Lambert [2]

Lambert [2]

Lambert, 1) John, engl. General, geb. 1619, gest. 1683, stammte aus angesehener Familie, trat im Anfang des englischen Bürgerkriegs in die Parlamentsarmee, kämpfte als Oberst in den Schlachten bei Marston-Moor und Naseby und hatte im August 1648 hervorragendes Verdienst an dem Siege bei Preston. Demnächst begleitete er Cromwell als Generalmajor nach Schottland und zeichnete sich in der Schlacht bei Dunbar aus. 1654 leitete er die Beratungen der Offiziere, in denen die Verfassung entworfen wurde, kraft deren Cromwell das Protektorat übernahm, und trat in den Staatsrat der Republik. 1657 widersetzte er sich dem Plan, Cromwell die Königswürde zu übertragen, entzweite sich deshalb mit ihm und legte seine Ämter nieder. Nach Cromwells Tode trat er wieder hervor, wurde nach dem Rücktritt seines Sohnes, Richard Cromwell, in seine militärischen Ämter wieder eingesetzt und vertrat gegenüber dem wieder zusammengetretenen Rumpfparlament die Sache der Armee. Moncks Restaurationsversuchen widersetzte er sich vergebens, wurde zur Unterwerfung genötigt, nach der Thronbesteigung Karls II. zum Tode verurteilt, aber zur Hast begnadigt. Bis 1667 war er auf Guernsey, dann bis zu seinem Tod auf der Insel St. Nicholas im Plymouth-Sund interniert.

2) Johann Heinrich, Philosoph, Physiker, Astronom und Mathematiker, geb. 26. Aug. 1728 zu Mülhausen im Elsaß, gest. 25. Sept. 1777 in Berlin, hatte als Sohn eines armen Schneiders keinen andern Lehrer als sich selbst. Mit 16 Jahren fand er, damals Buchhalter, bei der Berechnung des Kometen von 1744 das »Lambertsche Theorem« (s. d.). 1746 wurde er Sekretär bei Iselin in Basel und 1748 Hauslehrer in der Familie der Grafen von Salis in Chur. 1759 wurde er ordentlicher Professor und Mitglied der Münchener Akademie und 1765 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und des Kollegiums zur Oberaufsicht über die allgemeine Landesverbesserung und das Landbauwesen in Berlin. In der Philosophie war sein Grundgedanke, die Methode der Mathematik auf die Erfahrung anzuwenden, und er ist im Anschluß an Locke der bedeutendste erkenntniskritische Vorgänger Kants. Sein philosophisches Hauptwerk ist das »Neue Organon, oder Gedanken über die Erforschung und Beziehung des Wahren« (Leipz. 1764, 2 Bde.), dazu »Anlage zur Architektonik oder Theorie des Einfachen und Ersten in der philosophischen und mathematischen Erkenntnis« (Riga 1771, 2 Bde.) und »Logische und philosophische Abhandlungen« (Dessau 1782–87). In der Physik ist er Begründer der Photometrie, der Pyrometrie, der HygrometriePhotometria, sive de mensura et gradibus luminis colorum et umbrae«, Augsb. 1760; deutsch von Anding in Ostwalds »Klassikern der exakten Naturwissenschaften«, Nr. 31–33, Leipz. 1892). Auch entdeckte er die Theorie des Sprachrohrs. In der Astronomie ist er der Urheber der noch heute gültigen Ansichten über die Natur des Fixsternhimmels, insbes. der Milchstraße (»Kosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues«, Augsb. 1761) und der Begründer des »Astronomischen Jahrbuchs«. Ein Neudruck seiner »Abhandlungen zur Bahnbestimmung der Kometen« erschien ebenfalls in Ostwalds Klassikern (Nr. 133, Leipz. 1902). In der reinen Mathematik hat sich L. bekannt gemacht durch die nach ihm benannte ReiheActa helvetica«, 1758), durch die Lagrange zu noch weiter gehenden Reihenentwickelungen veranlaßt wurde. Durch seine 1766 verfaßte, aber erst 1786 (im »Leipziger Magazin«) erschienene »Theorie der Parallellinien« ist L. einer der Vorläufer der nichteuklidischen Geometrie. Er führte zuerst die hyperbolischen Funktionen ein und zeigte, worauf es bei dem berühmten Problem der Quadratur des Zirkels eigentlich ankommt. Seine »Beyträge zum Gebrauche der Mathematik« (Berl. 1705–22, 4 Bde.) sind noch heute höchst lesenswert. Durch sein Werk »Die freie Perspektive etc.« (deutsch u. franz., Zürich 1759; 2. Aufl. 1774, 2 Bde.) ist er der Mitbegründer der darstellenden Geometrie Monges geworden. In der angewandten Mathematik hat er die wissenschaftliche Kartographie entwickelt, die Gunterskala verbessert, den Proportionalzirkel erfunden u.a. Mechanik und Trigonometrie erwähnen ehrenvoll seinen Namen, ebenso wie Feldmessung, Visierkunst, Luftperspektive etc. Sein »Deutscher gelehrter Briefwechsel« wurde von Joh. Bernoulli herausgegeben (Berl. 1781–87, 5 Bde.). Sein Briefwechsel mit Kant findet sich in dessen kleinen »Vermischten Schriften«, der angekündigte französische, namentlich mit Daniel Bernoulli, scheint verloren; 1828 wurde ihm in seiner Vaterstadt ein Denkmal gesetzt. Vgl. die Festschrift vom Pfarrer Joseph (Mülh. 1828); Huber, Joh. Heinrich L. nach seinem Leben und Wirken (Basel 1829, mit Verzeichnis seiner Schriften); R. Wolf, Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz, 3. Zyklus (Zürich 1860); R. Zimmermann, L., der Vorgänger Kants (Wien 1879); Lepsius, Johann Heinr. L., eine Darstellung seiner kosmologischen und philosophischen Leistungen (Münch. 1881); Baensch, J. H. Lamberts Philosophie und seine Stellung zu Kant (Tübing. 1902); Schur, I. H. L. als Geometer (Karlsr. 1905).

