Ägypten

Ägypten

Ägypten (hierzu Karte »Ägypten, Dar Für und Abessinien«), ehemals ein großes selbständiges Reich, jetzt ein unter der Hoheit des türkischen Sultans und unter englischer Oberaufsicht von einem Vizekönig regierter Staat in Nordafrika. Der Name ist griechischen Ursprungs, aber von ungewisser Bedeutung; nach Brugsch wäre das griech. Aigyptos entstellt aus Heke-Ptah, »Haus des Geistes des Ptah«. Der einheimische Name war Kêmet (schwarzes Land); diese schwarze Erde, die, vom Nil angeschwemmt, den fruchtbaren Talboden bildete, stand im Gegensatze zu dem angrenzenden Te Tescher (das Rote), der Wüste. Bei den Hebräern hieß Ä. Masar (im Dual Misraïm), in persischen Keilinschriften Mudhraja. Der heutige arabische Name ist Masr, der türkische Gipt (der abgekürzte griechische, daher Gipti, die Kopten, die unzweifelhaften Nachkommen der alten Ägypter).

I. Das heutige Ägypten.

In seinem jetzigen Umfang liegt A. zwischen 31°35´ und 21° 53´ nördl. Br. (Wadi Halfa) und 23°45´ und 35° östl. L. An der Küste des Roten Meeres reicht die Grenze jedoch bis zu 18°2´ nördl. Br. (Ras Kasar), wo es an die italienische Interessensphäre stößt. Im W. wird Ä. begrenzt von der Libyschen Wüste und Barka, im N. vom Mittelmeer, im O. von Türkisch-Asien, den Golfen von Suez und Akaba und dem Roten Meere. Die Grenzen des Reiches sind sehr wechselnd gewesen. Unter den Pharaonen reichte es zeitweilig bis 700 km südlich von Syene. In der Folge aber begriff es nur das Niltal bis zum ersten Katarakt. Die Eroberungen Mehemed Alis und seiner Nachfolger dehnten das Reich immer weiter nach S. aus, das bald Nubien, Kordofan, Dar Für und den übrigen Sudân südlich bis zum Somerset-Nil und Albertsee, westwärts bis zum 21.° östl. L., sodann eine Anzahl von Orten an der Somalküste (Zeila, Berbera u.a.) und Harar umfaßte, ein Areal von 2,986,900 qkm, das durch den Aufstand des Mahdi 1882 auf 944,300 qkm in dem angegebenen Umfange zusammenschmolz.

Bodengestaltung.

Das Land ist zum großen Teil unfruchtbare Sand- und Steinwüste, so daß von dem ganzen Gebiet vom Mittelmeer bis Wadi Halfa nur 27,688 qkm kulturfähig sind, wovon 16,070 auf Unterägypten, 11,589 auf Oberägypten entfallen, während das übrige, namentlich der zu Asien gehörige Teil auf der Sinaihalbinsel fast durchaus wüst ist. In dem sich längs des Nils hinziehenden Tieflande bildet den Untergrund Fels oder Sand, den eine 10–12 m mächtige Schicht fruchtbaren Schlammes bedeckt: ein schmaler, im untern Teile nirgends über 30 km, im obern selten mehr als 7 km breiter Streifen Landes, der durch seine Fruchtbarkeit-die geringe Ausdehnung ersetzt. Dieses eigentliche Ä. zerfällt nach seiner natürlichen Beschaffenheit in zwei Teile, Ober- und Unterägypten. Unterägypten, das Nildelta, das vom Mittelmeer bis Kairo reicht, erhebt sich nur wenige Fuß über die Meeresfläche und ist großenteils ein Geschenk des eine steinlose Ebene, die zu den ergiebigsten Getreideländern der Erde gehört. Im N. hat es eine bogenförmige Begrenzung durch das Mittelmeer an einer 270 km langen, sehr flachen Küste. Seine größte Ausdehnung von N. nach S. beträgt 171 km. Ganz Unterägypten steigt sanft von N. nach S. an; auf einen Breitengrad kommen kaum mehr als 14 m Steigung längs des Stromes. In Oberägypten (Sa'id), von Kairo bis Wadi Halfa beim zweiten Katarakt sich erstreckend, muß man der höher werdenden Ufer wegen den natürlichen Überschwemmungen des Nils durch Kanäle zu Hilfe kommen, um die segensreichen Fluten auch den entferntern Gegenden des Uferlandes zuzuführen. Von Assuân an stromabwärts richtet das Niltal sich in der geringen Breite von 4–6 km zuerst gerade nach N., wird aber stellenweise durch hervortretende Felswände sehr eingeengt, so namentlich am Dschebel Selseleh (Kettenberg), wo er nur 1 km Breite hat. Später erweitert sich das Tal, namentlich von Kenneh ab, am linken Ufer bis zum Fayûm, das gleichfalls als eine Schöpfung des Stromes anzusehen ist. Das Nildelta wird von Alexandria bis in die Nähe von Kairo und Suez von jüngern Tertiärbildungen umsäumt, und zwar von pliocänen Sandablagerungen im W. und sehr versteinerungsreichen oberpliocänen Kalken (Korallenkalken) im O.; unter letztern treten miocäne und Ablagerungen der obern Kreideformation, am Roten Meere hier und da auch paläozoische Schichten und auf großen Strecken kristallinische Gesteine hervor (s. Afrika, S. 137). Von Kairo aufwärts umschließen den Nil Höhenzüge, die, bis 350 m aufsteigend, zuweilen bis hart an den Strom vorspringen. Sie bestehen auf beiden Seiten aus versteinerungsreichem eocänen Nummulitenkalk, dem sich von Siut aufwärts Mergel, kalkige und sandige Gesteine der obern Kreide anschließen. Von Selseleh an herrscht der cenomane quarzreiche nubische Sandstein, bis bei Assuân ein vom Roten Meer westwärts streichender großer Gebirgszug von Granit, Gneis und Glimmerschiefer mit untergeordnetem Syenit, Diorit und Porphyr, der sogen. Arabische Gebirgszug, sich wie ein mächtiger Querriegel vorschiebt, A. und Nubien scheidend. Durch dieses Gebirge, das sich bei einer Breite von vielen Kilometern bis tief in das libysche Sandmeer hinein erstreckt, hat sich der Nil im ersten Katarakt den Weg gebrochen. Zu beiden Seiten der Uferberge beginnt die Wüste. Die Arabische Wüste am rechten Ufer besteht im W. aus Nummulitenkalk, dann aus Sandstein und endlich nach dem Roten Meere zu aus kristallinischem Gestein und weist zahlreiche, tief eingeschnittene Täler und kühn geformte Felsmassen von großartigem Charakter auf. Im Mittel 500–1000 m hoch, steigt sie im Dschebel Um Sidr und im Duchan zu 2100 m, im Dschebel Um Delpha zu 2180 m Höhe auf. Sie hat im nördlichen Teil einige Quellen und eine ansehnliche Kräutervegetation, die obern Hochflächen entbehren jedoch jedes Pflanzenwuchses. In 30–40 km Entfernung von der Küste fällt sie steil zum Roten Meer ab. Weit trostloser noch als die Arabische ist die Libysche Wüste, eine riesige Hochfläche südlich von der Oase Dachel aus nubischem Sandstein, nördlich von dieser aus Nummulitenkalk und jüngern tertiären Meeresablagerungen bestehend, ohne größere Täler und hervorragende Gipfel, steinig und durchaus wasserlos; in ihrem östlichen Teil wird sie von einem Oasenzug unterbrochen, der von S. nach N. aus den Oasen Chargeh, Dachel, Farafrah, Baharieh und Siwah (s. diese Artikel) u.a. besteht. Wir begegnen hier einer Reihe beträchtlicher Depressionen. Das sind die Oasen Siwah -30 m, Arêdsch -70 m, Uttiah -20 m, der See Sittrah -25 m. Auch der Birket Karûn im Fayûm liegt 43 m unter dem Meeresspiegel.

Charakteristisch ist der infolge der Nilüberschwemmungen sich absetzende Schlamm, der einen großen Teil der Sohle des Niltals bedeckt und insbes. zur Entstehung des Deltas Veranlassung gegeben hat. Derselbe bildet eine seine tonige, etwas kalkhaltige, fast zur Hälfte ihres Gewichts aus organischen Substanzen bestehende Masse, die getrocknet sehr hart wird und von jeher zur Ziegelbereitung benutzt wurde. Im Delta wechseln mit ihr dünnere, aus Sand bestehende Lagen. In den wüsten östlichen Regionen besteht der Sand aus mikroskopisch kleinen Korallenschalen (Bryozoen), doch finden sich auch marine Muscheln vor.

Bewässerung.

Der einzige Fluß Ägyptens ist der Nil, der in das Land mit dem zweiten oder Großen Katarakt bei Wadi Halfa eintritt. Noch einmal stürzt er zwischen der Insel Elephantine und der Insel Philä über zahllose Klippen zwischen Felswänden dahin und teilt sich dabei in viele Arme, die bei hohem Wasserstande 20 Inseln umschließen. Bei niedrigem Wasserstande hat er auf dieser Strecke eine Breite von 1000–1200 m. Weiter nördlich im ruhigen Laufe dahinströmend, verengert er sich wieder, so daß er bei Theben nur eine Breite von 400 m hat, die aber bei Siut wieder bis zu 800 m wächst. Bei Derût geht links der Josephskanal (Bahr Yusuf) ab und folgt in seinem 350 km langen Lauf dem Fuße der libyschen Bergkette bis zur Schlucht El Lahun, durch die er in das Fayûm tritt, das er in vielen Armen bewässert. 22 km unterhalb Kairo, wo das Tal sich zur Ebene erweitert, teilt sich der hier 3/4 Stunden breite Strom am Batn el Bagr oder Kuhbauch in zwei Hauptarme: der eine, der bolbitische der Alten oder der von Raschid (Rosette), geht nach NW., der andre, der alte phanitische oder Arm von Damiat (Damiette), nach NO. Das zwischen beiden Armen sich ausbreitende Delta wird von zahllosen Verbindungskanälen der Nilarme quer durchzogen. Im Anschluß an den Bahr Yusuf wurde von Derût nach Siut der Ibrahimkanal und von Siut bis Sohâg der Sohâgiyekanal erbaut. Der Mahmudiehkanal, aus dem Rosettearm von Fua nach Alexandria (s. d., S. 304) ausgehend, ist der wichtigste des Nildeltas. Zur Regulierung der Nilüberschwemmungen sind in Oberägypten große Bassins angelegt, und 1898 wurde mit der Herstellung eines großen Nilreservoirs durch Dammbauten (barrage) bei Assuân und Siut begonnen. Der Damm bei Assuân soll den Wasserstand des Nils 106 m über Meereshöhe, d.h. 20 m über Niedrigwasser, halten; er ist mit einer Schiffahrtsschleuse versehen. Bei Siut wird ein sogen. offener Staudamm von 822 m Länge erbaut, der die Wasserzufuhr für den Ibrahimkanal in Mittelägypten regeln soll. Die Ruinen der Insel Philä werden durch starke Dämme gegen eine Überflutung geschützt. In Unterägypten wird das Kanalnetz stetig weiter ausgebaut, wie auch am Süßwasserkanal und bei Suez neues Land der Kultur gewonnen wird. Das Anschwellen des Stromes beginnt bei Assuân Ende Juni, bei Kairo Anfang Juli und erreicht in der ersten Hälfte des Oktobers den höchsten Stand. Die darauf folgende Abnahme ist so langsam, daß der Fluß erst April, Mai und in den ersten Junitagen des folgenden Jahres seinen niedrigsten Stand erreicht. Die Flutamplitüde beträgt bei Assuân 15 m, bei Theben 8,5 m, bei Kairo 7,5 m. Ein Zurückbleiben hinter der normalen Überschwemmung (für unser Zeitalter 8 m) um nur 1 m hat in Oberägypten bereits Dürre und Hungersnot im Gefolge, aber schon 50 cm mehr kann furchtbare Verwüstungen im Delta anrichten. Mit Hilfe von Ziehbrunnen (Schadufs), von Schöpfrädern (Sakîye) und hydraulischen Maschinen sowie mit Dampfpumpwerken bringt man das Nilwasser auch in der Trockenzeit zuweilen durch mehrere Etagen selbst auf höher gelegenes Terrain, wohin die Überschwemmungen nicht gelangen. Das ganze kulturfähige Land ist durch Dämme in ungeheure Bassins eingeteilt, in die das befruchtende Wasser durch Kanäle unter der Obhut besonderer Ingenieure eingeführt und so lange auf einer gewissen Höhe gehalten wird, bis die gehörige Menge Nilschlamm abgesetzt ist. Die Länge der Bewässerungskanäle wurde 1890 auf 16,770 km angegeben, die Zahl der Dampfpumpen auf 500, die der Sakîye auf 30,000, die der Schaduf auf 70,000. Ein willkürliches Überfluten des Landes ist jetzt ganz ausgeschlossen; A. hat aufgehört, zur Zeit der Nilschwelle wie ehemals ein großer See zu sein.

Ständiger Quellen entbehrt der größte Teil des Landes ganz. Mineralische Quellen finden sich in dem Quertal zwischen Koffeïr und Kenneh und nahe der Küste des Roten Meeres, dann bei Kairo (Heluan), besonders aber im Oasenzug, dessen Quellen eisen- oder schwefelhaltig und großenteils Thermen sind.

Seen besitzt Ä. in ziemlich großer Zahl. Im Innern sind die bedeutendsten der salzige Birket Karûn am Westrande des Fayûm (26,000 Hektar), die Bitterseen (30,000 Hektar) auf der Landenge von Suez und die kleinen Natronseen (zusammen 6000 Hektar) südöstlich von Alexandria. Ansehnlicher als diese Binnenseen sind die vom Mittelmeer meist nur durch eine schmale, sandige Landzunge getrennten salzigen Lagunenseen, worunter folgende die bedeutendsten sind: der Birket Mariut (der alte Mareotis) bei Alexandria, der seichte Maadieh oder See von Abukir, der Edkusee, jetzt fast wasserleer, der gleichfalls sehr seichte Burlos, fischreich und mit vielen Inseln, und der Mensaleh, der größte von allen, 67 km lang, durchschnittlich 33 km breit und 1–1,5 m tief, mit vielen Inseln, fischreich und vom Suezkanal durch schnitten. Merkwürdig sind endlich noch die erst in neuerer Zeit genauer bekannt gewordenen unterirdischen Wasserbecken im westlichen Oasenzug, die schon im Altertum zum Bohren artesischer Brunnen Veranlassung gegeben haben. Seit der englischen Okkupation wird fleißig an der Trockenlegung der 5420 qkm großen Lagunen an der Nordküste des Deltas gearbeitet.

Klima.

Das Klima Ägyptens steht ganz unter dem Einfluß der nahen Sahara. Während des Sommers bildet sich infolge der starken Erwärmung einer ausgedehnten Landmasse über derselben ein Gebiet geringen Luftdrucks, in das schwerere Luftmassen aus den peripherischen Gebieten einströmen, so daß in A. nördliche Winde vom Mittelmeer her vorherrschen. Sie bringen Kühlung und Feuchtigkeit und geben in Unterägypten während der Überschwemmungszeit im August und September Veranlassung zu Nebelbildungen. Während des Winters treten entgegengesetzte Verhältnisse ein; über der Sahara entsteht ein Hochdruckgebiet, die Luftmassen fließen aus der Libyschen Wüste sein ich ab und verursachen im Niltal südliche Luftströmungen. In der Übergangszeit vom Winter zum Sommer zeigt sich eine große Regellosigkeit der Windrichtungen; in diese Zeit fällt das Wehen des gefürchteten Wüstenwindes Chamsîn, dessen Gluthauch eine exzessive Trockenheit verursacht. Der Name bedeutet »fünfzig«, da der Chamsîn besonders innerhalb der 50 Tage nach der Frühjahrssonnenwende auftreten soll. Bedingt durch diese Verhältnisse und den Stand der Sonne finden wir eine fortschreitende Erwärmung der Luft von der Küste des Mittelmeers nach Oberägypten. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Alexandria 20,6°, in Kairo 21,3°, in Kosseïr am Roten Meer 24,6°, in Kenneh 26,5°, in Theben 29°. Der kälteste Monat hat in den drei erstgenannten Orten 14,4, 11,9 und 18,3°, der wärmste 26,2, 29,1 und 29,4° aufzuweisen. Unter den Gefrierpunkt fällt das Thermometer im Niltal nicht (vereinzelt wurde 1867 das Zuckerrohr in Ä. durch Nachtfröste beschädigt); der tiefste Stand der Temperatur ist in den Monaten Dezember, Januar, Februar im Delta +2°, in Kairo +5°. Da zufolge der nahen Wüste die Bewölkung sehr gering ist (Alexandria hat eine mittlere Bewölkung von 24 Proz., Kairo von 19 Proz.), so erfolgt in der Nacht eine bedeutende Wärmeausstrahlung, und die Differenz zwischen der Tag- und Nachttemperatur beträgt oft zwischen 20 und 30°. Selbst in Oberägypten sinkt in diesen Monaten das Thermometer um 5 Uhr morgens bis auf 5° herab. Ausnahmsweise ist zu Alexandria, Rosette und bis Atfeh 1833, 1855 zu Kairo und 1887 im Nildelta Schnee gefallen. Häufiger kommt Eisbildung in den das Delta begrenzenden Wüsten und in der Oase Siwah nach gefallenem Tau und bei starkem Nordwind vor. Im südlichen A. ist die Atmosphäre außerordentlich trocken, und diese Trockenheit wird durch die um das Frühlingsäquinoktium eintretenden Südostwinde und besonders durch den erwähnten Chamsîn bis zu einem unerträglichen Grade gesteigert. Feuchter wird die Atmosphäre, je mehr man sich dem Mittelmeer nähert. Die Niederschläge sind fast ausschließlich Winterregen. Im Sommer breitet sich dagegen ein ganz reiner Himmel über dem Land aus, und Regenniederschläge sind, besonders in Oberägypten, eine seltene Erscheinung. Doch hat man zu Kenneh und Theben und sogar in dem sehr trocknen Südosten mehr oder weniger heftige Regengüsse beobachtet. An der Nordküste regnet es vom Oktober bis März und April häufig, in den übrigen Monaten aber stellenweise gar nicht. Die regenreichsten Monate in Alexandria sind der November mit 24 Proz. und der Dezember mit 27 Proz. Die Jahressumme des Niederschlags beträgt in Alexandria 210, Port Saïd 92, Ismailia 52, Kairo 32, Suez 26 mm, weist also ein starkes Abflauen nach O. und S. auf. Das Klima Ägyptens ist, abgesehen von den niedrigen sumpfigen Strichen an der Küste des Roten Meeres, im allgemeinen gesund und gilt infolge seiner warmen, trocknen und chemisch reinen Luft als wohltätig für Lungenkranke und solche, die an Blutarmut, Dyskrasie und Rheumatismus leiden. Gefährlich dagegen ist das Klima für die, welche mit organischen Herzfehlern, starker nervöser Reizbarkeit oder Unterleibsvollblütigkeit behaftet sind oder zu Kongestionen nach dem Kopf und zu Durchfällen neigen. Unter den endemischen Krankheiten sind Aussatz und Elefantiasis nicht selten; eine wahre Plage bilden in der heißen Jahreszeit Ruhr und Augenentzündungen. Fieberepidemien sind im Delta, besonders in Alexandria, häufig, dagegen kommen Wechselfieber in der Umgebung von Kairo und in Oberägypten selten vor. Die Pest, die 1834 und 1835 in Kairo 75,000, in Alexandria 45,000 Personen hinwegraffte, ist verschwunden, die Cholera trat 1883 zum letztenmal auf.

