Kärnten

Kärnten

Kärnten (hierzu Karte »Kärnten«), Herzogtum und österreich. Kronland, grenzt nördlich an Salzburg und Steiermark, östlich ebenfalls an Steiermark, südlich an Krain, Görz und Italien (Provinz Udine), westlich an Tirol und hat einen Flächengehalt von 10,327 qkm (187,6 QM.). Das Land ist größtenteils gebirgig und enthält langgestreckte Täler, die sich nur im mittlern Teile des Landes zu größern Ebenen erweitern. Das Längstal der Drau scheidet die Gebirge in zwei große Gruppen, das Gebiet der Gneisalpen (im N.) und das der südlichen Kalkalpen (im S.). Das erstere Gebiet umfaßt im W. die Hohen Tauern mit den Gruppen des Großglockner (3798 m), des Hochnarr (3258 m), des Ankogel (Hochalmspitze 3355 m) und ihren südlichen Vorlagen (Schobergruppe mit dem Roten Knopf 3296 m und Kreuzeckgruppe mit dem Polinik 2780 m), im O. die Gurktaler und Lavanttaler Alpen mit den Gruppen der Stangalpen (Eisenhut 2441 m), der Metnitzalpen (Pranker Höhe 2169 m), der Afritzer und Wimitzer Berge (Wöllaner Nock 2139 m), der Saualpe (2081 m) und der Koralpe (2141 m). Zur südlichen Kalkalpenzone gehören die Karnischen Alpen, an der venezianischen Grenze (2782 m), mit der nördlichen Vorkette der Gailtaler Alpen (Reißkofel 2369 m) und an der Krainer Grenze die Karawanken (2239 m, s. d.), an die sich im SO. die Steiner Alpen (Grintouz 2559 m) anschließen. Fahrbare Übergänge sind in den südlichen Kalkalpen: der Pontafelpaß (810 m), der Predil (1162 m), der Loiblpaß (1370 m), der Seeberg (1218 m), in den Tauern der Katschberg (1641 m). Unter den Flüssen ist der bedeutendste die Drau, die von Oberdrauburg bis Unterdrauburg (163 km) das Land durchfließt und zum Flößen benutzt wird. Sie nimmt links die Möll, die Liefer, die Gurk mit der Glan und die Lavant, rechts die Gail auf. Im SW. fließt die Fella dem Tagliamento zu. K. enthält mehrere schöne Alpenseen, darunter den Wörther, Millstätter und Ossiacher See. Unter den Mineralquellen sind bemerkenswert: die Sauerbrunnen von Vellach (südlich von Eisenkappel), St. Leonhard und Preblau im Lavanttal, das Warmbad bei Villach u. a. Das Klima ist im N. und NW. ziemlich rauh. Unterkärnten (d. h. der östliche und südöstliche Teil) ist milder; am wärmsten ist das Lavanttal, wo selbst feinere Obstsorten gedeihen. Die mittlere Temperatur in Klagenfurt beträgt 7,2° (in Heiligenblut 4,7°). Der Niederschlag ist bedeutend (in Klagenfurt 96, in Raibl 218 cm), die mittlere Zahl der Gewitter in Klagenfurt 25.

Die Bevölkerung von K. belief sich 1890 auf 361,008,1900 auf 367,324 Einw., zeigt demnach eine sehr langsame Zunahme (1890–1900 um 1,75 Proz.). Auf 1 qkm kommen nur 35 Einw. Von den Neugebornen sind 41 Proz. uneheliche. Der Nationalität nach sind die Bewohner von K., mit Ausnahme von 25,1 Proz. Slowenen (in den an Krain angrenzenden Bezirken), deutsch (s. die »Ethnographische Karte von Österreich-Ungarn«), der Konfession nach, mit Ausnahme von 20,383 Protestanten, römisch-katholisch; das Land bildet die zum Erzbistum Salzburg gehörige Diözese Gurk, mit dem Bischofssitz in Klagenfurt. An Bildungsanstalten bestehen: 3 Obergymnasien, eine Oberrealschule, eine Lehrerbildungsanstalt, eine theologische Lehranstalt, 5 gewerbliche Fachschulen, eine allgemeine Handwerkerschule, eine Handelsschule, 3 landwirtschaftliche Schulen, eine Bergschule, endlich 377 Volksschulen, die von 91 Proz. der schulpflichtigen Jugend besucht werden.

Von der Gesamtfläche des Landes sind 91 Proz. produktiver Boden; doch entfallen davon nur 14 Proz. auf das Ackerland, während die Waldungen 44 Proz., die Wiesen und Gärten 10,5 Proz., die Hutweiden und Alpen 22 Proz. einnehmen. Der Ertrag des Ackerbaues (1903: 158,975 metr. Ztr. Weizen, 375,458 Roggen, 106,486 Gerste, 230,090 Hafer, 107,302 metr. Ztr. Mais, 102,223 hl Buchweizen, 31,658 hl Hirse, 48,791 hl Hülsenfrüchte) reicht für den Bedarf nicht hin. Andre landwirtschaftliche Produkte sind: Kartoffeln, Futterrüben, Kraut, Kürbisse, Flachs und Hans. Die ausgedehnten Wiesen und Alpenweiden begünstigen die Viehzucht. Man zählte 1900: 29,501 Pferde, 256,220 Stück Rindvieh, 118,563 Schafe, 170,043 Schweine und 26,641 Ziegen.

