Hase [2]

Hase [2]

Hase (Lepus L.), Nagetiergattung aus der Familie der Hafen (Leporidae), gestreckt gebaute Tiere mit langem, gestrecktem Schädel, großen Ohren, hohen Hinterbeinen, fünfzehigen Vorder-, vierzehigen Hinterfüßen und kurzem, aufgerichtetem Schwanz. Im Oberkiefer stehen hinter den breiten, scharfen Nagezähnen zwei kleine stumpfe Schneidezähne. Hafen finden sich in allen Teilen der Erde in Ebenen und Gebirgen und sind in Australien eingeführt. Der gemeine H. (L. vulgaris L.), 67 cm lang, mit 8 cm langem Schwanz, 30 cm hoch, 6–9 kg schwer, ist auf der Oberseite braungelb, schwarz gesprenkelt, am Hals gelbbraun, weißlich überlaufen, an der Unterseite weiß, variiert aber sehr in der Färbung; die Häsin (Setzhase) ist röter als das Männchen (Rammler). Junge Hafen haben häufig einen sogen. Stern auf der Stirn. Das Ohr des Hafen nennt man Löffel, den Schwanz Blume. Seine Augenlider sind sehr kurz, und er schläft daher »mit offenen Augen«. Er bewohnt Mitteleuropa von Südfrankreich und Norditalien bis Schottland, Südschweden und Nordrußland, steigt in den Alpen bis 1500 m, bevorzugt fruchtbare Ebenen mit Gehölzen und bewaldete Vorberge und hält möglichst an der Geburtsstätte fest. Er liegt gern in Rüben-, Saat- und Krautfeldern und läßt sich im Winter in seinem Lager, das dann tiefer als im Sommer ausgescharrt ist, verschneien. Der Busch- und Waldhase geht im Winter in die dichtesten Gehölze. Seine Bewegung ist eine eigentümliche, er schiebt immer von hinten nach, d. h. er schnellt und setzt die Hinterläufe immer vor die Spur der Vorderläufe (s. Abbildung und Tafel »Fährten und Spuren«, Fig. 2). Die Hinterlaussspur ist länger und breiter als die der Vorderläufe, weil der H. einen Teil der Hinterläufe, fast bis zur Ferse, aufsetzt. Der H. nährt sich besonders von Kohl- und Rübenarten, Getreide- und Ölsaat, benagt bei Schnee die Rinde der meisten jungen Bäume, wodurch er oft recht schädlich wird, und äst sich besonders nachts.

Spur des Hasen. a, b bei ruhiger Gangart (Hoppeln), c in der Flucht.
Spur des Hasen. a, b bei ruhiger Gangart (Hoppeln), c in der Flucht.