Pflanzenwelt.

Ä. gliedert sich pflanzengeographisch in fünf Hauptgebiete. Die Mittelmeerflora bildet im Nildelta einen schmalen Küstenstreifen, der im W. und O. an Breite bedeutend zunimmt. In dem westlichen Abschnitt zeigt sich ein Einschlag von Arten der kyrenäischen Flora; im O. nehmen dagegen die Anklänge an die Flora Syriens und der Sinaihalbinsel zu. Die Pflanzen der Wüstenregion besiedeln die regen armen, nur in den Einsenkungen etwas feuchten Plateaulandschaften Libyens, des Isthmus von Suez und die Gebirgskette östlich vom Nil bis zur Südgrenze des Landes. Die Vegetation zeigt hier vorwiegend halbkugelig zusammengedrängte Wuchsformen, starke Reduktion der Blattflächen, dichte Haarbekleidung und häufige Dorn- und Stachelbewaffnung (s. Wüstenpflanzen). Im Vergleich mit der ägyptisch-arabischen Wüste ist die Libysche auffallend artenarm. Im S. des Wüstengebietes nimmt die Flora eine größere Zahl von Arten aus den Steppen Nubiens auf, während im N. mehr Übereinstimmungen mit der Pflanzenwelt der Sinaihalbinsel vorkommen. In höhern Gebirgslagen treten auch Mediterrantypen auf. Die Küstenregion am Roten Meere (erythräische Zone) hat eine dürftige Flora. Auffallend erscheint das Auftreten der strandbewohnenden Avicennia officinalis (Verbenazee), die innerhalb der Flutmarke ausgedehnte, waldartige Dickichte bildet und der tropischen Mangroveformation (s. Lebendiggebärende Pflanzen) angehört. Das Niltal selbst besitzt nur wenige ihm eigentümliche Arten. Seine Flora besteht teils aus Feuchtigkeit liebenden Pflanzen tropischen Ursprungs, teils aus Arten, die im Mittelmeergebiet oder auch bis Mitteleuropa weiter verbreitet sind. Auch das Fayûmbecken mit acht ausschließlichen Arten reiht sich dieser Region an. In den Oasen schaffen die unterirdischen Wasservorräte im Verein mit dem Boden und Klima der Wüste ganz eigenartige Bedingungen des Pflanzenlebens. Die wild wachsende Flora besteht teils aus Pflanzen der Wüstenränder, wie z. B. den Koloquinten (Citrullus Colocynthis), dem milch saftreichen Oscharstrauch (Calotropis procera) oder der Zwergmimose (Prosopis Stephaniana), teils aus Gewächsen feuchter Standorte, wie Cyperus Mundtii, das eine weitere afrikanische Verbreitung besitzt, teils endlich aus Halophyten. Manche Oasen bewohnende Pflanzen sind Einwanderer, die sich streng an den bewässerten Kulturboden halten und vorzugsweise der Mittelmeerflora entstammen. Von Getreidepflanzen werden in Ä. vorwiegend Weizen, Gerste, Durra und Reis gebaut. Auch eine Kleeart (Trifolium alexandrinum), Indigo, Baumwolle und andre in warmen Klimaten verbreitete Nutzpflanzen werden vielfach angebaut. Uralt ist die Kultur der Dattelpalme, des Ölbaums und des Weinstocks. Auch Dumpalmen (Hyphaene thebaica), Balanites aegyptiaca, deren Früchte auch in Mumiengräbern gefunden sind, und zahlreiche Obstbäume (Arten von Citrus, Prunus, Punica, Ficus, Morus, Ceratonia, Zizyphus u.a.) werden in Gärten gezogen. Als Nutzholz geschätzt wird besonders der Suntbaum (Acacia nilotica), zur Ölgewinnung werden die Rizinusstande (Ricinus communis) u.a. benutzt. Auch an Gemüse- und Gewürzpflanzen ist kein Mangel.

Eine eigenartige Erscheinung in der ägyptischen Pflanzenwelt ist das allmähliche Aussterben einiger uralter Kulturpflanzen. Der Papyrus kommt am obern Blauen und Weißen Nil wild vor und fand sich noch zur Zeit der französischen Okkupation vereinzelt bei Damiette. Ebenso ist das Vorhandensein der asiatischen Lotosblume (Nelumbium speciosum), die sonst in Afrika nirgends vorkommt, in Ä. bis zur römischen Kaiserzeit nachgewiesen. Von altägyptischen Gräberfunden, die floristisches Interesse haben, sind folgende Pflanzen zu nennen: Lein, Weizen, Gerste, Dinkel, Einkorn, Tef (Eragrostis abyssinica), Erdmandel (Cyperus esculentus), Dattelpalme, Dumpalme und Argunpalme (Hyphaena Argun), Ölbaum, Wacholder, Sykomore, Ricinus, Wassermelonen, Mimusops, Balanites aegyptiaca, Sapindus emarginatus, Feigen, Weinbeerenkerne, Granatäpfel, Acacia nilotica, Zwiebeln verschiedener Art, Oschar (Calotropis procera), auch Flechten (Parmelia furfuracea) als Zusatz zum Brotteig u.a. Dieses Verzeichnis gibt zugleich ein annäherndes Bild von den Kultur- und Nutzgewächsen des alten Ä. Vgl. Ascherson und Schweinfurth, Flora Ägyptens (im 2. Bande der Denkschriften des Ägyptischen Instituts zu Kairo).

Tierwelt.

Dem Charakter seiner Tierwelt nach gehört Ä. großenteils noch zur mittelländischen Provinz des paläarktischen Reiches, wobei aber besonders in Oberägypten das äthiopische Element bereits eine starke Rolle spielt, so daß sich die zoogeographische »ägyptische Zone« (Heuglin) in eine nord- und eine südägyptische zerlegen läßt. An Säugetieren ist die Zone ziemlich arm, unter den Raubtieren ist das ansehnlichste die gestreifte Hyäne. Sehr häufig ist der Schakal nebst einigen verwandten Arten, wie der Nilfuchs, der rotstreifige Fuchs und der zierliche großohrige Fenek. Seltener sind Luchs, Sumpfluchs, Wildkatze, Genettkatze und Stinktier. Unterägypten gehört die Pharaonsratte (Ichneumon) an. Von den Antilopen, welche die Wüste bewohnen, ist die häufigste, die auch dem Niltal sich zuweilen nähert, die Dorcasantilope; im Niltal und in der Wüste häufig ist der ägyptische Hase, Charaktertiere der Wüste aus der Gruppe der Nager sind die Djerboa oder Springmäuse, in gebirgigen Gegenden lebt der Klippdachs (Hyrax). Nicht selten sind Igel, während das Stachelschwein kaum mehr anzutreffen ist. Von Fledermäusen gehört eine Anzahl eigentümlicher Arten A. an. Affen fehlen im eigentlichen A. Von den Haustieren ist das wichtigste das Kamel; ihm reihen sich an Esel, Nilschaf, Ziege und Pferd. Die Vogelwelt Ägyptens, ungefähr 360 Arten umfassend, enthält infolge des Winterzuges sehr viele europäische Arten. Von einheimischen Vögeln sind zu nennen der große weißköpfige und Ohrengeier, der kleine Aasgeier, einige Adler- und Falkenarten und der in Dörfern und Städten hausende Schmarotzermilan, ferner der Wiedehopf, der Noahrabe, die ägyptische Nachtigall und der Steinschmätzer, der in öden, steinigen Wüstentälern und in Felsen lebt. Charakteristische Wüstenvögel sind die Sandhühner; einheimische Watvögel der Brachvogel, der Kuhreiher, die beiden Silberreiher, der Spornkiebitz, der ägyptische Regenpfeifer, der Marabu, die Nilgano. Unter den Reptilien ist der größte Repräsentant das noch in Oberägypten vorkommende Nilkrokodil, als Landkrokodil wird die große Warneidechse bezeichnet; außerdem enthält die Wüste noch zahlreiche weitere Eidechsen, in den Häusern finden sich die, Geckos, auf Bäumen das Chamäleon; berüchtigt ist Ä. als Land der Schlangen, deren es etwa 20 Arten enthält, darunter die giftige Brillenschlange und die Hornviper, Von Amphibien fehlen gänzlich die Schwanzlurche, während die Froschlurche durch ihre Individuenzahl ausfallen. Von Fischen ist im Nil besonders reich vertreten die Familie der Weise, darunter der Zitterwels, charakteristisch ist der Flösselhecht. In seiner Molluskenfauna trägt A. den Charakter der Mittelmeerprovinz, doch sind dem Nil entlang auch Formen des tropischen Afrika gewandert. Unter den Insekten zeigt A. neben speziell afrikanischen Formen auch viele südeuropäische, unter den Käfern ist berühmt der heilige Pillenkäfer (Ateuchus sacer), der Scarabaeus der Alten, unter den übrigen Insekten nehmen die erste Stelle die Heuschrecken ein, die heute noch in A. wie im übrigen Nordafrika eine Landplage sind.

Areal und Bevölkerung.

Nach dem Zensus von 1897 beträgt die Zahl der Einwohner Ägyptens in seinem jetzigen Umfange 9,811,544 Seelen, die sich auf die einzelnen administrativen Bezirke wie folgt verteilen:

Tabelle

Nicht mit inbegriffen in obiger Berechnung ist die Insel Thasos, im Privatbesitz des Chedive und von einem ägyptischen Gouverneur verwaltet.

Die Einwohnerzahl des alten A. betrug nach priesterlichen Angaben unter den Pharaonen gegen 7 Mill., die in mehr als 18,000 Städten und größern Orten wohnten. Herodot gibt zur Zeit der größten Bevölkerung unter Amasis 20,000 Städte an. Nach Diodor wurden unter dem ersten Ptolemäer über 30,000 Orte gezählt und ebensoviel noch zur Zeit jenes Berichterstatters. Josephus zählt zu Neros Zeit 71/2 Mill. Einw., wobei er die Bevölkerung von Alexandria, die zu Diodors Zeit allein 300,000 betrug, nicht mitrechnet. Zur Zeit der französischen Okkupation (1800) soll A. 2,514,000 Einw. gehabt haben, in seinem größten Umfange hatte es 171/2 Mill. Von der Gesamtbevölkerung waren 1897: 6,484,450 seßhaft, 246,529 Beduinen und 112,574 Fremde, nämlich 38,208 Griechen, 24,457 Italiener, 19,560 Engländer und englische Untertanen aus Malta und Indien, 14,172 Franzosen, 7115 Österreicher und Ungarn, 1281 Deutsche (in Kairo 487, in Alexandria 472, in Port Saïd 241), außerdem Belgier, Spanier, Russen, Schweizer, Polen, Rumänen, Niederländer, Amerikaner etc. Diese Bevölkerung ist in Unter- und Oberägypten auf dem Kulturlande dicht angesessen. Hier liegen auch die großen Städte, die 1897 folgende Einwohnerzahl hatten: Kairo 570,062 (1902: 534,726), Alexandria 319,766 (1902: 310,587), Tanta 57,289, Port Saïd 42,095 (1902: 39,866), Siut 42,012, Zagasik 35,715, Mansura 34,997, Medinet el Fayûm 31,262, Damiette 31,288, Mehalla el Kobra 31,100, Damanhur 27,236, Keneh 24,364, Schibin el Kom 20,512, Minich 20,404 Einw. Die Bevölkerung Ägyptens ist ein Gemisch aus verschiedenen Nationen. Die fast reinen Abkömmlinge der alten Ägypter sind die Kopten (s. d.), die, etwa 600,000 qu Zahl, vornehmlich in den Städten des mittlern Ä. sitzen. Den bei weitem größten Teil der Bevölkerung bilden die Fellah (Fellachen), 635,600, die vielfach mit den Einwanderern und Eroberern gemischten Nachkommen der alten Ägypter, eine arme, unter Arbeit und Abgaben fast erliegende Menschenklasse. In etwas besserer Lage befinden sich die Fellah in den Städten, wo sie Gewerbe und Kleinhandel treiben und öfters zu Wohlhabenheit gelangen. Ein ganz andres Volk sind die Beduinen, 236,000, die zum kleinern Teil ansässig leben, zum größern Teil in 75 Stämmen (25 in Unterägypten, 23 in Oberägypten, 4 in El Arisch) nomadisieren. Gleicher Abstammung sind die Araber, 25,300, das vorherrschende Element der Bevölkerung der großen Städte, wo auch die meisten Armenier (10,450), Levantiner (30,000) und Franken leben. Die sehr verhaßten Juden verschwinden fast unter der Bevölkerung. Zigeuner treiben hier wie überall ihr Geschäft als Kesselflicker, Seiltänzer etc. Weitere Volkselemente sind die Ababde (19,525), die Nubier oder Baratra (180,000) und die Neger des Sudân (140,000). Vorherrschend bei der ganzen Bevölkerung ist die arabische Sprache; die Regierung verkehrt in dieser mit ihren Untertanen, in französischer Sprache mit den Fremden, in türkischer mit der Pforte.

Religion. Der bei weitem größte Teil der Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen (orthodoxen) Islam, dessen Speisegesetze aber die Beduinen nicht beobachten. Christen sind allein die Kopten (s. d.) und die Fremden (Armenier, Griechen, Italiener, Franzosen etc.). Das Christentum wurde hier bereits in den ersten Jahrhunderten unsrer Zeitrechnung eingeführt, doch sind von den schon damals gegründeten zahlreichen Klöstern nur noch die an den Natronseen und drei weitere zwischen dem Nil und dem Roten Meer übriggeblieben. Die Massen der Kopten sind jakobitische Christen, Monophysiten oder Eutychianer und stehen unter dem Patriarchen in Alexandria, etwa 25,000 sind Protestanten oder Katholiken. Die griechisch-orthodoxe Kirche steht unter einem zu Kairo residierenden Popen und Patriarchen von Alexandria, Ä., Pentapolis und Äthiopien. Die Katholiken haben einen Erzbischof in Alexandria, einen apostolischen Vikar für Zentralafrika sowie einen solchen in Ä. und einen apostolischen Delegaten für Arabien. Die Armenier haben Gemeinden in Alexandria und Kairo; in letzterer Stadt residiert ihr Bischof. Die katholische Mission besteht hier schon seit den Zeiten König Franzl I., der den Orden der Brüder vom Heiligen Land einsetzte und unter sein Protektorat stellte. Die Katholiken haben jetzt mehrere Kirchen in Alexandria und Kairo sowie Kapellen in Ismaïlia, Suez u.a. Die protestantische Kirche ist in A. durch drei Missionen vertreten, durch die Schulen der englischen Miß Whately. durch die amerikanischen unierten Presbyterianer, die unter den Kopten mit Erfolg wirken, und durch die englische Kirchenmission in Kairo (seit 1882). Von der 1897 gezählten Bevölkerung waren 8,977,702 Mohammedaner, 731,235 Christen, 645,775 Orthodoxe, 61,051 Römisch-Katholische, 24,409 Protestanten und 25,200 Juden.

