Lessing [2]

Lessing [2]

Lessing, 1) Karl Friedrich, Maler, Großneffe von Gotth. Ephr. Lessing, geb. 15. Febr. 1808 in Breslau, gest. 4. Juni 1880 in Karlsruhe, besuchte das Gymnasium in Breslau, dann die Bauakademie in Berlin, zog aber bald die Malerei vor und widmete sich auf der Kunstakademie bei den Professoren Collmann und Dähling besonders der Landschaftsmalerei, für die er bereits 1826 durch ein Bild: ein verfallener Friedhof mit Ruinen, eine entschiedene Begabung zeigte. Daraufhin forderte ihn W. Schadow auf, ihm nach Düsseldorf zu folgen, wo er, dem Geiste der Schule entsprechend, sehr bald auch die Geschichtsmalerei zu pflegen begann. Seine ersten Arbeiten auf diesem Gebiet waren: der Abschied des jungen Tobias (1828) und das Fresko der Schlacht bei Ikonion (Schloß des Grafen Spee in Heltorf). Doch blieb er auch seiner romantischen Richtung in der Landschaft mit der Ritterburg (1828, Berliner Nationalgalerie) und dem Klosterhof im Schnee (1828, Museum in Köln) treu. Diese Richtung gipfelt in dem trauernden Königspaar (1830), das seinen Namen zuerst populär machte. L. raffte sich bald von der romantischen Empfindsamkeit zu einer männlichen Energie auf, die sowohl in seinen Geschichtsbildern als ganz besonders in seinen Landschaften zutage trat und in den letztern sich zu einer modern-realistischen Naturanschauung entwickelte, weshalb L. der Großmeister der historisch-romantischen Landschaft geworden ist. Als Schadow 1830 nach Italien ging, übertrug er L. einen Teil seiner Funktionen als Direktor, und wenn L. schon durch seine bis dahin geschaffenen Bilder einen bedeutungsvollen Einfluß auf die Düsseldorfer Malerschule aus geübt hatte, so trat er jetzt den Künstlern noch näher. In dieser Zeit malte er die Felsenlandschaft: Schlucht mit Ruinen. 1832 folgten die Gemälde: Leonore und die Burg Rheinstein; 1834 eine Eifellandschaft (Nationalgalerie in Berlin); 1836 die Hussitenpredigt (Berliner Nationalgalerie); 1838 Ezzelin, von Mönchen zur Buße ermahnt (Frankfurt a. M., Städelsches Museum); 1839 Kaiser Friedrich I., eine Waldkapelle (Nationalgalerie in Berlin); 1841 Moorgegend nach Sonnenuntergang; 1842 Hus vor dem Konzil (Frankfurt a. M., Städelsches Museum), das zu einem erbitterten Streit zwischen Katholiken und Protestanten Veranlassung gab und den Rücktritt des Direktors Veit herbeiführte; 1844 Heinrich V. vor dem Kloster Prüfening (Galerie in Hannover), Gebirgslandschaft in Mittagsbeleuchtung und Landschaft mit Hagelwetter, Waldlandschaft mit einem Bach und Gebirgslandschaft mit Abendbeleuchtung; 1846 Klosterbrand mit abziehenden Mönchen (Dresden, Galerie); ein Jäger auf dem Anstand (Ravenésche Gemäldegalerie in Berlin); 1848 Verteidigung eines Kirchhofs im Dreißigjährigen Kriege (Kunsthalle in Düsseldorf); 1850 Hus vor dem Scheiterhaufen (Nationalgalerie in Berlin); 1851 Schützen, die einen Engpaß verteidigen (Nationalgalerie in Berlin); 1852 westfälische Landschaft; 1853 Verbrennung der päpstlichen Bannbulle durch Luther, Anschlag der Thesen; 1856 groste, flache Landschaft mit kriegerischer Staffage; 1857 die Gefangennahme des Papstes Paschalis II. durch Kaiser Heinrich V. (im Besitz des deutschen Kaisers). 1858 wurde L. nach Karlsruhe als Direktor der großherzoglichen Gemäldegalerie berufen. Hier entstanden die Kreuzfahrer (1863) und die Disputation Luthers mit Eck (1867, beide in der Karlsruher Galerie); ferner eine große Anzahl von Landschaften, unter denen die Eifellandschaft bei Gewitter (1875, Berliner Nationalgalerie) und die Harzlandschaft vom Regenstein (1877, Dresdener Galerie) hervorzuheben sind. Er wählte seine Motive mit Vorliebe aus Gebirgsgegenden mit erhabenem, düsterm Charakter, der Eifel, dem Spessart und dem Harz. Nur die romantische Staffage erinnert an seinen Bildungsgang. Sonst hielt seine Naturauffassung mit der modernen Kunstentwickelung gleichen Schritt, weshalb auch seine bleibende Bedeutung in seinen Landschaften beruht. Vgl. M. Jordan, Ausstellung der Werke K. F. Lessings (Berl. 1880).

