Lärche

Lärche

Lärche (Lärchenbaum, Larix Mill., hierzu Tafel »Lärche I u. II«), Gattung der Koniferen, schlanke, hohe Bäume, deren Hauptäste undeutliche Quirle bilden, während die Nebenäste zweireihig gestellt sind, mit im ersten Herbst abfallenden, weichen, nadelförmigen Blättern, die an den jungen Langtrieben spiralig zerstreut, an den Spitzen der Kurztriebe büschelförmig stehen. Fünf Arten in Europa und Nordasien, drei in Nordamerika. Die gemeine L. (L. decidua Mill., L. europaea DC., Pinus Larix L., Tafel I u. II, Fig. 1–5), ein 25–45 m hoher Baum mit pyramidenförmiger Krone, etwas hängenden Zweigen, anfangs gelbbrauner, später grauer, rauher, rissiger Rinde, meist 2, an den Langtrieben bis 3 cm langen, lichtgrünen, auf beiden Seiten des Mittelnervs der Unterfläche mit einer bläulichweißen Mittellinie versehenen Nadeln, an denselben Trieben durcheinander stehenden männlichen Blütenkätzchen und doppelt so großen, karminroten weiblichen Blütenzäpfchen, eiförmigen, selten über 4 cm langen, hellbraunen Zapfen und geflügeltem Samen, der im Oktober reist und im nächsten Frühjahr abfliegt, während die leeren Zapfen meist noch mehrere Jahre an den Zweigen bleiben. Die abgefallenen Nadeln hinterlassen kleine Höcker. Die Wurzel dringt mit deutlicher Pfahlwurzel und zahlreichen Seitenästen ziemlich tief in den Boden ein. Die L. hat in Europa fünf voneinander getrennte autochthone Verbreitungsgebiete, nämlich die Alpen, ein kleines Gebiet im mährisch-schlesischen Gesenke (Sudetenlärche), einen ausgedehnten Bezirk in Russisch-Polen, die Tatra und Nordostrußland mit Sibirien. In Schlesien wächst die L. natürlich zwischen 350 und 866 m Meereshöhe, in den Alpen und Karpathen zwischen 900 und 3000 m, an der russisch-galizischen Grenze zwischen 193–246 m. Durch Kultur ist die L. weit über Europa nach Norden und Süden verbreitet. Sie liebt einen steinigen, frischen, tiefgründigen Boden und bewährt sich überall als echter Gebirgsbaum. Auf zu nassem und auf trocknem armen Boden gedeiht sie nicht. In den Alpen bildet sie oft allein oder mit Fichte oder Zirbelkiefer die Baumgrenze. In Graubünden und weiter östlich tritt sie in großen Beständen auf. In dem rauhen Klima entfaltet sie ihre volle Schönheit, während sie in der wärmern Ebene weder eine solche Höhe noch das höchste Alter erreicht. Die Keimpflanze ist sehr zart und sein, mit 3–4 Keimnadeln, und entwickelt einen schnellen Wuchs. Zeitiger als bei einem andern Nadelbaum reinigen sich die jungen Stämmchen, und oft erscheinen schon an sechs- bis achtjährigen weibliche Blüten. In der Ebene läßt der Wuchs mit 30–50 Jahren schon nach, und mit 60–80 Jahren ist der Baum mit nur mäßigem Stamm zum Abhieb reif. Im Gebirge kommen 400- und selbst 600jährige Bäume vor. Man baut die L. durch Saat oder Pflanzung an. Ihr starkes Lichtbedürfnis verbietet überall ihre Anzucht unter starkem Schirmdruck. Sie trägt früh und reichlich Samen, der 3–4 Jahre lang seine Keimfähigkeit in genügendem Maße bewahrt. Zur Pflanzenerziehung im Saatkamp sät man auf 1 Ar 60–80 g reinen Kornsamen. Die jungen Pflanzen werden meist zweijährig im Kamp umgepflanzt (verschult) und vier- bis fünfjährig in die Bestände gepflanzt. Von der Erziehung reiner Lärchenbestände nimmt man im geregelten Forstbetrieb gänzlich Abstand, benutzt diese Holzart vielmehr nur als Misch- und Gelegenheitsbaum, in welcher Eigenschaft sie gute Dienste leistet. Die Güte des Holzes und die scheinbare Genügsamkeit des Baumes in bezug auf die Nährkraft des Bodens veranlaßten den Massenanbau der L. auch in den mitteleuropäischen Berg-une Hügelländern und auf herabgekommenem Boden. Allein sie hat den in sie gesetzten Hoffnungen fast überall wenig entsprochen, zum Teil wohl infolge unrationeller Vergesellschaftung