Er ist sehr munter, spiellustig, schlau, läuft sehr schnell, schwimmt auch im Notfall, ist aber sehr scheu und furchtsam, wagt nie, sich zu widersetzen, und kämpft nur in der Rammelzeit mit andern Hafen. Oft zeigt er sich boshaft und unfriedlich. Er rammelt bei Eintritt milderer Witterung, oft schon Ende Januar, und bis zum September. Die Häsin setzt nach 30 Tagen in einer einfachen Vertiefung 1 oder 2 Junge, das zweite Mal 3–5, das dritte Mal 3 und im August wieder 1 oder 2 Junge, verläßt diese schon nach 5–6 Tagen und kehrt nur von Zeit zu Zeit zu ihnen zurück, um sie zu säugen (etwa 3 Wochen). Sie verteidigt sie fast nie, und der Rammler peinigt sie oft zu Tode. Bei keinem wildlebenden Tier kommen so viele Mißgeburten vor wie bei dem Hafen. Junge Hafen von einem Viertel der normalen Größe heißen Quarthasen, zu drei Viertel ausgewachsene Dreiläufer. Nach 15 Monaten sind die Jungen erwachsen, aber schon im ersten Jahr zur Fortpflanzung fähig. Der H. erreicht ein Alter von 7–8 Jahren, fällt aber meist viel früher seinen sehr zahlreichen Feinden zum Opfer. Auch geht mancher H. an Leberfäule zugrunde. Bisweilen zeigen sich an den Geschlechtsteilen erbsen- und bohnengroße Tuberkeln (Venerie). Jung eingefangene Hafen werden leidlich zahm, sind aber immer weichlich, sterben leicht und vertragen sich nur mit Meerschweinchen und Kaninchen. Mit letztern erzeugen sie fruchtbare Bastarde. Die Jäger unterscheiden Wald- und Feldhasen, von denen erstere stärker (größer) sind und sich fast ausschließlich im Walde halten. Rammler und Häsin sind schwer und nicht sicher zu unterscheiden, ersterer schnalzt mit der Blume (Schwanz) und hält das Hinterteil beim Laufen schief, sitzt auch weniger fest im Lager. Man jagt den Hafen des Fleisches und des Pelzes halber und benutzte früher sein Haar, Fett, Blut, Gehirn, selbst Knochen und Kot arzneilich. Die Jagd wird mittels des Anstandes, auch auf der Suche mit dem Vorstehhund (s. Hasenrein) betrieben; letztere hat, zeitig im Herbst ausgeübt, den Nachteil, daß vorzugsweise die festsitzenden und daher gut haltenden, oft noch tragenden Häsinnen geschossen werden. Bei der Treibjagd, die als Vorsteh-, Kessel- und böhmisches Treiben eingerichtet werden kann, besonders bei der ersten, werden mehr die mobilern Rammler erlegt. Endlich wird der H. mit Bracken gejagt und mit Windhunden gehetzt. Wilddiebe stellen im Walde Schlingen auf die an der Spur kenntlichen Hasenwechsel und treiben wohl die Schonungen ab, um die Hafen in die vorgestellten Schlingen zu jagen. Die Schießzeit beginnt in Preußen mit dem Anfang September und dauert bis Ende Januar, doch kann die Bezirksregierung den Beginn und Schluß der Jagd um 14 Tage verschieben. – Der Alpenhase (Schneehase, L. timidus L., s. Tafel »Arktische Fauna«, Fig. 4) ist im Winter weiß, an der Spitze der Löffel schwarz, im Sommer graubraun; ein in Irland lebender, diesem sehr ähnlichen H. (L. hibernicus) wird nie weiß, der Polarhase (L. glacialis) aber ist stets weiß. Es ist noch nicht entschieden, ob diese drei Hafen einer einzigen Art angehören. Der Alpenhase ist lebhafter, dreister als unser H., hat kürzere Ohren, breitere Backen und dunkelbraune Augen. Seine Verfärbung richtet sich nach der Witterung. Er lebt in gleicher Höhe mit dem Schneehuhn und Murmeltier, streift aber oft weit über 2500 m. Die Häsin wirft im April oder Mai und im Juli oder August je 2–5 Junge. Der Alpenhase ist leichter zu zähmen als unser H., mit dem er Bastarde erzeugt. Südeuropa besitzt einen Hafen, der den Übergang bildet zu dem sehr langohrigen Erneb (L. aethiopicus Pall.) der Ägypter. Die Abessinier verachten das Wildbret des Hafen und jagen ihn nicht. In der christlichen Symbolik ist der H. das Sinnbild des reuigen Sünders, der zu Gott zurückkehrt (z. B. auf einem Marmorepitaph in den Katakomben, wo er einer Taube entgegenläuft, die einen Ölzweig im Schnabel hält); erst später wird er zum Sinnbild der Furcht. Vgl. v. Thüngen, Der H., seine Naturgeschichte, Jagd und Hege (Berl. 1878); Waldenburg, Jagd und Hege von Reh, H. etc. (Königsb. 1886); Dombrowski, Der Feldhase (Köthen 1898).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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