Volksbildung. Die geistige und wissenschaftliche Ausbildung steht noch auf einer sehr niedrigen Stufe. In den nur von Knaben besuchten Elementarschulen (Anhängseln der Moscheen oder Privatunternehmungen) wird notdürftig Lesen und Schreiben (Rechnen nur ausnahmsweise) gelehrt und der Koran auswendig gelernt. Ende 1894 bestanden 8913 Schulen mit 196,610 Zöglingen, davon waren Knabenschulen (dreistufig) 8763 mit 166,340 Schülern, und zwar 92 Regierungs- oder Wakufschulen (mit den Moscheen verbundene) mit 9204 Schülern, 108 Missionsschulen mit 7133 Schülern und 8613 Privatschulen, Freischulen u.a. mit 151,409 Schülern. Von Mittelschulen für Knaben gab es 28 mit 4393 Schülern, davon 3 Regierungsschulen mit 673,24 Missionsschulen mit 3741 und eine Privatschule mit 30 Schülern. Für die Mädchen bestanden 1894: 95 Elementarschulen mit 13,443 Schülerinnen. Die 271 gegründete hohe Schule der Moschee El Azhar zu Kairo ist die bedeutendste des Orients und zugleich Hauptsitz des mohammedanischen Fanatismus. Gegenstände des Unterrichts sind indes fast nur Religions- und Gesetzeslehre. Als Fachschulen wurden von der Regierung errichtet eine polytechnische Schule, 2 Rechtsschulen, eine philologische und arithmetische Schule, eine Kunst- und Gewerbeschule, Medizinalschule, Ackerbauschule, Entbindungsschule, Marineschule und eine Schule für Ägyptologen, die sich auf das ägyptische Museum zu Bulak stützt. Außerdem unterstützt die Regierung 2 Vorschulen in Alexandria, 1 in Kairo, 1 Seminar, 2 Mädchenschulen, 3 Industrieschulen, 23 Munizipalschulen und eine Blindenanstalt. Ähnliche Einrichtungen wie in Kairo bestehen auch in Alexandria, Siut und Keneh. Die Kopten haben ihre besondern Schulen: eine höhere Schule in Kairo, außerdem an verschiedenen Orten 11 Elementarschulen, davon zwei für Mädchen, während in den islamitischen Schulen nur Knaben unterrichtet werden. Sehr bedeutend ist die Tätigkeit mehrerer religiöser Gesellschaften auf dem Gebiete der Schule. Die französische katholische Mission (s. oben) wie die protestantischen Gesellschaften haben zahlreiche Schulen an verschiedenen Plätzen errichtet. Die griechisch-katholische Gemeinde besitzt ein Lyzeum in Alexandria und 2 Elementarschulen für Knaben und eine für Mädchen. Die Italiener haben in Kairo das Collegio italiano und mehrere andre Schulen gegründet, eine deutsche Kirchenschule besteht in Alexandria, ein deutsches Privatgymnasium und Handelsschule in Rasuleh bei Alexandria, eine Mittelschule in Kairo in Verbindung mit der evangelischen Kirche. Von wissenschaftlichen Anstalten bestehen ein Institut in Alexandria, die Société Khédiviale de géographie zu Kairo, eine Sternwarte zu Abbasijeh bei Kairo. Von den 29 Zeitungen Ägyptens erscheinen 10 in arabischer Sprache (auch zweisprachig), 9 in französischer, 5 in italienischer, 3 in griechischer Sprache.

Erwerbsverhältnisse, Grundbesitz.

Hauptquelle der Ernährung in Ä. ist der Ackerbau, für den der alljährlich vom Nil überflutete Boden trefflich geeignet ist. Das Kulturland zerfällt in zwei große Klassen: Ländereien, die durch die Überschwemmung selbst bewässert werden, die sogen. Raye, und Ländereien, die als zu hoch gelegen von der Überschwemmung nicht erreicht werden können und deshalb künstliche Bewässerung erfordern, die sogen. Scharaki. Auf den Rayeländern findet in der Regel nur eine Ernte statt, in Oberägypten im Februar, in Mittelägypten im März, im Delta im April. Dagegen erzielt man auf den Scharakiländern drei Ernten: die erste mit der Winterkultur, die zweite mit der Sommerkultur, die dritte mit der Herbstkultur um die Zeit der Nilschwelle. Zu den ausschließlichen Winterkulturen (Schitwi) gehören Weizen, Gerste, Saubohnen, Linsen, Klee; Sommerkulturen (Sefi) sind Baumwolle, Zuckerrohr, Indigo, Reis etc., fast ausschließliche Herbstkultur (Nabari oder Nili) Mais. In ganz Ä. sind von der Kulturfläche 20,3 Proz. mit Weizen, 15,2 Proz. mit Klee, 14,1 Proz. mit Baumwolle, 12,3 Proz. mit Saubohnen, 11,2 Proz. mit Mais, 8,5 Proz. mit Gerste und 7,9 Proz. mit Durra bestellt. Mehrmals bepflanzt werden 24 Proz. (30 in Unter-, 16 in Oberägypten). Der Baum- und Weinkultur sind in Unterägypten 2169, in Oberägypten 1504 Hektar gewidmet. Im Delta herrschen Orangen- und Zitronenbäume vor, im Nildelta Feigenbäume. Von Dattelpalmen zählte man in Oberägypten 2,355,122, in Unterägypten 1,097,552, deren jährlicher Ertrag auf 100,000–120,000 Tonnen Datteln angegeben wird. Von den Früchten, deren man mehr als 20 Arten kennt, werden die meisten im Lande selbst verbraucht; die Ausfuhr beträgt an 800,000 Mk. jährlich.

Die Bodenbestellung ist, abgesehen von den Gütern des Chedive und großen Privatbesitzungen, wo moderne landwirtschaftliche Maschinen und Werkzeuge Eingang gefunden haben, höchst primitiv, die Ackergeräte sind noch dieselben, die uns die Abbildungen aus der ältesten Pharaonenzeit zeigen. Der Bauer war, wie in allen islamitischen Staaten, nicht Eigentümer, sondern nur Pachter, doch war er im Besitz seines Grundstückes gesichert, solange er die Pacht bezahlte. Die ägyptischen Herrscher sammelten zu Recht oder Unrecht einen enormen Grundbesitz in ihrer Hand, die Tschiftliks, die 1878 in Staatsdomänen verwandelt und den europäischen Mächten für ihre gemachten Darlehen verpfändet wurden. Diese Domänen umfaßten 31. Okt. 1891: 178,747 Hektar, wovon 77,020 direkt bewirtschaftet wurden, 53,719 waren verpachtet, 15,068 Hektar Arbeitern überwiesen und 32,950 Hektar unbebaut. Sie liegen hauptsächlich in Unterägypten, während die früher im Privatbesitz des Chedive sich befindenden, 212,000 Hektar umfassenden Dair Sanieh, die 1898 an ein Konsortium verkauft wurden, meist Oberägypten angehören. Ein bedeutender Teil von Grund und Boden gehört den Moscheen und Schulen. Dieses Wakuf ist von den Engländern für die Okkupationskosten beschlagnahmt. Ein großer Teil des Grundbesitzes ist in den Händen von Gesellschaften, namentlich der Suezkompagnie, ferner von Großgrundbesitzern, deren nicht bedeutende Zahl sich fortwährend vermindert. Den Rest von 1,042,114 Hektar bebauen die Fellah als Pachter kleiner Parzellen, doch können sie durch Zahlung des sechsfachen Betrags der Abgaben, die sich auf etwa ein Fünftel des Bodenertrags belaufen, in den erblichen Besitz des Landes gelangen. Der mittlere Pachtzins steigt von 101 Frank pro Hektar in Unterägypten bis 200 Fr. in Oberägypten. Die Ackerbau treibende Bevölkerung beläuft sich auf 2,049,643 Seelen. Dem Ackerbau verdankt das Land fast ausschließlich seine Exportfähigkeit. Die englische Verwaltung hat daher manche Erleichterungen der schwer bedrückten Fellah und Meliorationen geschaffen, Versuchsanstalten zur Einführung besserer Kulturmethoden angelegt und Darlehnskassen begründet.

In der Viehzucht überragt Oberägypten relativ etwas das Delta, dort ist die Rinderzucht, hier die Schaf- und Ziegenzucht etwas stärker. Man zieht gut geformte Rinder, Büffel, langohrige und kurzohrige Ziegen, Schafe mit und ohne Fettschwanz und mit wolligem Vlies, einhöckerige Kamele, die im alten Ä. selten waren, von schwerer, ausdauernder Rasse, wohlgebaute Esel, Maulesel, Pferde (um 1800 v. Chr. ein geführt) von zwar nicht schöner, aber brauchbarer Rasse, und viel Geflügel, insbes. Tauben massenhaft, deren Kot zur Düngung verwendet wird, während der der Vierfüßer als Brennmaterial zu dienen hat. Bei Matarieh, nördlich von Kairo, wird Straußenzucht betrieben. Der Hund treibt sich in Unter- und Mittelägypten herrenlos umher, erst in Oberägypten findet er Gebieter. Nach einer Schätzung von 1900 hatte Ä. 80,000 Pferde, 350,000 Rinder, 300,000 Büffel, 1 Mill Schafe und Ziegen, 40,000 Kamele, 120,000 Esel und 10,000 Maultiere. An Arbeitsvieh, besonders Rindern, macht sich Mangel fühlbar.

Bergbau. An Metallen ist Ä. nicht reich. Manche von den Alten ausgebeutete Gruben, wie die Kupfer gruben zu Dschebel Halala und die Smaragdgruben zu Dschebel Zumurud und Saberae, scheinen erschöpft zu sein. Blei wird am Dschebel Russas abgebaut. Aus den Natronseen und den Bitterseen Unterägyptens werden jährlich 8 Mill. kg Natronsalze gewonnen. Die 8 staatlichen Salpeterwerke liefern jährlich 700,000, die 12 Salinen 150,000 kg Salpeter, bez Salz. Am wertvollsten aber sind der prachtvolle rote Porphyr, aus dem so viele Kunstwerke hervorgegangen sind, grüner Marmor, Granit und der vortreffliche Alabaster im O. von Beni-Suef. Plastischer Ton liefert das Material zu den berühmten porösen Wasserflaschen, Pfeifenköpfen u.a.

Die Industrie ist unter Beteiligung von fremdem und einheimischem Kapital in fortschreitender Entwickelung begriffen. Durch verschiedene Gesellschaften wurden Zuckerfabriken, Raffinerien, Brennereien, Dampfziegeleien, eine Zündhölzchen- und eine Papierfabrik, Dampfmühlen, ferner Baumwollenöl- und andre Ölpressen, Egrenagemühlen, 600 Brutöfen, in denen jährlich etwa 6 Mill. Eier ausgebrütet werden, angelegt. Bemerkenswert ist der große Aufschwung der Zigarettenfabriken, die hauptsächlich für Deutschland arbeiten, der Möbeltischlerei und der Schuhmacherei. An erster Stelle steht die Zuckerfabrikation. Die Produktion von 17 Fabriken lieferte 1901: 100,000 Ton. Zucker aus 900,000 T. Zuckerrohr, deren Kultur 80,000 Feddan in Anspruch nahm. In Kairo bestehen 1000 Webstühle für Baumwollenzeuge und 500 für halbseidene Stoffe. Die besten Handwerker finden sich unter den Kopten, Griechen und Armeniern, die grobe Baumwollenstoffe, halbwollene blaue Zeuge für die Fellah, kupferne Gefäße, seine Körbe und Matten aus Binsen, Wollendecken, Goldstickereien, Posamenten und in Keneh und andern Orten Oberägyptens treffliche poröse Tonkrüge (Kulla), in Siut und Assuân zierliche Gefäße herstellen.

Handel und Verkehr.

Der Handel, der durch die Eröffnung des Suezkanals eine fühlbare Einbuße erfahren hatte, hat sich seit der englischen Okkupation merklich gehoben. Der Wert des gesamten Außenhandels betrug 1900: 32,488,423 ägypt. Pfd., wovon auf die Einfuhr 14,112,370, auf die Ausfuhr 16,766,610, auf die Durchfuhr 1,022,726 und auf die Wiederausfuhr 586,717 ägypt. Pfd. entfielen. Eingeführt werden Industrieerzeugnisse aller Art, insbes. Gewebe und Konfektionen, Metallwaren, Maschinen, Steinkohlen, Chemikalien, Kolonialwaren; die Ausfuhr begreift in der Hauptsache die oben genannten Erzeugnisse des Ackerbaues, die fast ganz ihren Weg über Alexandria nehmen. Den weitaus größten Anteil am Handel mit Ä. hat England, das an der Einfuhr mit 45,4, an der Ausfuhr mit 55,7 Proz. beteiligt ist, dann folgen die Türkei, Frankreich, Österreich-Ungarn, Rußland, Nordamerika. Der Großhandel ist fast ganz in den Händen von Europäern, die hier auch eine Anzahl von Banken errichtet haben, wie die Anglo-Egyptian Banking Co., Commercial Bank of Alexandria, Banque Franco-Egyptienne, Impériale Ottomane, Credit Lyonnais, Bank of Egypt, Société Immobilière, Land and Mortgage Bank u.a.

Der Schiffsverkehr deckt sich im wesentlichen mit dem Alexandrias, da derjenige in Port Saïd und Suez fast nur Transitverkehr durch den Suezkanal und der in Suakin und Kossir von wenig Bedeutung ist; der Tonnengehalt der ausklarierten Schiffe betrug 1900: 2,364,672, davon entfielen auf Dampfer 2,199,327. Die ägyptische Handelsflotte besteht aus 1500 Fahrzeugen, darunter 16 Dampfer auf dem Mittelländischen und dem Roten Meer und 40 auf dem Nil. Die Eisenbahnen hatten 1900 eine Länge von 3392 km; davon sind die wichtigsten Linien Kairo-Alexandria (211 km), Kairo-Suez (246 km) und Kairo-Assuân. Auf sämtlichen Eisenbahnen wurden 11,312,000 Passagiere befördert. Die Chausseen und Landstraßen hatten 1899 eine Länge von 1995 km. Die Telegraphen hatten 1900: 3510 km Linien, 15,101 km Drähte und beförderten in 312 Ämtern 3,288,662 Depeschen. Alexandria ist Landungsstelle von 5 Kabeln, 2 gehen nach La Valetta auf Malta, je 1 nach Sitia auf Kreta, nach Larnaka auf Cypern und nach Port Saïd. Die Überlandlinie von England nach Ostasien folgt der Eisenbahn-über Kairo nach Suez. Die Post hatte 1900: 912 Ämter und Landpoststationen, durch die 13,604,000 Briefe und Postkarten, 9,341,000 Drucksachen und Warenproben und 456,000 Postanweisungen mit 341,1 Mill. Mk. befördert wurden. Außer den durch den Suezkanal gehenden Postdampfern befördern die Post 6 mit Alexandria verkehrende Dampferlinien, darunter die ägyptische Chedivié. Ein deutscher Generalkonsul residiert in Kairo, Konsuln in Alexandria, Damiette, Kairo, Port Saïd, Suez; Vizekonsuln oder Konsularagenten in Kenneh, Luxor, Mansurah, Siut, Tantah und Zagâzîg.

Münzen. Die Einheit bildet der Piaster (Gersch). Das ägyptische Pfund = 20,75 Mk. ist in 100 Piaster und 1000 Oschr-el-Gersch geteilt; man rechnet aber den Piaster zu 40 Parà (Fadda, Medini) von 21/2 guten Aspern sowie nach Mariatheresientalern und andern fremden Währungen, wofür amtliche Tarife bestehen. im Großhandel auch nach Beuteln (Kis) zu 500 Piastern. Man hat Goldmünzen: das ägyptische PfundL. E.«, Sequin), 50 und 25 Gurusch, ferner 4 Silber-, 3 Bronze- und 1 Kupfermünze. Papiergeld gibt es nicht. Ältere Maße und Gewichte: für Längen der Pik oder Dirâa in 5 Größen, als Feldmaß der gewöhnliche Feddan = 59,29 Ar, für Hohlmaße der Ardeb von verschiedener Größe. 1 Derhem oder Dramm = 3,088 (nach engl. Quelle 3,120) g ist die Einheit der Gewichte, 12 D. = 1 Okieh (Uckijih); der Rottel der Regierung hat 15 Okieh = 444,73 (engl. 449.28) g, die gewöhnliche Oka 400 Derhem = 1,235 (engl. 1,248) kg, der Kantár oder Kuß je nach der Ware 36–100 Oken. Der Chedive verfügte 1. Aug. 1875 die Annahme des metrischen Systems für alle Angelegenheiten der Verwaltung.

Staatsverfassung und Verwaltung.