mit der Fichte. Man erzielt gute Mischbestände nur, wenn man der L. einen möglichst großen Höhenvorsprung vor der Fichte und freien Wuchsraum gewährt. Leichter gestaltet sich die Einmischung der L. in Weißtannen, und sehr günstige Resultate ergibt die Vergesellschaftung mit Buchen. Die L. leidet im jugendlichen Alter (an 20–25jährigen Stämmen) besonders am Lärchenkrebs, der durch Peziza Willkommii hervorgebracht wird und zu frühzeitigem Greisentum und Absterben führt (s. Peziza). Der Pilz tritt nur sekundär infolge ungeeigneter waldbaulicher Behandlung des Baumes auf. Außerdem leidet sie durch die Lärchenminiermotte (s. Motten) und durch eine Gallmücke (Cecidomyia Kellneri), welche die Knospen der Kurztriebe zerstört; auch ist nicht leicht ein andrer Baum für das Ansetzen von Flechten etc. so empfänglich wie sie. Das Holz der L. ist im Kern rot, im Splint gelblich, weich, grob, auf den Spaltflächen glänzend, sehr vollkommen spaltbar. Es zeigt sowohl trocken als feucht und auch dem Wechsel der Witterung ausgesetzt eine große Widerstandskraft und dient besonders als Bauholz. Das Holz von Lärchen, die im Hochgebirge gewachsen sind, ist als Rotlärchenholz (Steinlärche, Jochlärche) besonders gesucht und viel widerstandsfähiger als das von Lärchen, die auf fettem Boden in den Tälern gewachsen sind (Graslärche). Die Rinde bietet ein besseres Gerbmaterial als die Fichte und wird auch zum Färben und als adstringierendes Mittel benutzt. Als Harzbaum wird die L. besonders in Südtirol, aber auch in den französischen und italienischen Alpen verwertet; sie liefert den venezianischen Terpentin. In südlichen Gegenden (Departement Oberalpen) sammelt man auf der L. die Manna von Briançon, und im Ural liefert der Baum das sogen. orenburgische Gummi, das wie die Manna gegessen wird. Auf alten Stämmen findet sich der Polyporus officinalis, ein Hutpilz, der als Lärchenschwamm (Fungus laricis, Agaricus albus) arzneilich benutzt wird (s. Polyporus). Die L. wird vielfach als Zierbaum kultiviert, neben ihr auch die russische L. (Larix decidua var. rossica, Tafel II, Fig. 6), von starkem Wuchs, mit schlankem Stamm und sehr kleinen Zapfen, die in Nordrußland große Waldungen bildet, ebenso Formen mit hängenden Zweigen, mit blaugrünen Nadeln etc. Die sibirische L. (L. decidua var. sibirica) mit längern Nadeln, dichter beisammenstehenden Nadelbüscheln und bleichgrünen weiblichen Blüten, bildet in Sibirien und dem nordöstlichen Rußland oft ausgedehnte Wälder und dringt bis zur Baumgrenze vor. L. dahurica Fisch. (Tafel II, Fig. 8) wächst im Amurland, in Kamtschatka und auf Jeso, während das eigentliche Japan die zartschuppige L. (L. leptolepis Gord., Tafel II, Fig. 7) besitzt, die sich durch regelmäßig quirlige Äste, glänzend grüne Nadeln und verhältnismäßig große Zapfen auszeichnet und eifrig kultiviert wird. L. occidentalis Nutt., ein 40–80 m hoher Baum von schlankem, schmal pyramidalem Wuchs, bildet im nordwestlichen Nordamerika ausgedehnte Waldungen und liefert ein sehr festes Holz; bei uns ist sie völlig hart. L. pendula Salisb., L. americana Mich. (Tafel II, Fig. 9), ein sehr zierlicher, leicht bezweigter Baum von 30 m Höhe, mit kürzern Nadeln als L. decidua und 1,5 cm langen Zapfen (Tafel II, Fig. 9), bildet von Virginia bis Kanada große Waldungen und liefert gutes Nutzholz. Vgl. Bolle, Über Lärchenbäume (»Monatsschrift für Gärtnerei und Pflanzenkunde«, 1873); Cieslar, Waldbauliche Studien über die L. (»Zentralblatt für das gesamte Forstwesen«, 1904); Boden, Die Lärchenbäume, ihr leichter und sicherer Anbau in Mittel- und Norddeutschland durch die erfolgreiche Bekämpfung des Lärchenkrebses (Hameln 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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