2) Julius, Kunstschriftsteller, geb. 20. Sept. 1843 in Stettin, studierte in Berlin und Bonn klassische Philologie und Archäologie und promovierte 1866 in Bonn. Nach längern Reisen war er seit 1870 in Berlin als Lehrer für Geschichte des Kunstgewerbes an der königlichen Bauakademie und Gewerbeakademie tätig. 1872 leitete er die Ausstellung älterer kunstgewerblicher Gegenstände im Zeughaus, und in demselben Jahre wurde er Direktor der Sammlung des Kunstgewerbemuseums, in welcher Stellung er einen nützlichen Einfluß auf die Hebung des Kunstgewerbes ausübt und als leitende Autorität gilt. Er veröffentlichte: »Das Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung« (Berl. 1873); »Berichte von der Pariser Weltausstellung« (das. 1878); »Altorientalische Teppichmuster« (das. 1877); »Muster altdeutscher Leinenstickerei« (2 Sammlungen, 9. u. 7. Aufl., das. 1890 u. 1889); »Die Renaissance im heutigen Kunstgewerbe« (das. 1877); »Die Silberarbeiten des Antonius Eisenhoit« (das. 1881); »Holzschnitzereien des 15. und 16. Jahrhunderts im Kunstgewerbemuseum zu Berlin« (das. 1882); »Das Tafelsilber des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm von Preußen« (das. 1883); »Das Speisezimmer des kronprinzlichen Paars« (das. 1886); »Der Modeteufel« (das. 1884); »Was ist ein altes Kunstwerk wert?« (das. 1886); »Handarbeit« (das. 1887); »Unsrer Väter Werke« (das. 1889); »Das Kunstgewerbe als Beruf« (das. 1891); »Vorbilderhefte aus dem königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin« (das., seit 1888, 31 Hefte); »Wand- und Deckenschmuck eines römischen Hauses aus der Zeit des Augustus« (mit A. Man, das. 1892); »Gold und Silber« (das. 1892); »Das Moderne in der Kunst« (das. 1899); »Wandteppiche und Decken des deutschen Mittelalters« (das. 1900 ff.); »Gewebesammlung des königlichen Kunstgewerbemuseums zu Berlin« (das. 1900 ff.).

3) Otto, Bildhauer und Maler, geb. 24. Febr. 1846 in Düsseldorf, Sohn von Karl Friedrich L. (s. oben), erhielt von diesem in Karlsruhe den ersten Zeichenunterricht, widmete sich dann bei Steinhäuser daselbst und von 1865–68 bei A. Wolff in Berlin der Bildhauerkunst, trieb daneben aber auch die Malerei. Sein erstes größeres Gemälde, die Jäger, wurde für die Kunsthalle in Karlsruhe angekauft. Nachdem er den deutsch-französischen Krieg mitgemacht, ließ er sich 1872 in Berlin nieder, wo er eine umfangreiche Tätigkeit in der dekorativen Plastik und Malerei an öffentlichen und Privatbauten entfaltete. Er war unter anderm für das Reichskanzlerpalais, das Reichsjustizamt, das Zeughaus und die Neue Kirche in Berlin, die Technische Hochschule in Charlottenburg, für das Jagdschloß in Hummelshain, für das erbprinzliche Palais in Dessau, für das Reichstagsgebäude in Berlin und für zahlreiche Privatbauten tätig. Auch zeichnete er Entwürfe für kunstgewerbliche Gegenstände, Sgraffitomalereien und Glasmosaiken. Von letztern sind die an der Fassade des Hauses der New York-Germania und in der Kuppel des Museums für Völkerkunde in Berlin die hervorragendsten. Daneben schuf er auch eine Reihe selbständiger Figuren und Gruppen und eine große Zahl von Porträtbüsten und Halbfiguren, so 1879 die Statue eines Gladiators, 1886 eine Gruppe: Mutter und Kind, 1893 und 1894 die Marmorgruppe einer Bacchantin mit Amor und die in Marmor ausgeführten Halbfiguren des Grafen Moltke und des Malers Knaus (letztere in der Berliner Nationalgalerie). 1887 erhielt er den ersten Preis und die Ausführung in der Konkurrenz um ein Lessing-Denkmal für Berlin, das am 16. Okt. 1890 enthüllt wurde (s. Tafel »Berliner Denkmäler II«, Fig. 4). 1894 führte er den dekorativen plastischen Schmuck in dem neugebauten Weißen Saale des königlichen Schlosses in Berlin (die durch den Krieg herbeigeführten Segnungen des Friedens in der Voute des Deckengewölbes, die Reiterbildnisse des Großen Kurfürsten und Friedrichs II. in Relief) aus. 1896 schuf er für Königswinter ein Denkmal des Dichters Wolfgang Müller, 1899–1900 das Kaiser Wilhelm-Denkmal für Hildesheim, die Gruppe des Markgrafen Albrecht Achilles an der Siegesallee in Berlin, zwei Wandbrunnen mit dem gefesselten Prometheus und der Befreiung der Andromeda am königlichen Marstallgebäude daselbst, 1901–02 den Rolandsbrunnen zum Abschluß der Siegesallee daselbst, 1902–03 den Herkulesbrunnen auf dem Lützowplatz daselbst und 1903–04 das Shakespearedenkmal für Weimar. Einen Teil seiner dekorativen Arbeiten hat er in den von ihm herausgegebenen Sammlungen: »Bauornamente Berlins« (Berl. 1878 bis 1879) und »Bauornamente der Neuzeit« (das. 1880–92, 2 Bde.) veröffentlicht. Außerdem gab er heraus: »Schloß Ansbach, Barock- und Rokokodekorationen aus dem 18. Jahrhundert« (Berl. 1893). Mit reicher Phantasie in der Erfindung verbindet er eine große Gestaltungskraft und eine sichere Beherrschung der Stilformen. Er ist königlicher Professor und Mitglied der Berliner Kunstakademie.


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