3) Karl Ossipowitsch, Graf, russ. General, geb. 1772 in Frankreich, gest. 1843 in Poltawa, emigrierte Anfang 1792 und trat als Major in russische Dienste. Zuerst im polnischen Kampfe (1794) unter dem Grafen Fersen, dann (1799) unter Rimskij-Korsakow in der Schweiz mit Auszeichnung fechtend und zum General befördert, erhielt er unter Zar Paul I., der ihm nicht wohlwollte, den Abschied, wurde jedoch von dessen Nachfolger, Alexander 1., wieder in Gnaden aufgenommen. So nahm er an dem Feldzuge von 1806/07 (Pultusk, Eylau und Friedland) teil und wurde 1811 zum Generaladjutanten und Befehlshaber der 5. Kavalleriedivision ernannt. 1812 zeichnete er sich bei der dritten Armee in den Treffen von Kobrin, Prujany, Gorodetschna und an der Beresina aus, wurde aber bei Borissow so schwer verwundet, daß er sich erst im Frühjahr 1814 zu dem damals vor Paris stehenden Heere zurückbegeben konnte. Seit 1815 befehligte er das 5. Reservekavalleriekorps, verließ 1826 den aktiven Dienst und nahm seinen Sitz im Senat ein. Vgl. de Saint-Aubin, Trente-neuf portraits 1808–1815 (Petersburg 1902).

4) André, Architekt, geb. 12. Mai 1851 in Genf, studierte von 1869–72 das Baufach in Stuttgart bei Leins, dann bis 1876 in Paris an der Ecole des beaux-arts und in den Ateliers von E. Coquart und Viollet le Duc. Nach einer Studienreise durch Italien, wo er unter anderm die Kirche San Biagio in Montepulciano aufnahm (später als Monographie in Stuttgart erschienen), war er von 1878–83 als Privatarchitekt in Neuchâtel tätig, wo er mit Rychner »L'architecture en Suisse aux différentes époques« veröffentlichte. 1883 ging L. nach Stuttgart und verband sich mit Ed. Stahl (geb. 1849 m Frankfurt a. M.) zu gemeinsamer Tätigkeit, die teils auf die Herausgabe von Sammelwerken aus dem Gebiete der Architektur und des Kunstgewerbes (»Das Möbel«; »Motive der deutschen Architektur«; »Moderne Architektur«; »Barock- und Rokokoarchitektur der Gegenwart«, sämtlich in Stuttgart erschienen; »Architektur von 1750–1850«, Berl. 1904 ff.) und auf Illustration von Kunstbüchern, teils auf Bauausführungen gerichtet ist. Außer zahlreichen teils im Stile Louis XV, teils in moderner Renaissance komponierten Wohnhäusern und Villen in Stuttgart und Umgebung haben L. und Stahl das Historische Museum in Bern im Stile des 18. Jahrh. (1892–1895) und den Königin Olga-Bau auf dem Schloßplatz in Stuttgart im Stile Louis XV (1895) geschaffen.

5) Aylmer Bourke, Botaniker, s. Lamb.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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