Ä. ist ein Tributärstaat der Hohen Pforte unter absoluter erblicher Herrschaft (Primogenitur) eines Fürsten, der seit 26. Juni 1867 den Titel Chedive (Vizekönig) und Hoheit führt und sich Chedive von Ä., Souverän von Nubien, des Sudân, Kordofans und Dar Fürs nennt. Durch die 1882 erfolgte englische Okkupation ist die Gewalt des Chedive wesentlich beschränkt worden, namentlich durch die Verwaltung der Staatsschuld seitens einer europäischen Kommission und Stellung der Armee unter einen englischen General. An die Hohe Pforte hat der Chedive jährlich 665,041 ägypt. Pfd. zu zahlen, bei welcher jetzt auch die Genehmigung zum Bau von Panzerschiffen, der früher gestattet war, einzuholen ist. Das Ministerium besteht aus 6 Departements, für Justiz, Finanzen, Inneres, öffentliche Arbeiten und Unterricht, Krieg und Marine und für auswärtige Angelegenheiten. Diese Ministerien sind sämtlich durch Ägypter besetzt; ein Oberkommissar der Hohen Pforte gehört dem Kabinett gleichfalls an. In allen Ministerien sind indes viele der höchsten Ämter mit Europäern besetzt, insbes. im Finanzministerium, im Sanitätsdienst, bei den öffentlichen Arbeiten, im Eisenbahn-, Post-, Telegraphen- und Zollwesen. Eingeteilt wird das Land administrativ in Unterägypten mit 6 Gouvernoraten und 6 Mudiriehs, Oberägypten mit 2 Gouvernoraten und 8 Mudiriehs und Sudân mit 6 Provinzen. Die Einteilung in Gouvernorate oder Mohafizate besteht nur für 8 Städte, die in ihrer Verwaltung von dem übrigen Ä. völlig unabhängig sind. An der Spitze jeder der Mudiriehs oder Provinzen steht ein Mudir; ihm zur Seite ein Diwan, sein Stellvertreter, oder Wakil, ein Chefingenieur, ein Obermedizinalrat, dem auch das obligatorische Impfwesen untersteht, ein Rendant (Saraf) und ein Polizeibureau. Unter dem Mudir stehen die Kreisverwalter (Kâschif) und die Kantonverwalter (Nazir el kism), von denen die Dorfvorsteher (Schêch el Beled) und die Vorsteher der Quartiere der Städte (Schêch el Tume) ressortieren. Der Mudir verwaltet die Provinz in administrativer, finanzieller und politischer Beziehung und entscheidet auch in allen Rechtssachen, die nicht in die Kompetenz des religiösen Gerichts, dem ein Kadi vorsteht, fallen. Eine der wichtigsten Obliegenheiten des Mudirs ist die Eintreibung der Steuern. Der Sitz aller Zentralbehörden sowie die gewöhnliche, nur periodisch mit Alexandria wechselnde Residenz des Chedive ist Kairo. Amtssprache ist Arabisch.-

Rechtspflege. Zur Zeit bestehen in Ä. nicht weniger als vier getrennte Gerichtsbarkeiten: 1) die gemischten Tribunale für alle Zivilstreitsachen, bei denen die eine Partei ein Europäer ist, 2) die einzelnen Konsulargerichte für alle strafbaren Handlungen der Europäer, 3) die einheimischen Tribunale für Zivil- und Strafsachen der Einheimischen, 4) das Mehkemeh, welches die auf den Personalstatus der Einheimischen sich beziehenden Fragen nach dem Scheriat, dem religiösen Gesetz des Islam, entscheidet. Die Muftis sind die Rechtsgelehrten und Erklärer der islamitischen Rechtssatzungen. Die Mudirs und Kadis (s. oben) sind die eigentlichen Richter. Mufti und Kadi gehören zum Stande der Ulema, der Gelehrten. Unter Said Pascha erschien ein Gesetzbuch, El Kanun, eine wunderliche Verschmelzung von religiösem und weltlichem Rechtswesen. Später wurden Richterkollegien nach moderner Fassung, Handelsgerichte etc. eingesetzt. Die erst vor wenigen Jahren eingerichteten gemischten Tribunale werden auf 5 Jahre ernannt, sie sind internationaler Natur und ohne Kontrolle irgend welcher Art.

Finanzen. Die heillose Wirtschaft der frühern Chediven zerrüttete die Finanzwirtschaft auf das äußerste, während sie von den armen Eingebornen die größten Opfer verlangte. Von den Steuern kommen besonders drei in Betracht, die Grundsteuer (Scharâg), die Einkommensteuer (Werko) und die Marktsteuer (Himl). Die Grundsteuer wird nicht erhoben von den frühern Privatgütern des Chedive, jetzt Staatsdomänen (Tschistüks), die 178,747 Hektar ausmachen, in ermäßigter Weise von den sogen. Ibadiyeländereien (15,068 Hektar), die Arbeitern zur Urbarmachung mit vollem Eigentumsrecht verliehen sind (s. oben). Die letztgenannten Ländereien sind die drei ersten Jahre steuerfrei und zahlen von da ab 10 Proz. Hauptsächlich lastet die Grundsteuer auf den sogen. Regierungsgrundstücken (Arâdi el Miriye), die alle Jahre neu abgeschätzt, nach der Güte des Bodens in drei Klassen geteilt werden und für den Feddan (44,5 Ar) in Unterägypten 20–125, in Oberägypten 25–70 Piaster zu zahlen haben, während der zu zahlende Zehent in Unterägypten auf 10, 18, 26, in Oberägypten auf 8, 14, 20 Piaster festgesetzt ist. Die Einkommensteuer, von den Handwerkern, Basarinhabern und Kaufleuten zu zahlen, beträgt 4–20 Proz. Durch die englische Verwaltung wurde die Marktsteuer von den auf die städtischen Märkte zum Verkauf gebrachten Landesprodukten, durchschnittlich 11/2 Proz., nebst mehreren andern drückenden Steuern neuerdings abgeschafft, eine Herabsetzung und gleichmäßigere Verteilung der Grundsteuer in Angriff genommen, das unfruchtbare Land durch die sogen. Tawaliskommission von der Besteuerung ausgeschieden, die Fronarbeit, die dem Staate jährlich 400,000 ägypt. Pfd. (zu 20,7 Mk.) eintrug, 1890 aufgehoben und rückständige Steuern der Jahre 1889 und 1890 im Betrage von 619,000 ägypt. Pfd. erlassen. Die Finanzlage hat sich unter der englischen Regierung sehr günstig entwickelt. Im J. 1900 ergaben die Einnahmen 11,663,000, die Ausgaben 11,104,000 ägypt. Pfd., während dem allgemeinen Reservefonds 484,850 Pfd. überwiesen wurden. – Trotz der schon unter ägyptischer Regierung bedeutenden jährlichen Überschüsse ist die Staatsschuld stetig gewachsen, Es wurde daher eine aus den Bevollmächtigten Österreich-Ungarns, Englands, Frankreichs, Italiens, Deutschlands und Rußlands bestehende Commission de la caisse spéciale de la dette publique in Kairo eingesetzt, welche die Staatsschuld zu verwalten hat. Diese Schuld bezifferte sich 31. Juli 1901 auf 103,438,580 Pfd. Sterl., wozu noch die Mukabalahschuld, eine innere Zwangsanleihe, die in 50 Jahresraten von 150,000 ägypt. Pfd. zu tilgen ist, und die Zinsen der 1875 von England angekauften Suezkanalaktien im Betrage von 393,858 ägypt. Pfd. kommen.

Heer und Flotte. Die reguläre Armee unter Befehl eines englischen Generals umfaßt rund 12,500 Köpfe und zwar: 9 ägyptische Bataillone, 6012 Mann, 5 sudanesische Bataillone, 3795 Mann, 1 Kavallerieregiment, 773 Mann, 6 Batterien, 861 Mann, 2 Kamelkorps, 304 Mann, zusammen 11,745 Mann. Die aktive Dienstzeit beträgt 6 Jahre und 5 Jahre bei der Polizei, welche die 1. Reserveklasse der Armee bildet. Die Polizei, zu der auch Ausländer angeworben werden, ist, abgesehen von kleinen Abteilungen am Suezkanal etc., in 4 Divisionen fest organisiert, die mit 39 Offizieren, 1391 Mann für Oberägypten, 52 Offizieren, 1910 Mann für Unterägypten, 25 Offizieren, 1227 Mann für Kairo und 19 Offizieren, 653 Mann für Alexandria (zusammen 6250 Mann) bestimmt sind. Die Stärke der englischen Besatzungstruppen beträgt etwas über 3000 Mann, gegliedert in 3 Bataillone Infanterie, 1 Eskadron Kavallerie, 1 Batterie Artillerie, 1 Kompagnie Genie; außerdem an Offizieren des Generalstabes, Administration etc. etwa 200 Köpfe. Vgl. Wingate, Mahdiism and the Egyptian Sudan (Lond. 1891). Die von Mehemed Ali geschaffene, aber schon in seinen letzten Regierungs jahren vernachlässigte Flotte zählt 2 Jachten des Vizekönigs, 3 Transportdampfer, 3 Depeschenkreuzer, 14 Heckrad-Flußkanonenboote, 11 Küstenwachtdampfer, 4 Segler und 1 Schlepper.

Das Wappen des Vizekönigs ist ein blauer runder Schild, darin ein silberner wachsender (die Spitzen nach links kehrender) Halbmond, gefüllt mit drei silbernen Sternen. Der breite Rand des Schildes ist abwechselnd mit einem Stern und je zwei abgewendeten Halbmonden belegt (s. Tafel »Wappen IV«, Fig. 12). Die Kriegs- u. Handelsflagge ist rot mit weißem Halbmond und siebenstrahligem weißen Stern (s. Tafel »Flaggen I«)

II. Das alte Ägypten.

Die Abstammung der Ägypter ist noch in tiefes Dunkel gehüllt und wird wohl auch niemals ganz aufgeklärt werden. Die Ägypter selbst zweifelten nicht daran, daß sie in ihrem Lande ureingesessen seien und nannten sich kurz die »Menschen« (rômet), während sie im Unterschied von sich ihre östlichen Nachbarn, die semitischen Bewohner Syriens und der Sinaihalbinsel als 'amej, die südlichen Neger im obern Niltal als Nehsej und die Libyer im Westen als Temeh bezeichneten und als besondere Rassen bildlich genau charakterisierten. Die Wissenschaft hat dagegen festgestellt, daß die altägyptische Sprache in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu den sogen. semitischen Sprachen Vorderasiens und Abessiniens, zu gewissen ostafrikanischen Sprachen (Bischari, Galla, Somal) und den sogen. Berbersprachen Nordafrikas steht, und daß sich die alten Ägypter, ebenso wie ihre modernen Nachkommen, in ihrem Äußern und ihrem Körperbau gleich stark von den asiatischen Semiten wie von den Negern Innerafrikas unterschieden. Es ist nun nicht unwahrscheinlich, daß in einer fernen Urzeit das Niltal eine Negerbevölkerung besessen hat; von Asien, vermutlich von Arabien aus, kam dann ein semitischer Beduinenstamm, ähnlich wie auch im 7. Jahrh. unsrer Zeitrechnung, ins Land, eroberte es und über trug seine Sprache auf das eingesessene Volk. In entsprechender Weise haben sich semitische Beduinenschwärme auch nach Nord- und Ostafrika ergossen und dort die Berbersprachen und die ostafrikanischen Sprachen geschaffen. Anders erklärt neuerdings Georg Schweinfurth die Abstammung der Ägypter.

Die Sprache der alten Ägypter steht ursprünglich den semitischen Sprachen verwandtschaftlich nahe. Doch hat sie sich bereits in der Gestalt, wie sie in den ältesten uns erhaltenen Texten vorliegt, weit von jenen entfernt und weist in den Lauten, in der Wort- und Satzbildung und im Wortschatz erhebliche Unterschiede auf. Diese Abweichungen sind vielleicht so zu erklären, daß die Ureinwohner des Niltals von den Eroberern wohl die Sprache annahmen, aber ihr doch eine gewisse Eigenart ausgeprägt haben. Die ältesten ägyptischen Sprachdenkmäler gehen bis in das vierte Jahrtausend v. Chr. zurück, ausgestorben ist das Ägyptische erst im 17. Jahrh., vielleicht sogar noch später. Die Sprache hat während der vieltausendjährigen Dauer ihres Bestehens wesentliche Änderungen erfahren. Man unterscheidet jetzt folgende Hauptperioden der ägyptischen Sprache: 1) das Altägyptische, das in den sogen. Pyramidentexten (s. Pyramiden) und in den Texten des alten Reiches vorliegt und als gelehrte Literatursprache bis in die römische Zeit hinein verwendet worden ist; 2) die Volkssprache des mittlern Reiches, die in verschiedenen Handschriften aus dieser Zeit (dem Papyrus Westcar, dem medizinischen Papyrus Ebers u.a.) erhalten ist; 3) das Neuägyptische, die Volkssprache des neuen Reiches, die uns aus den zahlreichen Papyrushandschriften dieser Periode bekannt ist und seit der 20. Dynastie auch in offiziellen Inschriften zur Verwendung gekommen ist; 4) das Demotische, die in einer eigentümlichen Schrift überlieferte Volkssprache der saïtischen und griechisch-römischen Zeit; 5) das Koptische, die mit griechischer Schrift geschriebene Sprache der christlichen Ägypter. Die unter 1–4) angeführten Idiome sind ohne Vokale geschrieben (s. Hieroglyphen), nur ausnahmsweise läßt sich die Stelle erkennen, wo der alte Vokal stand. Im Koptischen sind dagegen auch die Vokale bezeichnet; daher ist dieses Idiom grammatisch am klarsten erkennbar und gibt uns vielfach auch die Mittel an die Hand, die Vokale der alten Wörter ungefähr zu bestimmen. Eine gesonderte Betrachtung der ältern Sprachperioden hat zuerst Adolf Erman in seiner »Neuägyptischen Grammatik« (Leipz. 1880), in der »Sprache des Papyrus Westcar« (Götting. 1889) und in der »Ägyptischen Grammatik« (2. Aufl., Berl. 1902, für Anfänger) durchgeführt und damit die ägyptische Philologie wesentlich gefördert; er hat auch das Verhältnis des Ägyptischen zu den semitischen Sprachen genauer festgestellt (»Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 46). Durch diese und andre Arbeiten ist für die Kenntnis der Wortbildungs- und Formenlehre sowie für die des Satzbaues in den Hauptsachen eine feste Grundlage allmählich gewonnen worden. Dagegen fehlt es noch an einem Wörterbuch, das über den gesamten ägyptischen Wortschatz, so weit er in hieroglyphischer und hieratischer Schrift (s. Hieroglyphen) erhalten ist, Aufschluß gibt. Zwar sind die ältern Wörterbücher, vor allem das von Brugsch herausgegebene »Hieroglyphische Wörterbuch« (Leipz. 1867–82), von größtem Nutzen gewesen, aber es mangelt ihnen doch die Vollständigkeit; auch gewähren sie keinen Überblick über das Vorkommen Eines Wortes in den verschiedenen Sprachperioden. Die Bearbeitung eines neuen »Wörterbuchs der ägyptischen Sprache«, das das gesamte, bisher bekannte Sprachmaterial behandeln und dem geschilderten Mangel abhelfen soll, ist jetzt im Gange.

Über Schriftwesen und Literatur s. Hieroglyphen.

Religion.

1) Die Götter. Trotz. der Menge von religiösen Texten, die aus dem alten Ä. erhalten sind, wissen wir von den ägyptischen Göttern verhältnismäßig noch wenig. Mit Sicherheit läßt sich sagen, daß ursprünglich jede Ortschaft ihre eigne Schutzgottheit besaß, an die sich die Bewohner mit Bitten wandten, und deren Gunst sie durch Opfergaben zu gewinnen suchten. Von diesen städtischen Göttern kennen wir sehr viele: Atum, den Gott von Heliopolis-On; Ammon, den Gott von Theben; Chnum, den Gott der Kataraktengegend von Assuân; Sobek, den Gott der Seelandschaft Fayûm. Häufig sind es auch Göttinnen, die als lokale Gottheiten verehrt wurden: so Hathor, die Göttin von Dendera; Neith, die Göttin von Sais, u.a. Häufig hatten die Schutzgötter nicht einmal eigne Namen, sondern hießen kurzweg nach dem Ort, in dem sie ihre Kultstätte hatten; so hieß der Ortsheilige der ober ägyptischen Stadt Edfu »der Edfuische«, die Göttin der Deltastadt Bast (Bubastis, s. d.) »die von Bast«. Meist war die Aufgabe dieser lokalen Schutzpatrone mit der Sorge über ihre Stadt erschöpft. Doch gab es auch einige, die noch besondere Befugnisse hatten und sogar im großen Weltgetriebe eine Rolle spielten. So war der thebanische Ammon und gewiß auch der Min von Koptos ein Erntegott, der den Feldern Fruchtbarkeit spendete, Sobek war ein Wassergott und Thout, der Heilige von Schmun (Hermupolis), war ein Mondgott, der die Zeiten und die Ordnung der Dinge geschaffen hatte und deshalb auch als Erfinder der Sprache und Schrift, als Gott der Gelehrsamkeit angesehen wurde. Gewann eine kleine Stadt an Macht und erlangte sie die Oberherrschaft über ein größeres Gebiet, einen Gau oder gar eine Koalition von Gauen, so nahm auch der Machtbereich ihres Gottes zu, der »städtische Gott« wurde zum Gaugott oder zur Staatsgottheit. So ist schon in vorgeschichtlicher Zeit der in Ombos verehrte Set zum Schutz herrn von Oberägypten, Horus von Béhtet (in Unterägypten) zum Patron des Deltareichs geworden, und in geschichtlicher Zeit sehen wir den Ammon (s. d.) allmählich zum Nationalgott des ägyptischen Weltreichs werden. Nicht selten wird es auch vorgekommen sein, daß die Bewohner einer Stadt auswanderten und sich anderswo niederließen; dann nahmen sie ihren Heiligen mit sich und bereiteten ihm an ihrem neuen Wohnort eine neue Kultstätte. Auf diese Weise sind vermutlich in vorgeschichtlicher Zeit manche unterägyptische Götter, wie Horus von Béhtet und Neith von Saïs, in Oberägypten eingedrungen. Oft sah man auch wohl, wie stark ein Heiliger eines andern Ortes seine Gemeinde beschützte und mit Wohltaten überhäufte, und entschloß sich deshalb, ihm gleichfalls ein Haus zu bauen. Neben den lokalen Gottheiten gab es nun noch eine beträchtliche Zahl niederer Götter, Dämonen und Geister, die Einfluß auf den Menschen hatten, ihm bei bestimmten Gelegenheiten nützen oder schaden konnten, und die man sich darum günstig zu stimmen suchte. Zu ihnen zählen z. B. die verschiedenen Geburtsgöttinnen, die den Frauen in ihrer schweren Stunde Beistand leisteten, der Toilettengott Bes u.a. Bisweilen hat man auch besonders angesehene Menschen nach ihrem Tod als Heilige verehrt und als Götter betrachtet, z. B. den Heiligen Imhotep (s. d.), einen Weisen der Zeit des Königs Zoser, ferner den Amenhotep (s. d.), Sohn des Hapu, einen Zeitgenossen des Königs Amenophis 111. Auch der später allgemein als Totengott angesehene Osiris ist wohl ein uralter König, der nach seinem Tode für heilig gehalten, und dessen Grab in Abydos vom ganzen Volke verehrt wurde (s. unten). – Schon frühzeitig hat man auch in Ä. über die Entstehung der Welt, den Lauf der Gestirne, den Wechsel von Tag und Nacht nachgesonnen und ist in naiver Weise zu dem Glauben gekommen, daß überirdische Mächte die Welt erschaffen haben, sich als Gestirne offenbaren und den Lauf der Natur lenken. Die Erde war ein Gott Geb, der Himmel die Göttin Nut; in den Urzeiten waren beide vereint, bis sie der Luftgott Schow voneinander trennte, indem er die Himmelsgöttin mit seinen Armen in die Höhe hob. Die Sonne war ein Gott Rē, der in seiner Barke bei Tage auf dem Himmelsozean fuhr, während er in der Nacht seine Fahrt auf einem entsprechenden Gewässer in der Unterwelt fortsetzte. Eine andre Anschauung stellte sich den Lauf der Sonne unter dem Bild eines Mistkäfers (Scarabaeus, s. Pillendreher) vor: wie dieser ein kleines Kügelchen, in das er sein Ei gelegt, vor sich herrolle, so schiebe auch ein großer Käfer das runde Sonnengestirn vor sich her.

