Johanna [3]

Johanna [3]

Johanna, 1) Königin von Frankreich, Erbtochter Heinrichs I. von Navarra, geb. 1270, gest. 1305, floh in früher Jugend mit ihrer Mutter Blanka von Artois wegen Parteibewegungen aus Navarra, wurde am Hofe Philipps III. von Frankreich erzogen und vermählte sich 1284 mit dessen Sohn Philipp IV. (dem Schönen), wodurch Navarra mit Frankreich vereinigt wurde. Als 1297 Graf Heinrich III. von Bar, während ihr Gemahl gegen Flandern zog, ihr Heiratsgut, die Champagne, überfiel, zog sie selbst mit einem Heer ihm entgegen, schlug jenen bei Comines und nahm ihn gefangen. Von ihren sieben Kindern wurden die drei ältesten Söhne, Ludwig X., Philipp V. und Karl IV., nacheinander Könige von Frankreich.

2) J. (Juana) die Wahnsinnige, Königin von Kastilien, geb. 1479 in Toledo, gest. 1554, Tochter Ferdinands des Katholischen und der Isabella von Kastilien, ward 1495 mit Philipp dem Schönen, Sohn Kaiser Maximilians I., vermählt; sie gebar ihm zwei Söhne, Karl V. und Ferdinand, und eine Tochter, Maria. Durch den Tod ihrer ältern Geschwister wurde sie die Erbin Spaniens und nach dem Tode ihrer Mutter 1504 Königin von Kastilien. Schon lange trübsinnig, verfiel sie nach dem Tode Philipps (1506) in unheilbare Geisteskrankheit; teilnahmlos gegen alles außer dem Andenken ihres Gemahls, brachte sie den Rest ihres Lebens auf dem Schloß Tordesillas zu. Vgl. Roesler, J. die Wahnsinnige (Wien 1870); Rodriguez Villa, La reina Doña Juana la Loca (Madr. 1892).

3) J. I., Königin von Neapel, geb. 1326, gest. 22. Mai 1382, aus dem ältern Hause Anjou, älteste Tochter des Herzogs Karl von Kalabrien, Sohnes des Königs Robert von Neapel, und der Marie von Valois, ward nach dem Tod ihres Vaters (1328) am zügellosen Hof ihres Großvaters Robert erzogen, der sie an den damals siebenjährigen ungarischen Prinzen Andreas vermählte. Nach dem Tode Roberts (1343) bestieg J. den Thron, und als Andreas, mit dem sie in unglücklicher Ehe lebte, ebenfalls die Krönung und Anteil an der Regierung verlangte, wurde er 18. Sept. 1345 von den Anhängern der Königin, wahrscheinlich mit deren Wissen, ermordet. Um dafür Rache zu nehmen, rüstete Andreas' Bruder, König Ludwig von Ungarn, ein Heer und brach Ende 1347 nach Italien auf. J., die sich 20. August 1346 mit ihrem Geliebten, dem Prinzen Ludwig von Tarent, vermählt hatte, floh im Januar 1348 nach der Provence, und das Reich fiel in die Gewalt des Ungarnkönigs, der den Herzog Karl von Durazzo und viele andre wegen der Ermordung seines Bruders hinrichten ließ. Als er aber im Mai 1348 abgezogen war, kehrte J. im August nach Neapel zurück, nachdem sie dem Papst Avignon verkauft und ihn dadurch zu ihrer Lossprechung von aller Schuld am Mord ihres Gemahls bewogen hatte; 1350 schloß auch Ludwig einen Vertrag, kraft dessen J. im Besitz Neapels blieb. Das Land war indessen erschöpft und wurde von Söldnerbanden verwüstet; die Königin und ihr Gemahl waren ohne Ansehen. 1362 starb Ludwig von Tarent, und J. heiratete Jakob von Mallorca, der aber meist in Spanien verweilte und 1374 starb. Da Johannas eigne Kinder inzwischen gestorben waren, bestimmte sie ihre Nichte Margarete, Tochter Karls von Durazzo, zur Nachfolgerin und vermählte sie 1368 mit Karl dem Kleinen von Durazzo, dem Sohne von Margaretes Oheim Ludwig von Gravina. Karl der Kleine stand jedoch im Einverständnis mit Ludwig von Ungarn, der von neuem Ansprüche auf Neapel erhob. Um gegen ihn eine Stütze zu erhalten, vermählte sich J. 1376 mit dem tapfern Söldnerführer Otto von Braunschweig und verlieh ihm das Fürstentum Tarent. Als aber Papst Urban VI., den sie durch Anerkennung des Gegenpapstes Clemens VII. gereizt hatte, sie 1380 in den Bann tat und Ludwig von Ungarn und Karl von Durazzo zum Kriege gegen sie ausrief, ernannte. z. den Herzog Ludwig von Anjou, Sohn des Königs Johann des Guten von Frankreich, zu ihrem Erben und bat ihn um Hilfe. Ehe dieser jedoch erscheinen konnte, eroberte Karl von Durazzo 16. Juli 1381 die Hauptstadt, nahm die Königin mit ihrem Gemahl gefangen und ließ sie erdrosseln. So endete diese zwar von Sinnlichkeit und heftigen Leidenschaften durchglühte, aber schöne, geistvolle und hochgebildete Fürstin, eine Schülerin Petrarcas, die von Gelehrten und Dichtern gepriesen wird: eine typische Erscheinung ihres Zeitalters. Vgl. Crivelli, Della prima e della seconda Giovanna, regine di Napoli (Padua 1832); Battaglia, Giovanna I., regina di Napoli (das. 1835); Baddeley, Queen Joanna I. of Naples (Lond. 1892); Scarpetta, Giovanna I. di Napoli (Neapel 1903).

