggiore in Rom und feiert das Gedächtnis des wunderbaren Schneefalles, der in der Nacht zum 5. Aug. den Ort zum Bau dieser Kirche bezeichnet haben soll. Erst im 14. Jahrh. ward dieses Fest auf ganz Rom ausgedehnt und durch Pius V. zu einer allgemeinen Feier erhoben. – 14) Das Fest Mariä vom Berge Karmel (festum beatae Mariae virginis de monte Carmelo), 16. Juli, heißt auch das Skapulierfest (s. Skapulier) und ist das Hauptfest des Karmeliterordens. – 15) Das Fest Mariä vom Verdienst oder von der Erlösung der Gefangenen (festum beatae Mariae virginis de mercede) ward anfangs nur in dem 1223 gestifteten Orden zur Erlösung gefangener Christen aus den Händen der Ungläubigen (s. Mercedarier) nach einer Bulle Innozenz' XII. 1696 in der ganzen Kirche 24. Sept. gefeiert. – 16) Das Fest Mariä Hilfe (festum Mariae auxilii Christianorum) ward 24. Mai 1814 von Papst Pius VII. nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft zum Dank für die Befreiung, die er der Mutter Gottes zuschrieb, eingesetzt. – 17) Das Fest Mariä Rosenkranz (Rosenkranzfest, festum rosarii Mariae, solemnitas ss. rosarii beatae Mariae virginis) ist aus dem Fest Unsrer Frau vom Sieg (festum Mariae de victoria) hervorgegangen, das Pius V. 1571 zum Andenken an die Schlacht bei Lepanto stiftete, die Juan d'Austria auf die Fürbitte der heiligen Jungfrau gewonnen haben soll. Es ward 7. Okt., dem Jahrestag des Sieges, gefeiert, aber schon 1583 unter seiner heutigen Benennung von Gregor XIII. auf den ersten Sonntag im Oktober verlegt und mit dem an diesem Tag üblichen Feste der Dominikaner zu Ehren des Rosenkranzes vereinigt. Neuerdings wird das Rosenkranzfest auch zu den hohen Marienfesten gerechnet. – 18) Das Fest Mariä Schutz (festum patrocinii Mariae), ein Hauptfest der griechischen Kirche, ward in der abendländischen erst 1725 von Benedikt XIII. eingeführt. Es fällt auf den dritten Sonntag im November, kann aber auf einen beliebigen Sonntag dieses Monats verlegt werden. – 19) Das Herz-Mariä- Fest, seit dem 17. Jahrh. vorbereitet, hat auf Bitten der Erzbrüderschaft vom allerheiligsten und unbefleckten Herzen Mariä Pius IX. zu einem festum duplex maius erhoben. – 20) Das sogen. Fest Mariä am Sonnabend ist kein besonderes Kirchenfest, sondern beruht bloß darauf, daß schon im 11. Jahrh. der Sonnabend der Verehrung Mariä gewidmet war, und man an diesem Tage die Messe der heiligen Jungfrau zu lesen pflegt. – Unter den Monaten hat man der Maria den Mai gewidmet. Vgl. Scherer, Die Feste Mariä (4. Aufl., Freib. 1899); Kellner, Heortologie (das. 1901).

In der griechischen Kirche feiert man außer Mariä Verkündigung (25. März), Himmelfahrt (15. Aug.), Geburt (8. Sept.), Schutz (1. Okt.), Eintritt in den Tempel (21. Nov.) und Empfängnis (9. Dez.) allgemein noch die Niederlegung des Kleides der Gottesgebärerin in den Blachernen (2. Juli), die Niederlegung des Gürtels der Gottesgebärerin (31. Aug.) und ein Gesamtfest (Synaxis) der Gottesgebärerin (26. Dez.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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