In die große Menge von Gottheiten hat man nun an vielen Stellen Ordnung zu bringen versucht. Am beliebtesten war das System, daß man die verschiedenen, an einem Ort oder in mehreren Nachbarplätzen verehrten Götter zu Familien zusammenbrachte. So wurde z. B. in Theben, das aus mehreren Ortschaften mit verschiedenen Heiligen zusammengewachsen war, Ammon als Hauptgott verehrt, dem man die Göttin Mut als Gemahlin und den als Mondgott angesehenen Chons als Sohn beigesellte; in Memphis trat zu dem Schutzpatron der Stadt, dem Gotte Ptah, die Göttin Sechmet als Gemahlin und der Gott Nefertem als Sohn; in Elephantine, an der Südgrenze Ägyptens, wurden neben dem Hauptgott Chnum noch zwei Göttinnen, Satis und Anukis, gestellt. Besonders haben sich um die Ordnung der Götter die Theologen der uralten Stadt On-Heliopolis bemüht. Sie stellten eine Neunheit von Göttern zusammen, anderen Spitze der Lokalgott Atum trat; dann folgten die kosmogonischen Gottheiten Schow mit seiner Gemahlin Tefnut, der Erdgott Geb mit der Himmelsgöttin Nut; der Gott Osiris mit seiner Gattin Isis und der Schutzherr von Oberägypten Set mit einer Göttin Namens Nephthys. Den Gott Atum als den höchsten der Götter identifizierte man weiter mit dem Sonnengotte Re und dem gleichfalls als Sonnengott aufgefaßten Horos, »dem im Horizont befindlichen« (s. Horos). Diese theologischen Anschauungen von Heliopolis haben eine sehr weite Verbreitung im Lande gefunden; vor allem wurde dee Glaube, daß der Lokalheilige mit dem Sonnengott eins sei, allgemein angenommen, und demgemäß wurden die verschiedenen Lokalgötter nur für besondere Erscheinungen Rē erklärt. Auch sonst wurden Gottheiten des Götterkreises von Heliopolis mit lokalen Heiligen identifiziert: so wurde der alte Totengott Anubis, der »Herr der Westlichen«, mit Osiris zusammengestellt, die Göttin Hathor als eines Wesens mit Isis aufgefaßt. Hierdurch ist eine große Verwirrung in das ägyptische Pantheon gekommen, die niemals durch ein einheitliches theologisches System beseitigt worden ist. Der Versuch Amenophis' IV., die Lehre von Heliopolis, daß alle Götter nur besondere Formen des Re seien, in die Praxis umzusetzen und den Kultus der Sonne allgemein einzuführen, ist sehr schnell gescheitert (s. unten). – Die Vorstellungen, die man sich von den Göttern machte, waren sehr roh und erinnern stark an den Fetischdienst, in dem noch heute die Negerstämme Afrikas befangen sind. So wurde der Gott von Busiris in einem Pfahl, Min von Koptos in einer Steinsäule, Neith von Saïs in einem Schild mit zwei aufgenagelten Pfeilen verehrt. Andre Götter hatten ihren Wohnsitz in Bäumen. Das Gewöhnliche aber war, daß man sich die Gottheit als ein Tier dachte. So war Ammon ein Widder, Thout ein Ibis, Horus ein Sperber, Sechmet eine Löwin, Bastet eine Katze, die Schutzgöttin von Buto eine Schlange, die von Necheb ein Geier. Die Weltgötter und auch Osiris wurden als Menschen aufgefaßt. Hierdurch ist man wohl veranlaßt worden, auch den lokalen Fetischgöttern vielfach menschliche Gestalt zu verleihen, indem man dem Gotte den Kopf des ihm heiligen Tieres aufsetzte: so wurde Thout mit einem Ibiskopfe, Horus mit dem Kopf eines Sperbers, Sechmet mit einem Löwenkopfe etc. dargestellt. Das von der Gottheit besessene heilige Tier, das vielfach wie der Apis (s. d.) an besondern Abzeichen kenntlich war, wurde im Tempel gehalten; erst später wurden alle Exemplare derselben Gattung für göttlich angesehen und dementsprechend behandelt.

2) Der Unsterblichkeitsglaube. Auch in den Ansichten von dem Schicksal des Menschen nach dem Tode sind die Ägypter niemals zu einer einheitlichen Auffassung gelangt. Allgemein wohl herrscht nur der volkstümliche Glaube, daß der Mensch weiterlebt, wenn ihm die Bedingungen zu seiner Existenz gewährt werden. Er muß Speise und Trank zur Nahrung haben, sich wie im Leben putzen und schmücken können und Waffen zu seiner Verteidigung gegen etwaige Feinde besitzen. Diese notwendigen Gegenstände werden ihm denn auch ins Grab mitgegeben oder durch Gebete. die von den Hinterbliebenen gesprochen werden sollen, auf übernatürliche Weise verschafft. Im Jenseits, das man gewöhnl chin den Westen verlegt, gibt es ein fruchtbares Gelände, eine Art elysäischer Gefilde, in dem die Toten wie einst auf Erden die Flur bewässerten, säeten, pflügten und ernteten, und wo das Getreide sieben Ellen hoch wuchs. Wie die Lebenden standen auch die Toten unter dem Schutze der heimischen Götter, die für ihr Wohl und Wehe sorgten; nur in einzelnen Städten waren sie besondern Totengottheiten anvertraut, z. B. in Memphis dem Gotte Sokaris oder dem Wüstengott Anubis, dem »Herrn der Westlichen«, den man sich als Schakal vorstellte. An der Spitze der Toten stand der mythische König Osiris, dessen Grab in Abydos lag, und mit dem der jeweilige verstorbene König identifiziert wurde. Später nahm man an, daß jeder Mensch eins mit Osiris werden könne, und daß Osiris überhaupt der größte Totengott sei (s. Osiris). Eine andre Lehre nahm an, daß die Abgeschiedenen als leuchtende Sterne an den Himmel versetzt würden. Auch meinte man, daß der Mensch eine Seele habe, die nach dem Tode selbständig weiterlebe. Sie habe die Gestalt eines Vogels und könne bei Tage frei in der Welt umherfliegen, müsse aber bei Nacht, wo draußen böse Gespenster umgehen, in das Grab zurückkehren. Auch sonst war es ein Lieblingsgedanke der Ägypter, daß der Tote verschiedene Gestalten annehmen und sich mit Hilfe von Zaubersprüchen in alle möglichen Tiere oder Pflanzen (Schwalbe, Sperber, Widder, Lilie) verwandeln könne. Dagegen haben die Ägypter den Glauben an eine Seelenwanderung nicht besessen. – In der ältesten Zeit wurden die Leichen in hockender Stellung, später wie im Schlaf ausgestreckt ins Grab gelegt. Nachdem im alten Reiche die Idee Platz gegriffen hatte, daß die Fortexistenz des Menschen von der Erhaltung seines Körpers abhängig sei, sing man an, durch Einbalsamierung die Leichen vor Zerstörung zu schützen (s. Mumien). Die Eingeweide und andre edle Teile wurden aus dem Körper entfernt und in besondern Krügen (s. Kanopen) beigesetzt.

Kunst und Handwerk.

(Hierzu die Tafel »Altägyptische Malerei«.

1) Baukunst. In der ägyptischen Baukunst (s. Tafeln »Architektur I« und »Baustile I«) tritt ein ungemein kräftiger, fester und ernster Charakter hervor, der in Verbindung mit kolossaler Größe auf den Beschauer einen überwältigenden Eindruck macht. Charakteristisch für die ägyptische Architektur sind die verschiedenartigen Formen der Träger (Pfeiler und Säule), die sich bereits in den Schöpfungen des alten Reiches nachweisen lassen und sich mit nicht wesentlichen Änderungen bis in die griechisch-römische Zeit erhalten haben. Neben dem einfachen viereckigen Pfeiler finden wir den achtkantigen Pfeiler und die sogen. protodorische Säule. Ihr Schaft hat 16 leicht ausgehöhlte (kannelierte) Seiten und ruht auf einer runden Fußplatte, während eine viereckige Kopfplatte (Abakus) den Übergang zur Decke vermittelt. Weit häufiger als der Pfeiler ist die abgerundete Säule. Während jener aus dem Felsenbau entstanden ist, ist diese aus dem Holzbau hervorgegangen. Ihr Vorbild ist vielleicht die hölzerne Stütze, die mit allerlei Blumen verziert war. Die ägyptische Säule erhebt sich auf einer runden Basis und geht nach oben in ein Kapitäl über, auf dem die Kopfplatte ruht. Bei der Gestaltung der Säulen sind drei Pflanzen bevorzugt worden: eine Lotusart (Nymphaea lotus), der Papyrus (Cyperus papyrus) und die Dattelpalme. Bald entspricht die Säule einem einfachen Pflanzenstengel, bald stellt sie mehrere durch Bänder zusammengehaltene Stengel dar; das Kapitäl zeigt entweder die geschlossene Knospe oder die geöffnete Blüte. So haben wir entweder einfache Blumen säulen oder Bündelsäulen, Säulen mit geschlossenem (Knospen-) oder geöffnetem (Blüten-) Kapitäl, zu denen dann noch die schönen Palmensäulen treten. – Von ägyptischen Privatbauten ist nur wenig erhalten geblieben, da sie aus höchst vergänglichem Material, Lehm oder lufttrocknen Ziegeln, errichtet waren. Das Bauernhaus war wohl ebenso einfach wie heutzutage und enthielt kaum mehr als einen offenen Hof, in dem sich die Familie bei Tag aufhielt, und an den sich ein paar dunkle Schlafräume und Viehställe schlossen; eine Treppe führte vom Hof aus auf das flache, von Palmstämmen gebildete Dach, auf dem sich häufig noch ein paar kleinere Gemächer befanden. Auch in den bessern Wohnhäusern (s. Tafel »Wohnhaus I«) bildete der Hof den Mittelpunkt; auf seiner Rückseite erhob sich eine von Säulen getragene Halle. Von hier aus führte eine Tür in einen mehr breiten als tiefen Saal, und hinter diesem lag eine schmale, tiefe Halle, die wohl als Speisezimmer gedient haben mag. Dann folgten noch weitere Räume, während sich seitwärts die Frauenwohnung, Gemächer für die Dienerschaft, Küche, Vorratsräume und Ställe anschlossen. Auch die Königspaläste weisen dieselbe Anordnung der Räume, nur in größerm Maßstab auf. – Von den zahlreichen ägyptischen Tempeln, die dem Kultus der Götter geweiht waren, kennen wir bisher nur einen aus dem alten Reiche, das von König Ra-en-woser (5. Dynastie) erbaute, dem Sonnengott geweihte Heiligtum von Abu Gurâb bei Kairo. Auch von den Tempeln des mittlern Reiches sind uns nur wenig Reste erhalten geblieben, unter andern die Trümmer des Labyrinths (s. d.), die aber deutlich darauf hinweisen, daß sie ähnlich angelegt waren wie die der spätern Zeit. Von den Tempeln des neuen Reiches können wir uns ein klares Bild machen. In der einfachsten Form entsprach das Gotteshaus dem bürgerlichen Wohnhaus und enthielt dieselben Haupträume wie dieses. Die von zwei Reihen von Sphinxen (s. d.) eingefaßte Straße führte zu zwei großen Mauertürmen, dem sogen. Pylon, zwischen denen das Eingangstor lag. Durch dieses gelangte man in einen offenen Hof, der mit Säulenhallen umgeben war; an ihn schloß sich ein gleichfalls von Säulen getragener, breiter Saal, der meistens dreischiffig angelegt war, und hinter ihm lag das Allerheiligste, die eigentliche Wohnung des Gottes, in dem das Kultbild aufgestellt war. Oft liegen vor dem Allerheiligsten noch mehrere Säle, auch seitlich sind noch Räume angelegt. Viele Tempel sind nicht nach einem einheitlichen Grundplan erbaut, sondern allmählich entstanden und weisen daher eine kompliziertere Form auf als die hier geschilderte (z. B. der Tempel von Luksor, der große Tempel von Karnak). Die Felsentempel dagegen weichen in der Anlage von den freistehenden nicht ab. Die Innenräume sind mit religiösen Darstellungen geschmückt; nur die offenen Höfe und die Außenwände zeigen weltliche Bilder, z. B. Kriegsdarstellungen, Festzüge. Die Tempel der Spätzeit sind von denen des neuen Reiches nur wenig verschieden. – Auch die Gräber zeugen von dem hohen Stande der altägyptischen Baukunst. Es sind ursprünglich einfache Bauten mit rechteckiger Grundfläche und schrägen Wänden, sogen. Mastabas (s. d.), die aus Ziegeln oder Kalksteinblöcken ausgeführt wurden. Auch das Königsgrab der ältesten Zeit war eine solche Mastaba, aus der sich erst später die Pyramide (s. d.) entwickelt hat, die dann bis zum Anfang des neuen Reiches das typische Königsgrab blieb. Vielfach wurden die Gräber auch in Felsen angelegt, namentlich an Stellen, wo der Wüstenboden keinen Platz für freistehende Bauten bot. Auch die Königsgräber des neuen Reiches sind Felsengräber, die aus langen Korridoren und Sälen bestehen und oft, wie z. B. im Grabe Sethos' I., 100 m in den Berg hineinführen.

2) Bildhauerkunst und Malerei. Was in der ägyptischen Bildhauerkunst (s. Tafel »Bildhauerkunst I«) zunächst unsre Bewunderung fordert, ist die technische Geschicklichkeit der Künstler: aus Granit, Diorit, Kalkstein und andern sehr harten Gesteinen sind die Statuen mit meisterhafter Präzision gemeißelt und auf das sauberste geglättet. Das Gesicht ist meist individuell gestaltet, während die Körperformen schematisch behandelt sind. Alle Statuen, in sitzender, hockender oder schreitender Stellung, haben eine sich stets gleichbleibende steife Haltung: Kopf und Rumpf sind streng symmetrisch gebildet; nur bei den Armen und Beinen hat man sich geringe Freiheiten erlaubt. Es herrscht hier, wie in der Kunst aller primitiven Völker, das »Gesetz der Frontalität«, das erst von den Griechen in der Blütezeit ihrer Plastik durchbrochen worden ist. Die ältesten Statuen zeigen noch eine gewisse Unbeholfenheit; aber bereits im Anfang der 4. Dynastie nahm die Kunst einen schnellen Aufschwung und erreichte in der 5. Dynastie ihren Höhepunkt. Dieser Blütezeit gehören die berühmten Statuen des Rahotep und seiner Frau, des Dorfschulzen (alle im Museum von Kairo) und des Schreibers im Louvre an. Von den Statuen des mittlern Reiches halten die meisten einen Vergleich mit denen der ältern Zeit nicht mehr aus; doch finden sich unter ihnen auch sehr gute Werke namentlich der dekorativen Kunst, z. B. die schönen, früher den Hyksos zugeschriebenen Sphinxe, die Statue Amenemhēts III. in Kairo u.a. Dasselbe läßt sich von den Werken des neuen Reiches sagen: während in den Statuen der Privatleute das Gesicht mehr und mehr in nüchterner Weise idealisiert und das Hauptgewicht auf die Wiedergabe der komplizierten Haartracht, der modischen Gewänder, der mannigfachen Schmucksachen gelegt wird, finden sich unter den Arbeiten der Großplastik Stücke allerersten Ranges: die liegenden Löwen, die Amenophis III. in einen nubischen Tempel weihte, sind von unvergleichlicher Größe der Auffassung; die Königsstatuen Ramses' II. und Haremhebs, der Kopf der Göttin Mut und des Mondgottes Chons (beide aus Karnak, im Museum von Kairo) verdienen auch neben den ältern Werken Bewunderung. In der 20. Dynastie verfiel die Kunst, um dann seit der Äthiopenzeit unter Anlehnung an ältere Werke noch eine kräftige Nachblüte zu entfalten. – Das Verständnis der ägyptischen Reliefs, bei denen man Flachrelief und Hohlrelief (Koilanaglyph, s. d.) unterscheidet, wird dem Laien durch die eigentümliche Art der Zeichnung sehr erschwert, die, in vorgeschichtlicher Zeit entstanden, wie eine heilige Überlieferung allezeit bewahrt worden ist. Danach wird bei der menschlichen Figur der Kopf von der Seite, das Auge dagegen von vorn gezeichnet; die Schultern werden von vorn, Beine und Füße wieder von der Seite gegeben; bei der Wiedergabe des Rumpfes wird die hintere Kontur von vorn, die vordere von der Seite gezeichnet. Auch das Unvermögen, perspektivische Verkürzungen wiederzugeben, gab Anlaß zu befremdlichen Darstellungsweisen. Weit besser sind die Zeichnungen von Tieren gelungen, auf deren naturgetreue Wiedergabe die Künstler sehr viel Liebe und Sorgfalt verwendet haben. Auch bei der Darstellung fremder Völkertypen ist das nicht selten humorvolle Charakterisierungstalent der ägyptischen Meister zu bester Entfaltung gekommen. Die Blütezeit des ägyptischen Reliefstils fällt in die 5. Dynastie; wenn auch in späterer Zeit der Typenschatz der darzustellenden Szenen sich stark vermehrt hat, so hat man doch in der Feinheit der Reliefbehandlung nie wieder die Vollkommenheit von damals erreicht. In der 18. Dynastie macht sich in der Zeichnung eine freiere, realistischere Richtung geltend, die unter Amenophis IV. zu Auswüchsen führte und darum in der Folgezeit wieder verlassen wurde. Sehr lebhaft, wenn auch wenig übersichtlich sind die Schlachtdarstellungen auf den Tempelwänden der 19. und 20. Dynastie. Auch im Relief ahmt man seit der Äthiopenzeit wieder die Vorbilder des alten Reiches nach, technisch mit großem Erfolg, aber ohne die unmittelbare Frische und Natürlichkeit der alten Stücke. Sämtliche Reliefs waren farbig. – Die Malerei ist in der Art der Zeichnung von der der Reliefs nicht unterschieden; man brachte farbige, auf Stuck gemalte Wandbilder nur an, wo das Material für Reliefs ungeeignet war. Vgl. beifolgende Tafel und Tafel »Ornamente I«, Fig. 6–15.