4) J. II., Königin von Neapel, geb. 1371, gest. 2. Febr. 1435, Tochter Karls des Kleinen von Durazzo, vermählte sich 1389 mit dem Erzherzog Wilhelm von Österreich, kehrte aber nach dessen Tode 1406 an den Hof ihres Bruders Ladislaus nach Neapel zurück und ergab sich hier gleich jenem allen Ausschweisungen. Als Ladislaus 1414 gestorben war, ward J. 6. Aug. zur Königin ausgerufen. Auch als solche setzte sie ihr zügelloses Leben fort, bis sie sich 1415 mit Jakob von Bourbon, Grafen de la Marche, vermählte. Dieser ließ Johannas allmächtigen Günstling, Pandolf Alopo, enthaupten und riß alle Gewalt an sich, machte sich jedoch bei den neapolitanischen Großen bald verhaßt, mußte schon 1417 der königlichen Gewalt entsagen und sich mit dem Fürstentum Tarent begnügen und starb 1438 als Franziskaner. Der Condottiere Sforza, als Großconnetable, und Giovanni de Caraccioli waren jetzt die Günstlinge der Königin. Allein ihre Eifersucht rief neue Wirren hervor. Sforza trat in die Dienste Ludwigs III. von Anjou, der Ansprüche auf Neapel machte und in das Königreich einfiel, während J. den König Alfons V. von Aragonien adoptierte und um Hilfe anrief. Dieser zog 7. Juli 1421 in Neapel ein. Das anmaßende Betragen des Aragoniers, der Caraccioli gefangen nehmen ließ, erregte indes bald das Mißtrauen der Königin, und sie zog sich in das Kastell von Capua zurück, wo er sie belagerte. Durch Sforza befreit, erklärte sie Alfons aller Ansprüche auf Neapel verlustig und nahm 1423 Ludwig III. von Anjou an Sohnes Statt an. durch dessen Waffen die Hauptstadt wieder in ihre Hände kam. Doch behauptete sich Alfons in einem Teile des Reiches, und der Bürgerkrieg dauerte fort. Nach Ludwigs Tode 1434 übertrug J. dessen Ansprüche auf seinen Bruder René von Anjou. Vgl. Crivelli (oben, bei Johanna 3); Faraglia, Storia della regina Giovanna 11. d'Angiò (Lanciano 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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