Sehr wichtig ist der Bergbau und die darauf sich gründende Metallindustrie. 1903 wurden 27, cm Ton. Eisenerz, 13,279 T. Bleierz, 19,710 T. Zinkerz und 99,822 T. Braunkohle gefördert und durch Verhüttung 8385 T. Roheisen und 7390 T. Blei gewonnen. Der Gesamtwert der Berg- und Hüttenproduktion belief sich auf 5,778,780 Kronen, die Anzahl der Berg- und Hüttenarbeiter auf 4235. Die Industrie Kärntens erstreckt sich zumeist auf die Verarbeitung der gewonnenen Metalle, vor allem des Eisens zu Stahl, Gußwaren, Blech, Draht, Drahtseilen und Drahtstiften, Eisenbahnschienen und anderm Eisenbahnmaterial, Maschinen, Sensen und Waffen (Ferlach), ferner des Bleies zu Bleiweiß, Blech, Röhren, Schrot, Mennige etc. Daneben ist noch die Fabrikation von seinem Tuch zu Viktring, die Lederwarenfabrikation zu Klagenfurt, die Zementfabrikation, die Holzstoff- und Papierfabrikation und sonstige Holzverarbeitung, die Bierbrauerei (1900/01; 213,620 hl), Branntweinbrennerei und ärarische Tabakfabrikation (in Klagenfurt) zu nennen. Das Land besitzt 1868 km Landstraßen, 263 km flößbare und 130 km schiffbare Wasserstraßen und 504 km Eisenbahnen, für die Klagenfurt und Villach Knotenpunkte bilden. Es führt namentlich Erzeugnisse der Hüttenindustrie, Holz und Rindvieh aus. Der Fremdenverkehr ist in K. bedeutend; die Gebirge bieten zahlreiche Anziehungspunkte für Touristen, und die Ufer der Seen sind als Sommeraufenthalt sehr beliebt (vgl. »Kärntens Sommeraufenthaltsorte«, Klagenf., jährlich erscheinend).

In politischer Beziehung zerfällt das Herzogtum in folgende Bezirke:

Tabelle

Der Sitz der obersten Landesbehörden und des Landtags ist Klagenfurt. Letzterer besteht aus 37 Mitgliedern: dem Fürstbischof von Gurk, 10 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 9 der Städte und Märkte, 3 der Klagenfurter Handelskammer, 14 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrates sendet K. 10 Vertreter. Als Gerichtshof erster Instanz fungiert das Landesgericht in Klagenfurt; außerdem bestehen 28 Bezirksgerichte; in zweiter Instanz entscheidet das Oberlandesgericht in Graz. Das kärntnerische Wappen (s. Tafel »Österreichisch-ungarische Länderwappen«, Fig. 6) ist ein senkrecht gespaltener Schild, vorn in Gold drei schwarze Löwen, hinten in Rot eine silberne Querbinde; darüber ein Fürstenhut (alter Herzogshut). Die Landesfarben sind Rot-Weiß.