3) Kunsthandwerk. Durchaus Vollendetes hat das ägyptische Kunsthandwerk geleistet. Insbesondere haben sich die Goldschmiede und Metallarbeiter die vollkommenste Herrschaft über das Material angeeignet und ihren Werken einen Reiz der Form verliehen, wie er nur auf einem Höhepunkte materieller Kulturentwickelung vorkommt. Hauptsächlich herrschen Pflanzenornamente vor, bei denen stilisierte Lotos und Papyrus die Hauptrolle spielen. Beispiele ägyptischer Kunstfertigkeit s. auf den Tafeln »Gemmen« (Fig. 10,12,16), »Grabmäler« (Fig. 1), »Kostüme I« (Fig. 1–3), »Musikinstrumente III« (Fig. 13), »Ringe« (Fig. 1,2,4), »Schiffstypen I« (Fig. 1).

Geschichte Ägyptens.

Ägypten im Altertum.

[Zeitrechnung der alten Ägypter.] Das Kalenderwesen ist schon in sehr früher Zeit in Ä. geordnet worden. Man begann das Jahr mit dem Tag, an dem der Nil zu steigen anfing, und zählte von einer Überschwemmung zur andern, der bäuerlichen Beschäftigung folgend, drei Jahreszeiten: die Überschwemmung, die Zeit des Sprossens der Saat und die Erntezeit. Astronomisch wurde der Jahresanfang durch eine gute Beobachtung festgelegt. Man hatte nämlich gesehen, daß der Tag, an dem die Nilüberschwemmung in der Regel eintrat, zusammenfiel mit dem Tag, an dem der hellste Fixstern, der Sirius (ägyptisch Sothis), zuerst wieder in der Morgendämmerung sichtbar wurde. Die Zeit von einem solchen Frühaufgang zum andern betrug 3651/4 Tage, fiel also fast genau mit dem astronomischen Sonnenjahr zusammen. Im bürgerlichen Leben hat man sich freilich in alter Zeit dieses Jahres nicht bedient. Man rechnete hier nach 12 Monaten zu je 30 Tagen, denen man am Jahresschlusse noch fünf Schalttage hinzufügte, um nicht allzusehr von dem natürlichen Jahr abzuweichen. Da aber dieses Jahr um einen Vierteltag kürzer war als das astronomische Siriusjahr, so entfernte sich der Neujahrstag des bürgerlichen Jahres von dem Siriusneujahr (20. Juli) alle vier Jahre um einen vollen Tag. Erst nach Ablauf von 1460 bürgerlichen Jahren konnten beide Neujahrstage wieder zusammen gefeiert werden. Trotz dieser Schwierigkeiten ist aber erst unter der römischen Herrschaft, endgültig sogar erst nach Einführung des Christentums, das Siriusjahr von 3651/4 Tagen an die Stelle des bürgerlichen Jahres von 365 Tagen getreten. Auch eine feste Ära haben die Ägypter nicht besessen. Sie bestimmten die zeitlich festzulegenden Ereignisse nach den Regierungsjahren der Könige. Um nun zu wissen, wann ein früherer König regiert hatte, führten die Priester der Tempel große Listen, in denen die Namen der Herrscher samt der genauen Dauer und wichtigen Ereignissen ihrer Regierung verzeichnet waren. Von diesen Annalen ist nur das Bruchstück eines einzigen erhalten geblieben, der aus der 5. Dynastie stammende Stein von Palermo. Auf derartigen Annalen beruhen die größern Regentenverzeichnisse, von denen wir leider auch nur ein ziemlich vollständiges besitzen, den im Turiner Museum befindlichen Königspapyrus. Er enthält die Namen von etwa 220 Königen, von Menes, dem ersten indischen Herrscher, bis zur Hyksoszeit; bei jedem war die Dauer seiner Regierung angegeben. Ähnlicher Art sind auch die verschiedenen Königslisten, die auf Grab- oder Tempelwänden eingemeißelt waren (Königsliste von Abydos, Karnak, Sakkâra), sowie die wertvollen Verzeichnisse der ägyptischen Könige, die uns von dem Geschichtswerke des Manetho (s. d.) erhalten geblieben sind. Die Manethonischen Listen haben lange Zeit als die Hauptquelle der ägyptischen Chronologie gegolten, doch hat man jetzt von ihnen nicht viel mehr als die sehr praktische Einteilung der ägyptischen Könige in 31 Dynastien beibehalten. Da das vorhandene Material kein vollständiges Verzeichnis aller ägyptischen Herrscher bietet, so ist eine genaue Chronologie unmöglich. Man ist darauf angewiesen, ungefähr die Zeiträume auf Grund der Daten der Denkmäler, des Turiner Papyrus, der vorhandenen Genealogien abzuschätzen. Einige astronomisch berechnete Zeitangaben bieten für dieses schwankende Gebäude festere Stützen; so ist auf Grund von sichern Nachrichten über den Ausgang des Sirius das siebente Regierungsjahr Senwosrets III. auf 1876–73 v. Chr., das neunte Jahr Amenophis' I. auf 1545–42, die Regierung Thutmosis' III. auf 1515–1461 (nach andern 1503–1449) berechnet worden. Weitere Anhaltspunkte bieten die gleichzeitige Regierung Amenophis' IV. von Ä. und Burnaburiasch' II. von Babylonien; letzterer hat um 1400 regiert, danach muß ersterer um 1415–4390 angesetzt werden; ferner wissen wir aus der Bibel, daß Scheschonk I. (Sisak) zur Zeit Rehabeams (928) den Tempel von Jerusalem geplündert, und endlich auf Grund der griechischen Überlieferung, daß Psammetich I. um 663 den ägyptischen Thron bestiegen hat. – Unsre Jahreszahlen für die ägyptische Geschichte sind meist ungenau und können für die ältere Zeit selbst um Jahrhunderte schwanken. Man teilt die ägyptische Geschichte der bessern Übersicht halber in mehrere Perioden, die »Reiche« oder »Zeiten« genannt werden; daneben geht die Manethonische Dynastieneinteilung.

1) Die vorgeschichtliche Zeit Ägyptens, welche die spätere Überlieferung mit einer Herrschaft der Götter und Halbgötter auszufüllen sucht, läßt sich nur in den Grundzügen wiederherstellen. Als sicher darf gelten, daß das Land ursprünglich kein einheitliches Reich bildete, sondern in eine Reihe kleiner selbständiger Fürstentümer zerfiel. Sie wurden von Herzögen regiert und haben sich in den Gauen oder Nomen (Provinzen) noch in historischer Zeit erhalten. Aus diesen Kleinstaaten haben sich dann allmählich zwei Reiche entwickelt: das Nordland, dessen Gebiet das heutige Nildelta bis in die Gegend von Kairo umfaßte, und das Südland, das sich von Kairo aus bis zum kleinen Katarakt von Assuân erstreckte. Der König des Nordlandes, der auf dem Haupte die »rote« Krone trug, residierte in der Stadt Behtet (dem heutigen Damanhûr) im westlichen Delta. Hier war auch die Hauptkultusstätte des Horus, des Schutzheiligen des Nordlandes. Der König des Südlandes, dessen Schmuck die »weiße« Krone bildete, hatte seinen Sitz in Ombos (auf dem westlichen Nilufer, etwas nördlich von Luksor), wo der Gott Set als Schützer dieses Landesteils verehrt wurde. Aus den Kämpfen, die beide Staaten miteinander führten, ging schließlich der Norden siegreich hervor. Es entstand ein einheitliches ägyptisches Reich mit der Hauptstadt On (Heliopolis), die auch der geistige Mittelpunkt wurde, und deren Priesterschaft auf die Ausgestaltung der ägyptischen Religion einen maßgebenden Einfluß ausgeübt hat (s. oben). Das Reich von Heliopolis hatte aber keinen dauernden Bestand, es löste sich wieder auf, und die frühere Zweistaaterei trat von neuem ein. Unterägyptische Könige herrschten in Dep (Buto) unweit der Mittelmeerküste, oberägyptische in Nechen (Hierakonpolis) im Süden. Die Schlangengöttin von Dep war die Schutzgöttin des Nordreiches, der Geier von Nechbet (gegenüber von Nechen gelegen) die des Südens. Auch jetzt kam es wieder zu Kämpfen zwischen beiden Ländern; die Hierakonpoliten besiegten schließlich ihre nordägyptischen Gegner und schufen ein neues Einheitsreich. In diese vorgeschichtliche Periode gehören mehrere Nekropolen, die in Oberägypten seit 1895 entdeckt worden sind (Ballâs, Ahaiwe u.a.); auch der große Sphinx von Gizeh ist vielleicht dieser Zeit zuzuweisen.

Die in Ä. während der ersten Dynastien vorhandene Kulturstufe erscheint als höchste Entwickelung der jüngern Steinzeit, da unter den Artefakten jener Zeit kunstvoll gearbeitete Steinkrüge, Vasen aus Marmor, Figuren aus Bergkristall, Porphyr und Granit, Scheiben und Tierfiguren aus Grauwackenschiefer eine hervorragende Stelle einnehmen, während Gegenstände aus Metall nur spärlich angetroffen werden. Auf einer Länge von 800 km finden sich in Ä. längs des Nils neolithische Werkzeuge, darunter Formen, die den europäischen vollkommen analog sind und z. T. auch die in Europa weitverbreitete Muschelung des Feuersteins aufweisen. In Oberägypten unweit Abydos finden sich Nekropolen, rechtwinkelige, aus ungebrannten Backsteinen aufgebaute und mit engen Nischen für die Toten ausgestattete Gruben. Daß der neolithischen Kultur Ägyptens eine ältere Steinzeit vorausgegangen ist, wird bezeugt durch die Auffindung von roh zugehauenen Feuersteinwerkzeugen, Feuersteinlamellen und mit Schlagmarken versehenen Steinkernen in dem Wüstengebiet westlich und östlich vom Niltal. Über die Bestimmung jener Steinartefakte, die man wegen ihrer Form als Eselshufe bezeichnet, ist nichts Näheres bekannt. Man begegnet in den Diluvialablagerungen Ägyptens nicht selten Steingeräten, die dem Schaber und dem Fauststein von Chelles aufs genaueste entsprechen. Auch zu Theben, Tuch und Abydos sind Werkzeuge des paläolithischen Menschen aufgefunden worden. Vgl. Schweinfurth, Über den Ursprung der Ägypter (»Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft«, 1897); de Morgan, Recherches für l'origine de l'Égypte (Par. 1898); E. Fraas, Anthropologisches aus dem Lande der Pharaonen (im »Korrespondenzblatt für Anthropologie«, 1898); Henning, Die neuesten Forschungen über die Steinzeit und die Zeit der Metalle in Ä. (»Globus«, Bd. 72 u. 74).

2) Die ältere geschichtliche Zeit (1. und 2. Dynastie), vor 2700 v. Chr. Der erste König, der vielleicht auch Ä. wieder geeinigt hat, ist Menes. Er residierte in This (Oberägypten) und soll Memphis, die spätere Hauptstadt des Reiches, und das Heiligtum ihres Hauptgottes Ptah gegründet haben. Sein großes, aus Ziegeln gemauertes Grab hat man bei Nagâde, in der Nähe von Ombos (s. oben), wiedergefunden; die Grabstätten seiner Nachfolger, vielleicht auch einiger seiner Vorgänger, liegen bei Abydos, unweit von This. Sonst wissen wir von den Herrschern dieser Zeit nur wenig.

3) Das alte Reich (3.–6. Dynastie), etwa 2700 bis 2200 v. Chr., ist eine Zeit großer materieller und künstlerischer Blüte. Die Residenz wird nach Memphis verlegt, und hier haben sich die Könige auch ihre gewaltigen Gräber, die Pyramiden, errichtet. Die älteste uns bekannte ist die Stufenpyramide von Sakkâra, das Grab des Königs Zoser (3. Dynastie), dem Manethos überhaupt die Erfindung des Baues mit bearbeiteten Werksteinen zuschreibt. Die drei größten Pyramiden rühren von den ersten Herrschern der 4. Dynastie (Cheops, Chefren, Mykerinos) her. Die Pyramiden der 5. Dynastie liegen bei Abusir, die der 6. bei Sakkâra; die letzten sind von besonderet Bedeutung, da sie sehr wichtige religiöse Schriften, die sogen. Pyramidentexte, enthalten. Um die Pyramiden herum liegen die kleinern Grabbauten der Großen, die uns mit ihren zahlreichen Inschriften und bildlichen Darstellungen ein klares Bild von dem Staate des »alten Reiches« und seiner Kultur vor Augen stellen: an der Spitze steht als absoluter Herrscher der Pharao, von dem eine bis ins Feinste gegliederte Beamtenschaft abhängig ist. Auch nach außen entfaltete das Königtum seine Macht: auf der Sinaihalbinsel wurden Kupferbergwerke angelegt und gegen die Nomaden dieser Gegend Kriegszüge unternommen; im S. wurde gegen die Nubier gekämpft und Handelszüge bis in den Sudan und auf dem Seewege nach dem Weihrauchlande Punt (etwa an der Somalküste) ausgeführt. Auch die Kunst stand in hoher Blüte (s. oben). Unter der 6. Dynastie erlahmt die Königsmacht, die Gaufürsten treten selbständiger auf. Schließlich löst sich der Staat in mehrere Fürstentümer auf, die sich gegenseitig die Herrschaft streitig machen (Dynastien 7–11). Aus diesen Kämpfen gehen schließlich die Fürsten von Theben siegreich hervor und vereinigen Ober- und Unterägypten wieder zu einem Reiche.

4) Das mittlere Reich (12.–14. Dynastie), 2000 bis 1700 v. Chr., eine neue Zeit der Blüte, die sich in zahlreichen Bauwerken äußert. Die absolute Monarchie der Pyramidenzeit ist verschwunden, Ä. ist ein Feudalstaat, in dem neben dem Könige die großen Lehnsherren selbständig hervortreten. Diese verringerte Macht des Herrschertums tritt schon äußerlich in den wesentlich kleinern Grabbauten hervor, die in der Nähe der Residenz (in der 12. Dynastie südlich von Memphis bei Dahschur und Lischt und im Fayûm) erbaut wurden. Die Fürsten legen sich ihre Gräber in den heimatlichen Gauen an. Nach außen wird die Herrschaft über das untere Nubien fest begründet, auch mit Syrien und den Inseln des Ägäischen Meeres sind enge Handelsbeziehungen gepflegt worden. Von den Königen sind drei, Namens Senwosret, zu erwähnen, in denen das Urbild des griechischen Sesostris (s. d.) zu erkennen ist. Amenemhêt III. (12. Dynastie) ist der Erbauer des berühmten Labyrinths (s. d.). Unter der 13. Dynastie hielt sich Ä. noch eine Zeitlang auf der Höhe seiner Macht; dann aber trat eine Periode des Verfalls ein (14. Dynastie). Schließlich wurde das Land von einem asiatischen Volke, den Hyksos (s. d.), erobert und längere Zeit beherrscht. Allmählich gelang es den thebanischen Fürsten, die zuerst Vasallen der Hyksos gewesen waren, ihre Kräfte zu sammeln; sie erlangten die Herrschaft in Oberägypten, und König Amosis (17. Dynastie) verjagte schließlich die Feinde aus dem Lande.

