Kreide [2]

Kreide [2]

Kreide (weiße K.), weißer, hellgrauer oder gelblicher, feinerdiger und abfärbender Kalkstein, aus sehr kleinen Scheibchen und Kügelchen von kristallinischem kohlensaurem Kalk (sogen. Kokkolithen, deren organische Abstammung zweifelhaft ist) und Foraminiferenschalen bestehend, daneben Bryozoen, Fragmente von Mollusken- und Krebsschalen enthaltend (vgl. Abbildung). Diese gewöhnliche weiße K. ist ein in England, Frankreich, Rügen, Dänemark etc. sehr mächtiges, oft schroffe Felsen bildendes Glied der (obern) Kreideformation, die ihr den Namen verdankt.

Mikroskopische Ansicht der weißen Schreibkreide. a Foraminiferen, b Bryozoen, c Kokkolithen.
Mikroskopische Ansicht der weißen Schreibkreide. a Foraminiferen, b Bryozoen, c Kokkolithen.

Eine besondere Abart bildet die mit grünen Glaukonitkörnchen (nicht Chlorit) gemengte glaukonitische K. (fälschlich chloritische K. genannt), eine weitere der sogen. Kreidetuff von Maastricht, eine lockere, fast nur aus sein geriebenen Korallen-, Bryozoen-, Foraminiferen- und andern Resten bestehende K. An sich ist die K. nur undeutlich geschichtet, wohl aber sind die ihr oft eingelagerten Feuersteinknollen lagenweise verteilt. Seekreide (Alm), s. d. Tiefseekreide ist der schlammige Absatz (Globigerinenschlamm) auf dem Grunde der Weltmeere. Mehlkreide, soviel wie Bergmilch.

Die weiße K. kommt als rohes Gestein in den Handel und wird in Soda- und Chlorkalkfabriken, in Glashütten und chemischen Fabriken benutzt, auch zu Mörtel gebrannt. An sich unreine, namentlich häufig Quarzbeimengungen führende Kreidegesteine werden geschlämmt und liefern dann die Schlämmkreide. Die durch Handscheidung von den Beimengungen getrennte und durch ein Räderwerk von den gröbsten Steinen befreite K. fällt, auf einer schiefen Ebene hinabrollend, in einen Schlämmbottich, in dem sie durch eine mit eisernen Kratzen versehene rotierende Welle mit seitlich zufließendem Wasser gemischt wird. Die abfließende Kreidemilch, welche die feinsten Kreideteilchen suspendiert enthält, gelangt in tiefer stehende Sammelbottiche und wird von dort durch eine Pumpe nach dem viel höher stehenden Trockenhaus gefördert. Hier wird die Milch in Absatzbottichen aufgefangen, das klare Wasser abgelassen und die abgesetzte K. nach einigem Abtrocknen in Ziegel gestrichen und in Schuppen getrocknet. Die geschlämmte K. dient als Wasserfarbe, Untergrund von Vergoldungen, zum Putzen und Polieren von Metallen, zur Entwickelung von Kohlensäure, zum Neutralisieren von Säuren, z. B. bei der Zitronensäure- und Weinsäurefabrikation, bei der Bereitung von Stärkezucker mit Schwefelsäure, ferner in der Krappfärberei, als Zusatz zu Kitten, als Verdickungsmittel mehrerer Farbstoffe, zur Entfernung von Flecken etc. Geschnittene K. zum Schreiben besteht aus vorzüglich reiner und weißer Masse, die in stängelig-viereckige, zylindrische oder konische Formen geschnitten und mit Papier beklebt wird. Spanischweiß (Wienerweiß, Dänischweiß, Marmorweiß, Blanc de Meudon, Blanc de Troyes, Bologneser, Champagner K.) ist feinste geschlämmte K., die als Malerfarbe und zum Putzen dient. Sehr schön ist die K. von Möen, Köln und Bologna. Die K. von Rügen heißt auch Breslauer K. Legt man K. in Wasserglas (kieselsaures Natron), so überzieht sich die K. mit einer Kruste von kieselsaurem Kalk, erlangt dadurch eine sehr große Härte und kann poliert werden. Braune K. ist soviel wie Umbra, Kesselbraun, Kölnische Erde; Briançoner K., spanische K., venezianische K., Schneiderkreide, soviel wie Speckstein; Französische, Pariser, schwarze oder Zeichenkreide, s. Tonschiefer; rote K., s. Rötel. Vgl. Zittel, Die Kreide (Berl. 1876).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kreide — Kreide …   Deutsch Wörterbuch

  • Kreide [1] — Kreide, kohlensaurer Kalk von weißer Farbe, feinerdig und locker, abfärbend, findet sich als ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten Kreideformation. Diese Kreide wird durch Graben gewonnen, in Haufen aufgeschichtet und der Einwirkung der… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Kreide — Kreide: Das feinkörnige Kalkgestein, das im Altertum vorwiegend als Puder (z. B. zum Reinigen weißer Wollstoffe) verwendet wurde, hieß bei den Römern creta. Lat. creta »Kreide« ist vermutlich als (terra) creta »gesiebte Erde« zu deuten (zu lat.… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Kreide [2] — Kreide, schwarze (Schieferkreide, Schieferschwarz, Noir de Schiste, Slateblack), durch kohlige Teile bläulich bis schwarzgrau gefärbter Tonschiefer, leichtzerreiblich, abfärbend, nur als Zeichenstifte gebraucht, nicht aber als Farbe. Künstliche… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Kreide — Sf std. (10. Jh.), mhd. krīde, spahd. krīda, as. krīda Entlehnung. Entlehnt aus l. (terra) crēta gesiebte Erde (zu l. cernere; Konzern). Das d stammt aus der späteren Form crēda, während mndl. crijt, mndd. krite das ursprünglichere t bewahren. In …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Kreide — Kreide, 1) (Creta), ein weißes, erdiges Mineral von feinerdigem Bruch, färbt stark ab, ist leicht zerreiblich, undurchsichtig u. klebt an der feuchten Lippe; sie besteht aus kohlensaurem Kalk u. findet sich sehr verbreitet in der nach ihr… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Kreide [1] — Kreide (Mus), s. Kraut …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Kreide — Kreide, weißer, feinerdiger, abfärbender Kalkstein, besteht aus mikroskopischen Kügelchen und elliptischen Scheibchen von kohlensaurem Kalk und Schalen von Foraminiferen, findet sich als oberstes Glied der Kreideformation bes. auf Kreta, in… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Kreide — (soll von Kreta den Namen haben), bekanntes Mineral, kohlensaurer Kalk, abfärbend, in der Technik mehrfach benutzt, bildet eine eigene Gebirgsformation …   Herders Conversations-Lexikon

  • Kreide — Kreide, 3. und letzte Periode des Mesozoikums; vor ca. 135–65 Mio. Jahren. Die Angiospermen entfalten sich zu großer Artenfülle, parallel dazu die Insekten. Am Ende der K. kommt es aus noch ungeklärter Ursache zu einem Artensterben. Ammoniten,… …   Deutsch wörterbuch der biologie

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”