Lotterieanlehen

Lotterieanlehen

Lotterieanlehen (Prämienanlehen), öffentliche Anlehen, deren Eigentümlichkeit darin besteht, daß feste jährliche Zinsen entweder gar nicht (sogen. unverzinsliche) oder doch nur zum Teil (sogen. verzinsliche L.) gezahlt, vielmehr dieselben ganz oder teilweise zum Gegenstand einer nach einem festgesetzten, meist auf den einzelnen Schuldverschreibungen abgedruckten Ziehungsplan vorgenommenen L. gemacht werden. Die auf ein Los (Anlehenslos) kommende Zahlung einschließlich des Gewinnes heißt Prämie. Bei der allgemein verbreiteten Neigung zum Glücksspiel finden diese Lotterien bereitwillige Aufnahme beim Publikum und bieten infolgedessen dem Staate den Vorteil, daß das Anlehen zu einem verhältnismäßig hohen Kurs begeben werden kann. Unverzinsliche L. entziehen allerdings viele Kapitalien einem regelmäßigen Zinsgenuß, aber sie können doch Gelegenheit geben, kleine Summen zu sparen, wenn nämlich, wie dies meist üblich ist, die kleinsten Gewinne noch über dem eingezahlten Satze stehen und selbst bis gegen Ende der Verlosung hin wachsen, vorausgesetzt natürlich, daß nicht etwa der Kurs des Einkaufs diese Aussicht zunichte macht. In diesem Fall unterscheiden sich die L. wesentlich von den gemeinen Lotterien (s. d.), bei denen der Gewinn des einen nur durch den Verlust des andern ermöglicht wird, während ein teilweiser Verlust an Zinsen nicht so schwer empfunden wird. Empfehlenswerter sind verzinsliche L., namentlich wenn größere Anlehen aufgenommen werden sollen; denn viele ernsthafte Kapitalisten, die sich scheuen, ihr Kapital in Papieren anzulegen, die nicht regelmäßig Zinsen tragen, sind doch bereit, dieses für Anlehen, bei denen schlimmstenfalls eine niedrigere Verzinsung, bestenfalls aber ein guter Gewinn in Aussicht steht, hinzugeben. Bei fast allen L. werden die Lose, oft Prämienlose, Prämienscheine, Lospapiere genannt, in Serien geteilt (etwa Nr. 1–1000 als erste, 1001–2000 als zweite Serie etc.). Vor der Nummernziehung finden eine oder mehrere Serienziehungen statt. Da nun im voraus bekannt ist, welche Nummern in jeder Serie enthalten sind, so steigen die in einer gezogenen Serie enthaltenen Nummern (Serienlose) im Kurs bis zu demjenigen Betrag, den man durch Division der für die ganze Serie zur Rückzahlung bestimmten Summe durch die Zahl der Nummern erhält; ja, sie kommen in der Zwischenzeit bis zur Ziehung der Nummern wenig mehr auf den Markt. In Deutschland fanden von jeher nicht allein die von Preußen, Baden, Kurhessen, Oldenburg, sondern auch die von fremden Ländern und Städten begebenen Prämienlose willige Abnehmer. Doch sind die L. in den letzten Jahrzehnten als Staatsanlehen selten mehr benutzt worden, und es dürfen im Deutschen Reiche nach dem Gesetz vom 8. Juni 1871 neue Inhaberpapiere mit Prämien nur auf Grund eines Reichsgesetzes und nur für Anlehen eines Bundesstaats oder des Reiches ausgegeben werden. Von ausländischen Prämienanlehen, die vor dem 1. Mai 1871 emittiert sind, dürfen diejenigen Stücke, die bis 15. Juli 1871 gegen eine Gegebühr von 1/2-1 Mk. zur Abstempelung vorgelegt wurden, frei in Deutschland kursieren. England kennt die Prämienanlehen nicht; in Frankreich kommen sie nur bei Gemeinden vor. L. haben übrigens für den Schuldner den Nachteil, daß sie, wenn sie zu einer Zeit abgeschlossen worden sind, zu welcher der Zinsfuß hoch stand, nicht beliebig gekündigt und zurückgezahlt werden können. Bezüglich der an die Prämienpapiere sich anschließenden Heuer- oder Promessengeschäfte vgl. Heuergeschäft.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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