5) Das neue Reich (18.–20. Dynastie), 1550–1100 v. Chr., die Epoche der ägyptischen Großmacht. Schon von dem ersten Könige der 18. Dynastie, Thutmosis I., wurde Nubien bis in die Gegend von Dongola unterworfen und unter eine feste ägyptische Verwaltung gestellt; er unternahm ferner einen großen Feldzug nach Asien und drang bis jenseit des Euphrat vor. Der eigentliche Begründer der ägyptischen Weltmacht ist aber Thutmosis III. (um 1500 v. Chr.), eine der kraftvollsten Erscheinungen der ägyptischen Geschichte. Er eroberte Syrien und machte es zur ägyptischen Provinz. In ganz Vorderasien wurde Ä. die Vormacht, und selbst auf die griechische Welt übte die ägyptische Kultur ihren Einfluß aus, wovon die Funde in den Gräbern der mykenischen Zeit und die Paläste von Tiryns und Kreta ein deutliches Zeugnis ablegen. Die Herrscher der großen Reiche Mesopotamiens, Babylonien, Assyxien und Mitani (am obern Euphrat), traten mit Ä. in enge Beziehungen und schickten dem Pharao Geschenke. Durch die Tribute der unterworfenen Völker flossen ungeheure Reichtümer in das Land, besonders nach Theben, das jetzt zur Reichshauptstadt geworden war. Das ganze Staats- und Volksleben wurde durch diese neuen Verhältnisse von Grund aus umgestaltet. Der von Thutmosis III. angebahnte Verkehr mit den asiatischen Königen hielt unter seinen Nachfolgern, namentlich unter Amenophis III. und IV, (um 1400 v. Chr.), noch an. Der Fund von El Amarna (s. d.), der einen Teil des ägyptischen Staatsarchivs enthält, hat die diplomatischen Schreiben der fremden Herrscher an die Pharaonen zu Tage gefördert und gewährt interessante Einblicke in die internationalen Beziehungen dieser Zeit, die namentlich in gegenseitigen Heiraten und Geschenksendungen zum Ausdruck kamen. Schließlich wurde auch das religiöse Gebiet von dem Geiste der neuen Zeit berührt. Amenophis IV. versuchte an die Stelle der alten Religion die Verehrung einer einzigen Gottheit, des Sonnengestirns, einzuführen; viele der alten Götter, besonders die thebanischen, wurden fanatisch verfolgt, ihre Bilder und Namen ausgetilgt. Doch bald nach dem Tode dieses Königs brachen innere Wirren aus, in denen die neue Religion wieder abgeschafft wurde. Mit Haremheb, der die Ordnung wiederherstellte, kam eine neue Dynastie, die 19., zur Herrschaft. Mittlerweile war im nördlichen Syrien ein neues Reich, das der Cheta (Hethiter), entstanden, das seine Macht auch auf die ägyptischen Besitzungen auszudehnen suchte. Sethos I. und Ramses II. (s. d.) hatten langwierige Kriege mit ihnen zu führen, bis es schließlich zu einem Friedensschlusse kam, in dem das eigentliche Palästina in ägyptischem Besitze belassen wurde, während die nördlichen Gebiete dem Hethiterreiche tributpflichtig wurden. Ramses' II. Nachfolger, Merenptah, hatte einen großen Angriff libyscher Stämme, die, mit Seeräubern von den Küsten und Inseln des Mittelländischen Meeres verbündet, in das westliche Delta eingefallen waren. Dann kam es wieder zu Bürgerkriegen, aus denen die 20. Dynastie hervorging. Ramses III. (um 1200 v. Chr.) kämpfte mit Glück gegen die Libyer und gegen einen Ansturm fremder Völker, der sich von Kleinasien her zu Wasser und zu Lande gegen Ä. gerichtet hatte. Die Nachfolger Ramses' III. wurden ein Spielball in den Händen der mächtigen thebanischen Oberpriester, die schließlich mit Herihor den Thron bestiegen (um 1100 v. Chr.).

6) Die Zeit der Fremdherrschaften (21.–25. Dynastie), 1100–663 v. Chr. Die Hohenpriester herrschten nicht lange über das ungeteilte Ä. In Tanis (s. d.) erhob sich eine neue (21.) Dynastie, die sich mit den Hohenpriestern verschwägerte, so daß tanitische Prinzen die einträgliche Würde des Hohenpriesters von Theben erlangten. Nubien machte sich selbständig, vielleicht unter den Nachkommen der thebanischen Priester; auch Palästina ging dem Reiche verloren. In diese Zeit fällt die Eroberung Palästinas durch die Hebräer. Neben den Priestern waren die Söldner die stärkste Macht im Staate; namentlich Condottieri libyschen Stammes, die sich im östlichen Delta angesiedelt hatten, spielten eine große Rolle. Einer derselben, Scheschonk I. (s. d.), der in Bubastis residierte, stürzte die Könige von Tanis und machte sich selbst zum Alleinherrscher. Sein Versuch, die ägyptische Vormacht in Palästina wieder auszurichten, blieb trotz seines Sieges über Rehabeam von Juda (s. d.) 930 v. Chr. ohne Erfolg. Unter seinen Nachfolgern (22. Dynastie) verfiel der Staat wieder und löste sich in einzelne Fürstentümer (23. und 24. Dynastie) auf. Diese Wirren benutzten die in Napata (s. d.) residierenden nubischen (äthiopischen) Könige, um die Herrschaft über Ä. zu gewinnen. Sie traten als die Vertreter des alten orthodoxen Ägyptertums, als Schützer der ägyptischen Nationalität gegen die Fremden auf und wurden auch von den oberägyptischen Priestern und vom Volk als solche anerkannt. Durch die Besiegung des Bokchoris von Saïs (24. Dynastie) wurde ganz Ä. unter Sabakon (s. d.) äthiopischer Besitz und dadurch das Reich der 18. Dynastie wiederhergestellt, das von der Mittelmeerküste bis in den Sudân gereicht hatte. Als die Äthiopier (25. Dynastie) versuchten, auch in Syrien die Großmachtspläne Thutmosis' III. wieder aufzunehmen, kamen sie mit den Assyrern in Konflikt. Die beständigen Versuche Sabakons und seiner Nachfolger (Sebichos und Taharka), die syrisch-palästinensischen Fürsten gegen das assyrische Reich am Tigris aufzuwiegeln und mit Truppen zu unterstützen, hatten schließlich zur Folge, daß der Assyrerkönig Asarhaddon (s. d.) 670 v. Chr. mit einem großen Heere in Ä. erschien, Memphis eroberte und Taharka zwang, nach Äthiopien zu fliehen. Ä. wurde assyrische Provinz, die einheimischen Fürsten wurden in ihren Herrschaften als assyrische Vasallen belassen. Mehrere von den Äthiopiern unternommene Versuche, die Assyrer aus dem Lande zu verjagen, scheiterten. Erst als die Assyrer infolge von Unruhen im eignen Reiche gezwungen wurden, ihre Truppenmacht aus dem Niltale zurückzuziehen, machte sich Psammetich von Saïs, ein Verwandter des Äthiopierhauses, selbständig und stellte ein einheitliches ägyptisches Reich wieder her, 663 v. Chr.

7) Die Spätzeit (26.–30. Dynastie), 663–332 v. Chr. Unter Psammetich (663–610) und seinen Nachfolgern (Necho 610–594, Psammetich II. 594–588, Apries 588–569, Amasis 569–526) erlebte das Land eine neue Blütezeit. Durch die mit Griechenland angeknüpften Verbindungen hob sich der Handel; von Amasis (s. d.) wurde den Griechen die Deltastadt Naukratis eingeräumt, die bald der wichtigste Handelsplatz des Landes wurde. Die Künste nahmen einen neuen Aufschwung. Bereits die orthodoxen Äthiopier hatten angefangen, die Vorbilder der klassischen Periode der ägyptischen Kunst, des alten Reiches, nachzuahmen und die ältern Formen wieder zu verwenden; diese altertümelnde Richtung hielt noch unter der 26. Dynastie an und trat auch auf andern Gebieten, in der Literatur, der Orthographie der Inschriften, dem Titelwesen, hervor, so daß man diese Zeit in gewissem Sinne mit Recht die »ägyptische Renaissance« nennen kann. Während Assyrien mit dem neu aufstrebenden babylonischen und medischen Reich um die eigne Existenz kämpfte, suchte Necho die syrische Provinz wiederzugewinnen. Er rückte in Palästina ein, besiegte den König Josia von Juda bei Megiddo (609 v. Chr.) und setzte sich in den Besitz des Landes. Doch schon 605 wurde er von Nebukadnezar von Babylonien bei Karkemisch am Euphrat geschlagen und verlor die auswärtigen Eroberungen. Auch ein neuer Versuch des Apries, den ägyptischen Einfluß in Syrien zu befestigen, scheiterte; er unterstützte die Juden gegen die Babylonier, konnte aber die Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar (586) nicht verhindern. Im J. 568 zog Nebukadnezar selbst nach A. und zwang den Pharao Amasis, endgültig auf Syrien zu verzichten. 525 wurde des Amasis Nachfolger Psammetich III. von dem Perserkönig Kambyses (s. d.) bei Pelusium besiegt und Ä. dem Perserreich als Satrapie einverleibt. – Die Perserkönige (27. Dynastie) traten als Nachfolger der einheimischen Herrscher auf, ließen die alte Religion unangetastet und suchten das Land auf alle mögliche Weise zu heben. So ließ Darius zur Förderung des Handels den schon von Necho begonnenen Kanal vom Nil zum Rolen Meere vollenden. Trotzdem versuchten die Ägypter immer von neuem, ihre Selbständigkeit zurückzugewinnen. So fielen sie nach der für die Perser unglücklichen Schlacht von Marathon unter einem gewissen Chabasch ab und vertrieben die persischen Besatzungen, wurden aber von Xerxes bald wieder unterjocht; auch ein zweiter, von den Athenern unterstützter Aufstand unter Inaros und Amyrtaios (463) hatte keinen Erfolg. Erst als das Perserreich mehr und mehr verfiel, erlangte Ä. noch einmal (400 bis 343) seine Freiheit wieder (28.–30. Dynastie). Im J. 343 wurde es aber von dem Perserkönig Ochos zurückerobert und fiel nach dem Sturze des Perserreichs 332 Alexander d. Gr. zu.

8) Die griechisch-römische Herrschaft, 332 v. Chr. bis 640 n. Chr. (vgl. das Nebenkärtchen auf der Karte des heutigen Ä., bei S. 183). Alexander setzte die Politik der Perserkönige fort und schonte als Nachfolger der Pharaonen die Sitten und Kulte des Landes. Das von ihm gegründete Alexandria (s. d.) wurde bald der Mittelpunkt des Welthandels und der griechischen Weltbildung. Als nach Alexanders Tode das makedonische Reich verfiel, kam Ä. an Ptolemäos, den Sohn des Lagos, der 305 v. Chr. den Königstitel annahm. Unter ihm und seinen Nachfolgern, den Ptolemäern (305–30 v. Chr.), wurde Ä. noch einmal der Sitz eines glänzenden Königreichs und zeitweilig der blühendste und mächtigste Staat der Welt. Während in Alexandria die griechische Kultur gepflegt wurde, blieb im Binnenlande das altägyptische Wesen bestehen, und als Pharaonen errichteten die Ptolemäer den ägyptischen Gottheiten Tempel in altem Stil. Nach außen hin entfaltete das Reich zuweilen erfolgreich seine Macht, erwarb Kyrene, Kypros und einen Teil von Syrien, geriet aber schon seit dem 2. Jahrh. unter den Einfluß und bald unter die Botmäßigkeit Roms, zumal die Königsfamilie durch Sittenlosigkeit und Zwietracht sich schwächte. Nach dem Tode der Kleopatra wurde Ä. 30 v. Chr. dem römischen Reich einverleibt, für das es als Kornkammer wichtig war, und von Augustus zur kaiserlichen, von einem Vizekönig (praefectus) verwalteten Domäne gemacht. Das ägyptische Wesen wurde auch von den Römern geschont, namentlich unter den ersten Kaisern wurden den ägyptischen Göttern noch neue Tempelbauten errichtet, aber auf die Dauer konnte die ägyptische Kultur dem Griechentum nicht mehr standhalten. Au den innern Kämpfen im römischen Kaiserreich hat Ä. wiederholt lebhaften und entscheidenden Anteil genommen, und auch an gelegentlichen Versuchen, die alte Selbständigkeit wiederzuerlangen und das römische Joch abzuschütteln, hat es nicht gefehlt. 268 n. Chr. wurde Unterägypten von dem Heere der Königin Zenobia von Palmyra (s. d.) in Besitz genommen, aber schon 270 durch den Feldherrn Probus dem Reiche zurückerobert. Das Christentum fand schon im 1. Jahrh. in Ä. Eingang, angeblich durch den Evangelisten Markus, den Stifter des Bistums Alexandria; doch wurden die alten Götter erst allmählich verdrängt und der Isiskultus in Philä erst um die Mitte des 6. Jahrh. unter Justinian aufgehoben. Unter dem Einfluß des von öden Felsketten und Wüsten eingeschlossenen Landes kam in A. das Einsiedler- und Klosterleben unter dem heil. Antonius von Theben auf. Auch die christlich-theologische Gelehrsamkeit wurde eifrig gepflegt, und Alexandria bald ein Hauptschauplatz der über das Verhältnis der göttlichen und menschlichen Natur in Christus sich entspinnenden dogmatischen Kämpfe. Die Eingebornen schlossen sich meist der für ketzerisch erklärten Partei der Monophysiten an, erwählten sich einen eignen Patriarchen und bekämpften die orthodoxe Kirche unter den vom Kaiserhof ernannten Patriarchen von Alexandria aufs heftigste.

Seit der Teilung des römischen Reiches (395) eine Provinz Ostroms, teilte Ä. den Verfall dieses Reiches. Raubzügen von Äthiopien und Arabien aus wehrlos preisgegeben, wurde es 619 durch die Perser unter dem Sassaniden Chosroes II. bis an die Südgrenze durchzogen. Wenige Jahre nach ihrem erkauften Abzug wurde es 640 von Amr, dem Feldherrn des Kalifen Omar, erobert, wobei die monophysitischen Einwohner (Kopten) aus Haß gegen Byzanz Vorschub leisteten, und nur Alexandria eine längere Belagerung aushielt.

Ägypten im Mittelalter und in der Neuzeit.

Nach dem Siege des Islam (640 n. Chr.) war das Christentum jeder Gewalttat preisgegeben, und die koptische Bevölkerung sank in gänzliche Ohnmacht. Ä. wurde im Namen der Kalifen (658–750 Omaijaden; 750–868 Abbasiden) durch besondere Statthalter verwaltet. 868 warf sich der Statthalter Achmed ibn Tulûn zum unabhängigen Sultan von Ä. auf. Nachdem 905 das Land wieder unter die Herrschaft der Abbasiden gekommen war, riß 935 der Statthalter Mohammed el-Ichschid die Herrschaft an sich. 969 kam mit Muizz die Dynastie der Fatimiden auf den Thron, unter denen das Land eine große Blüte erreichte. Muizz gründete. die neue Hauptstadt Kairo und nannte sich Kalif von Ä. Nach glanzvoller Herrschaft mußten die Fatimiden 1171 dem Kurden Saladin weichen, der die Dynastie der Ejubiden begründete. Diese beherrschte auch Syrien, und unter ihr blühte der Handel von Alexandria auf. Der Kalif Nedschem Eddin verteilte den größten Teil des Landes unter seine aus gekauften Sklaven bestehende Leibwache, die Mamelucken, als Lehen, und von diesen wurden die Bewohner des flachen Landes völlig zu Leibeignen herabgedrückt. Als 1248 König Ludwig IX. von Frankreich bei seinem Versuch, Ä. zu erobern, in die Gefangenschaft des Kalifen Moadham fiel und dieser, ohne die Mamelucken zu befragen, mit dem König einen Vertrag schloß, ward er 1250 von der Leibwache ermordet und von ihr Muizz Eibek zum Sultan erhoben, mit dem die mameluckische Dynastie der Bahriten beginnt. Einige Sultane, wie Bibars I. (gest. 1277) und Nâssir (gest. 1341), herrschten kräftig und erfolgreich; meistens aber waren sie von den Mameluckenemiren abhängig, die das Land rücksichtslos auspreßten. Besonders traurig war die Lage des Landes unter der zweiten tscherkessischen Mameluckendynastie (seit 1382), unter welcher die Mamelucken Empörungen, Gewalttaten und Greuel aller Art begingen; sie setzten die Sultane nach Willkür ab und ein und bedrückten die Einwohner aufs schrecklichste, bis der türkische Sultan Selim I. 1517 das Land eroberte und in eine türkische Provinz verwandelte. Der vom Sultan als Statthalter eingesetzte Pascha war freilich von den 24 Mameluckenbeis abhängig, welche die Miliz befehligten, die reichen Staatseinkünfte einzogen und nur einen Tribut an den Pascha zahlten. Das Land wurde durch deren Mißwirtschaft fast zu Grunde gerichtet. Schließlich machten sich einige Beis ganz unabhängig, und zwei derselben, Murad und Ibrahim, teilten sich in die Herrschaft Ägyptens, als General Bonaparte 1798 mit einem französischen Heer in Abukir landete und die Mamelucken bei den Pyramiden schlug (s. Ägyptische Expedition der Franzosen). Bonapartes Plan, sich Ägyptens, des Schlüssels zum Orient, zu bemächtigen, schlug zwar fehl, und nach Menous Niederlage bei Abukir (21. März 1801) suchten die Mamelucken, von den Engländern unterstützt, die frühere Macht wiederzugewinnen. Nach dem Abzug der Engländer (1803) erlagen sie jedoch dem Albanesenkorps, das der Sultan nach Ä. geschickt hatte, und 1805 ward dessen Befehlshaber, Mehemed Ali, Statthalter.

Neue Zeit (19. Jahrhundert).