[Geschichte.] Kärntens Name ist dem keltischen Volksstamm der Karner (s. d.) entlehnt. Seit der Zeit des Augustus bildete es einen Teil der Provinz Noricum, war durch zwei Hauptstraßen mit Italien verbunden, von denen die eine über den Plökenpaß (Monte Croce), die andre über den von Pontafella führte, hatte ein ausgebildetes Städtewesen, darunter am bedeutendsten Virunum (nicht fern von Klagenfurt), dessen Stelle heute eine 1693 errichtete Kapelle, das »Prunnerkreuz«, bezeichnet, und Teurnia (Tiburnia) bei Spital. Es erfreute sich großen Wohlstandes, bis seit Beginn des 5. Jahrh. die Züge germanischer, avarischer und slawischer Völker die alte Kultur vernichteten. Die letztern, Slowenen oder Winden, siedelten sich hier dauernd an, bildeten als Karantaner einen eignen Stamm, der zum Reiche Samos gehört haben dürfte und nach dessen Zusammenbruch (ca. 660) unter eignen Fürsten lebte. Ihre Christianisierung erfolgte von Bayern aus, und vorzüglich war es Herzog Thassilo, der 769 zu diesem Behuf an der Grenze Karantaniens das Kloster Innichen begründete. Nach der Vernichtung des bayrischen Herzogtums durch Karl d. Gr. (788) kam Karantanien unter fränkische Herrschaft. 843 blieb es mit Bayern bei Ludwig dem Deutschen, dessen Sohn Karlmann seinen natürlichen Sohn Arnulf, den spätern Kaiser, zum Herzog von K. machte. Unter ihm begannen die Raubzüge der Ungarn, die erst mit dem Siege K. Otto I. auf dem Lechfelde (955) ein Ende fanden. 976 wurde K. von Kaiser Otto II., durch die Markgrafschaft Istrien und fast ganz Friaul vergrößert, als ein besonderes Herzogtum Heinrich dem Jüngern, einem Neffen des bayrischen Herzogs Arnulf, verliehen. Nach dessen Tode (989) kam K. für kurze Zeit wieder an Bayern zurück, von dem es dann, etwa 1002, für immer getrennt wurde. Zuerst besaßen es Herzog Otto vom Wormsfelde und dessen Sohn Konrad I. (bis 1011), dann Adalbero von Eppenstein (bis 1035), darauf Konrads I. gleichnamiger Sohn (bis 1039), bis 1047 blieb die Herzogswürde unbesetzt, dann erhielt es ein schwäbischer Graf Wolf (bis 1056), ihm folgte Pfalzgraf Konrad von Lothringen (bis 1061), diesem Bertold von Zähringen (bis 1077) und von 1077–1122 das Geschlecht der Eppensteiner, Luitpold und dessen Bruder Heinrich III. Damals erstreckte sich K. nicht nur über das heute so genannte Gebiet, sondern außerdem über Steiermark, Krain, Istrien, die Mark Verona und nördlich über ein Stück Niederösterreichs. Als Hauptstadt galt St. Veit, neben dem erst im 13. Jahrh. Klagenfurt als Stadt emporkam. Es gab viel kaiserliches Krongut im Lande, mit welchem auswärtige Hochstifte: Salzburg, Bamberg, Aquileja, dotiert wurden. 1122–1269 hatten die Sponheim-Lavantthaler den Herzogstuhl inne. Nach der kurzen Herrschaft K. Ottokars II. von Böhmen nahm König Rudolf von Habsburg 1276 K. und Krain nebst Österreich und Steiermark in Besitz und belehnte 1286 den Grafen Meinhard von Görz-Tirol mit dem Herzogtum K. Als nun dessen Nachkommen in männlicher Linie 1335 ausstarben, ward K. vom Kaiser Ludwig dem Bayer den Herzogen Albert und Otto von Österreich und Steiermark verliehen. Seitdem ist es bei Österreich verblieben und bildete seit 1412 einen Teil der »innerösterreichischen« Ländergruppe. 1809 kam K. teilweise (der Villacher Kreis) infolge des Friedens von Schönbrunn an Frankreich und bildete einen Teil der illyrischen Provinzen; 1814 fiel es indes wieder an Österreich zurück. Seit 1816 gehörte es als Klagenfurter und Villacher Kreis zum Gubernium Laibach des Königreichs Illyrien, und 1849 ward es als eignes Kronland organisiert.

Vgl. Älschker und Palla, Heimatskunde von K. (Klagenf. 1886); »Spezialortsrepertorium von K.« (Wien 1894); »Wanderungen durch Steiermark und K.« (von Rosegger, Pichler und Rauschenfels, Stuttgart 1879, illustriert); »Die Österreichisch-ungarische Monarchie«, Bd. 8 (Wien 1891); v. Radics, Ins K. Kultur- und Reisebilder (das. 1882); Franziszi, Kulturstudien über Volksleben, Sitten und Bräuche in K. (2. Aufl., Naumb. 1902); Reisehandbücher von Amthor und Jabornegg, Rabl, MeyerDeutsche Alpen«, 3. Teil). – Zur Geschichte: Ankershofen, Handbuch der Geschichte des Herzogtums K. bis zur Vereinigung mit den österreichischen Fürstentümern (Bd. 1 u. 2, bis 1122, Klagenf. 1842–59; Bd. 3 ist nicht erschienen; Bd. 4, von Tangl, 1269–1335, das. 1864–1874), dazu: Hermann, Handbuch der Geschichte. in Vereinigung mit den österreichischen Fürstentümern, 1335–1857 (das. 1843–90, 3 Bde.); Älschker, Geschichte Kärntens (das. 1885); Krones, Die deutsche Besiedelung der östlichen Alpenländer (Stuttg. 1889); Hauser, Die alte Geschichte Kärntens von der Urzeit bis Kaiser Karl d. Gr. (Klagenf. 1893); Wahnschaffe, Das Herzogtum K. und seine Marken im 11. Jahrhundert (das. 1878); Goldmann, Die Einführung der deutschen Herzogsgeschlechter Kärntens in den slovenischen Stammesverband (Bresl. 1903); »Monumenta historica ducatus Carinthiae« (hrsg. von Jaksch, Klagenf. 1896–1904, Bd. 1–3); »Carinthia. Mitteilungen des Geschichtsvereins für K.« und das von diesem seit 1849 herausgegebene »Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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