Mit der Wirksamkeit Mehemed Alis begann ein neues Zeitalter in der Geschichte Ägyptens. Er ver nichtete 1. März 1811 die Mamelucken, organisierte nach europäischem Muster ein stehendes, durch Konskription gebildetes Heer und schuf eine Kriegsflotte. Die Kosten bestritt er aus den Steuern, die er den Einwohnern, namentlich den Bauern (Fellahs), auflegte: außer einer Kopfsteuer (81/4 Mill.) wurden alle Fabrikate und Produkte besteuert. Bis 1833 wurde jedem Fellah seine ganze Ernte um einen von der Regierung festgesetzten Preis abgekauft und ihm dann um einen höhern Preis so viel Getreide wieder verkauft, wie er zum Lebensunterhalt und zur Aussaat brauchte. Nach 1833 nahm die Regierung von der Ernte nur so viel, wie die Steuern betrugen, schrieb nun aber den Bauern vor, was und wieviel sie an Getreide, Baumwolle, Indigo etc. bauen sollten. Baumwolle und Indigo wurden für Monopole erklärt und nur von der Regierung verkauft. Durch umfangreiche Damm- und Kanalbauten vermehrte Mehemed Ali den kulturfähigen Boden, sorgte für Ordnung und Ruhe im Innern und reformierte die Verwaltung auf Grund einerl 829 mit Notabeln gepflogenen Beratung. Er ernannte viele Christen zu Beamten und schickte junge Araber und Türken zu ihrer Ausbildung nach Europa. Auch gründete er Schulen und Institute aller Art. Die äußere Macht Ägyptens breitete sein Adoptivsohn Ibrahim Pascha aus, indem er 1816–18 einen Teil von Arabien (die Landschaft Hidschas mit den heiligen Städten Mekka und Medina) unterwarf, die Wahhabiten besiegte und von 1822 an die Länder am obern Nil (Nubien, Senaar, Kordofan) zinspflichtig machte. Als die Pforte Mehemed Ali das für die Hilfe gegen die aufständischen Griechen und für die dabei gebrachten Opfer (Navarino 1827) begehrte Paschalik Damaskus für Ibrahim verweigerte, ließ er diesen 1831 in Syrien einrücken. Nachdem Ibrahim sogar in Kleinasien eingedrungen war, wurde Mehemed Ali durch das Einschreiten Rußlands zum Frieden von Kutahia gezwungen (14. Mai 1833), worin er den lebenslänglichen Besitz Syriens erlangte. In einem neuen Kriege gegen die Türkei glaubte Mehemed Ali durch den Sieg von Nisib (24. Juni 1839) und den Übergang der türkischen Flotte zur ägyptischen die erstrebte völlige Unabhängigkeit erreicht zu haben. Doch die Quadrupelallianz Rußlands, Englands, Österreichs und Preußens (15. Juli 1840) sprach sich für die Herstellung des frühern Zustandes aus, und eine britisch-österreichisch-türkische Flotte schritt in Syrien mit Gewalt ein. Von dem befreundeten Frankreich im Stiche gelassen, unterwarf sich Mehemed Ali und schloß mit dem Sultan 13. Febr. 1841 einen Vertrag, worin er auf Syrien verzichtete, die Oberhoheit des Sultans anerkannte, sein Heer auf 18,000 Mann zu ermäßigen und ein Drittel der Einkünfte als Tribut zu zahlen versprach und dafür die erbliche Herrschaft über Ä. und die Erwerbungen am obern Nil zugestanden erhielt. Er widmete sich nun wieder mit Eifer der Kultivierung des durch die kostspieligen Kriege ausgesogenen Landes, indem er einen großen Nildamm erbaute und Straßen anlegte. Doch verfiel er in Geisteskrankheit, so daß mit Genehmigung der Pforte im Juli 1848 Ibrahim Pascha die Regierung übernahm. Dieser starb aber schon 10. Nov. 1348 und 12. Aug. 1849 auch Mehemed Ali.

Sein Enkel Abbas Pascha, der ihm folgte, verringerte die Marine, setzte die übermäßig hohen Gehalte der Beamten herab und beseitigte das Monopolwesen. Die Pforte unterstützte er mit Truppen und Schiffen im Krimkrieg und erhielt dafür einige Zugeständnisse, z. B. das Recht über Leben und Tod. Ihm folgte 14. Juli 1854 sein Oheim Said Pascha, Mehemed Alis sechster Sohn. Er gab den Baumwoll und Getreidehandel frei und führte für die Finanzverwaltung eine Kontrolle ein, belastete aber durch seine Baulust, Reisen nach Europa und seine Frei gebigkeit das Land mit Schulden. Nach seinem Tode (18. Jan. 1863) folgte der Sohn Ibrahims, Ismail Pascha. Dieser betrieb mit besonderm Eiker den schon von Mehemed Ali geplanten, aber durch die von England geleitete Pforte verhinderten Bau des Suezkanals. Mit Hilfe Napoleons III. wurden endlich 1864 alle Hindernisse beseitigt, und der Bau des Kanals in Angriff genommen. Ismail stellte zahlreiche Fellah zum Frondienst und brachte bedeutende Opfer. Um die zerrütteten Finanzen regeln zu helfen und einige Reformen des Gerichtswesens, der Fronden etc. zu beraten, berief er 1866 wieder eine Notabelnversammlung von 75 Mitgliedern, doch ohne Ergebnis. Durch Geschenke an den Sultan und die einflußreichsten Personen des türkischen Hofes erreichte Ismail für Ä. die Einführung der linearen Thronfolge. Neue Zugeständnisse erlangte er während des kretischen Aufstandes durch den Ferman vom 5. Juni 1867, namentlich den Titel Chedive (Vizekönig) statt Wali (Statthalter). Er strebte nun nach völliger Unabhängigkeit, vermehrte Heer und Flotte, besuchte die europäischen Höfe und knüpfte mit ihnen Verhandlungen über die Aufhebung der Konsulargerichtsbarkeit und Neutralisierung des Suezkanals an, der am 16. Nov. 1869 unter kostspieligen Feierlichkeiten eröffnet wurde. Da verlangte der türkische Großwesir Ali Pascha die Auslieferung der Panzerschiffe und der Zündnadelgewehre, die Reduktion des Heeres auf 30,000 Mann und die Einstellung des Verkehrs mit den auswärtigen Mächten; auch sollte der Chedive ohne Genehmigung des Sultans keine Anleihen aufnehmen und keine neuen Steuern ausschreiben. Da der Chedive selbst von Frankreich keine Hilfe zu erwarten hatte, mußte er sich unterwerfen. Doch wußte er es nach einem Besuch in Konstantinopel (1872) durch freigebige Geschenke bei Abd ul Asis 8. Juni 1873 zu erreichen, daß der Ferman vom 5. Juni 1867 erneuert und ihm völlige Unabhängigkeit der Justiz und Verwaltung, das Recht, Verträge mit fremden Staaten abzuschließen, Anleihen aufzunehmen, die Stärke des Heeres zu bestimmen u.a.m. wieder eingeräumt wurden; dafür sollte er einen jährlichen Tribut von 3 Mill. Mk. bezahlen. 1875 traten nach Aufhebung der Konsulargerichtsbarkeit die neuen Gerichtshöfe, an der Spitze ein oberstes Gericht zu Alexandria, ins Leben, um die Streitigkeiten der Einheimischen mit den Fremden und dieser unter sich zu entscheiden. Im Süden machte Ismail ansehnliche Eroberungen. Der Gouverneur von Massaua, W. Munzinger, bemächtigte sich 1872 der Bezirke Bogos und Mensa im Norden von Abessinien. 1874 wurde Dar Für (durch Sobehr), dann Dar Fertit, die Somalstädte Zeila, Berdera u.a. und das Land Harar besetzt.

Bald ließ sich die durch die kostspielige Verwaltung und die Verschwendung des Chedive verursachte Zerrüttung der Finanzen nicht mehr verbergen. Darum verkaufte Ismail 1875 seine Suezkanalaktien für 4 Mill. Pfd. Sterl. an England und erbat sich von diesem einen tüchtigen Finanzmann; doch richtete der Generalzahlmeister Cave nichts aus, da Ismail zu keiner Sparsamkeit zu bringen war. 1876 wurde die Zahlung der Zinsen für die Schulden suspendiert und die verschiedenen Anleihen zu einer mit 7 Proz. zu verzinsenden Schuld unifiziert. Die Steuern wurden doppelt erhoben, den Beamten kein Gehalt, den Lieferanten keine Rechnungen bezahlt; trotzdem mußte England mit einem Vorschuß für Bezahlung der Zinscoupons an die meisten englischen Gläubiger eintreten. Der unglückliche Krieg mit Abessinien 1875–1876 (Niederlagen bei Gudda-Guddi und bei Gura), der Aufstand Sulaimans (des Sohns von Sobehr) in Dar Für und die Beteiligung des Chedive am russisch-türkischen Kriege mit 6000 Mann steigerten die finanzielle Bedrängnis. Gemäß einer Vereinbarung mit den Westmächten wurden im August 1878 Nubar Pascha zum leitenden, der Engländer Wilson zum Finanz- und der Franzose Blignières zum Bautenminister ernannt; der Privatgrundbesitz des Chedive, die Daira, wurde zur Verzinsung und Tilgung der Schulden herangezogen. Durch eine Revolte der entlassenen Offiziere (18. Febr. 1879) entledigte sich der Chedive Nubars und setzte im April Wilson und Blignières ab; er verweigerte die Zinszahlung der unifizierten Schuld und suspendierte ihre Tilgung. Nun verlangten die Mächte von ihm die Abdankung; und als er sie ablehnte, ward er 26. Juni 1879 vom Sultan abgesetzt und sein Sohn Tewfik Pascha zum Chedive ernannt. Der Ferman von 1873 wurde aufgehoben und der von 1841 hergestellt; doch gestattete der Sultan die Abschließung von Zoll- und Handelsverträgen, die selbständige Verwaltung der Finanzen und die Errichtung eines Heeres von 18,000 Mann gegen einen jährlichen Tribut von 75,000 türk. Pfd. Die Regelung der Finanzen wurde einem englischen und einem französischen Kommissar übertragen, die auch die Zahlung der Zinsen wieder aufnahmen und das Budget ins Gleichgewicht brachten, nicht ohne Bedrückung der mit Steuern belasteten Einwohner und Maßregelung der sich selbst bereichernden Beamten; auch wurden zahlreiche Offiziere entlassen, ohne daß ihnen der rückständige Sold ausgezahlt wurde. Die hierdurch veranlaßte Unzufriedenheit benutzte die Militärpartei unter dem Obersten Arabi bereits 1881 zu einigen Revolten, durch die sie den schwachen Chedive zwang, den Premierminister Riaz Pascha, der sich der Vermehrung des Heeres widersetzte, zu entlassen und eine Notabelnkammer zu berufen. Diese Erfolge ermutigten Arabi Pascha, der im Februar 1882 zum Kriegsminister ernannt wurde, die Abschaffung der europäischen Finanzkontrolle und die Beseitigung aller europäischen Beamten zu fordern. Da der Chedive sich haltlos zeigte und der Sultan nicht einschritt, so proklamierte sich Arabi Pascha als Haupt der Nationalpartei, die das Volk von allem Druck befreien werde, und reizte den Pöbel so gegen die Fremden auf, daß es 11. Juni 1882 zu blutigen Exzessen in Alexandria kam. Als die Übeltäter nicht bestraft wurden, beschoß die englische Flotte unter Admiral Seymour 11. Juli die von Arabi neu befestigten Forts. Die Antwort war ein furchtbares Blutbad unter den Europäern, deren Häuser meist in Brand gesteckt wurden. Nun sandte die englische Regierung ein Landheer unter Wolseley nach Ä.; Alexandria wurde besetzt (14. Juli) und das ägyptische Heer unter Arabi 13. Sept. bei Tell el Kebir in die Flucht geschlagen. Die Empörer wurden nach Ceylon verbannt und Tewfik Pascha unter dem Schutz englischer Truppen, die in Ä. blieben, wieder in die Herrschaft eingesetzt. Einen empfindlichen Verlust hatte der Aufstand Arabi Paschas für Ä. insofern zur Folge, als im Sudân der Mahdi (s. d.) das angloägyptische Heer unter Oberst Hicks-Pascha 4. Nov. 1883 bei Kaschgil vernichtete. Die Ägypter räumten 1885 auch die Plätze am Roten Meer: Kassala, Metamma und Senaar. Gordons Versuch, den Sudân wiederzugewinnen, scheiterte; von England nicht rechtzeitig unterstützt, fand er 26. Jan. 1885 in Chartum seinen Tod. Auch nach dem Tode des Mahdi (22. Juni 1885) wurde eine Wiedereroberung des Sudân nicht versucht; Wadi Halfa blieb die südliche Grenzstation, und die englisch-ägyptischen Truppen in Suakin beschränkten sich darauf, die Angriffe Osman Dignas zurückzuweisen. Anderseits gelang es den Engländern, die ägyptischen Finanzen durch umsichtige und sparsame Verwaltung zu ordnen. Mit Zustimmung der Mächte wurde 1885 eine Anleihe von 9 Mill. Pfd. Sterl. aufgenommen, welche die Zahlung der Entschädigungsgelder für die 1882 erlittenen Vermögensverluste ermöglichte. Die teilweise von englischen Offizieren befehligte bewaffnete Macht wurde auf 5000 Mann vermindert; dazu kamen 6000 Mann Gendarmerie und 2000 Mann englische Besatzung. Hierdurch wurde 1885 schon ein erheblicher Überschuß erzielt, der sich mit jedem Jahre mehrte und eine Erleichterung der Steuerlast gestattete. Eine 1889 geplante Konvertierung und Zinsreduktion der privilegierten Schuld scheiterte an dem Widerspruch Frankreichs, das sich für seine Verdrängung aus Ä. rächen wollte, nachdem auch der 1887 zwischen England und der Pforte abgeschlossene Vertrag über die Regelung der ägyptischen Verhältnisse und die Dauer der englischen Okkupation vereitelt war; ebensowenig glückte den Engländern der Versuch, dem Land eine Verfassung zu geben.

Der plötzliche Tod des Chedive Tewfik (7. Jan. 1892) und die Thronbesteigung seines 18jährigen Sohnes Abbas II. Hilmi gaben den Engländern den erwünschten Vorwand, die Räumung Ägyptens von neuem zu verschieben. Der junge Chedive suchte sich im Januar 1893 der drückenden und auch bei der Bevölkerung trotz der finanziellen Erfolge unbeliebten englischen Oberherrschaft zu entziehen. Sofort aber setzte der englische Agent in Kairo die Ernennung des englandfreundlichen Riaz Pascha zum Ministerpräsidenten durch, und die englische Besatzung wurde um 2000 Mann verstärkt. Der Minister des Auswärtigen, Lord Rosebery, schrieb an Lord Cromer, den Reorganisator des ägyptischen Finanzwesens, daß die Zurückziehung der englischen Truppen aus Ä. unmöglich sei, da sie nur den Rückfall des Landes in die Verwirrung herbeiführen würde; Mitte 1899 standen in Ä. 4404 Mann, die zum größten Teil im Laufe des Burenkriegs aus dem Nillande gezogen werden mußten. Zur Sühne für eine mißfällige Äußerung (im Januar 1894 in Wadi Halfa) über die englischen Offiziere mußte der Chedive sofort den Unterstaatssekretär des Krieges, Maher Pascha, entlassen. Als er darauf an die Stelle von Riaz Pascha Nubar Pascha berief, mußte er einen englischen Beirat in dem Ministerium des Innern zulassen. Auf Verlangen Englands setzte die Regierung im Februar 1895 einen besondern Gerichtshof ein zur Aburteilung von Vergehen, die sich Eingeborne gegen englische Offiziere und Soldaten zu schulden kommen lassen würden. Nach Nubars Rücktritt (November) wurde der ganz unter englischem Einfluß stehende Mustafa Fehmi Pascha Ministerpräsident. Englischen Bemühungen ist auch die Reise zuzuschreiben, die der Chedive Mitte Juli 1901 nach Konstantinopel unternahm, wo man sich über die den Jungtürken in Ä. gewährte Gastfreundschaft beschwert gefühlt hatte. Trotzdem denkt Graf Cromer, wie er mehrfach betont hat, nicht an eine völlige Anglisierung Ägyptens. Er erstrebt die Entwickelung des Vasallenstaates nur nach der Seite von Handel und Ackerbau (durch »Agrar handel«) und legt Wert auf eine dementsprechende technische Heranbildung des Volkes; eine sogen. allgemeine Bildung (Kenntnis des Englischen etc.) sei für die große Masse wertlos.

Im J. 1896 beschloß England, die Wiedereroberung des 1885 verlornen ägyptischen Sudân in Angriff zu nehmen. Unter General Kitchener wurde um Wadi Halfa ein 12,000 Mann starkes Heer zusammen gezogen. Nachdem eine Feldeisenbahn nilaufwärts gebaut worden war, besiegte das Heer die Derwische 7. Juni bei Firkeh und eroberte Dongola. Berber wurde 12. Sept. 1897 erreicht, und die Vorhut der Derwische 7. April 1898 bei Nakheila am Atbara geschlagen. In der Nähe von Omdurman, am Zusammenfluß des Blauen und Weißen Nils, wurde das anglo-ägyptische Heer 2. Sept. 1898 von 35,000 Derwischen unter Führung Abdullahis (s. d.) selbst angegriffen: der Mahdismus erlitt eine schwere Niederlage. Kitchener besetzte die Hauptstadt Omdurman und drang den Weißen Nil aufwärts bis Faschoda vor, das die Expedition des französischen Majors Marchand 10. Juli besetzt hatte, aber auf energisches Verlangen Englands räumen mußte. Auch aus dem Gebiet nördlich von Abessinien zwischen dem Weißen und Blauen Nil wurden die Derwische 26. Dez. 1898 vertrieben; und Lord Cromer erklärte 6. Jan. 1899 in Chartum, der Sirdar Kitchener werde das Land selbständig als Vertreter der Königin von England und des Chedive regieren, wobei des letztern Einfluß nichts zu bedeuten habe. Da Abdullahi 1899 mit ein er neuen Schar von Anhängern aus Kordofan und Dar Für gegen Chartum vordrang, ließ Kitchener im November 1899 den Obersten Wingate gegen den Kalif vorrücken; dieser traf ihn 24. Nov. bei Om Debrikat südlich von Dschedid: der Kalif fand hier mit fast allen seinen Emiren den Tod. Osman Digna, der allein entkommen war, wurde 19. Jan. 1900 gefangen genommen. Hierdurch war der Besitz des Sudân für Ä. gesichert.

Die ägyptischen Finanzen gestalteten sich unter der englischen Verwaltung günstig. Obwohl 1899 und 1900 die Nilüberschwemmungen ungenügend waren und daher die Grundsteuer einen erheblichen Ausfall aufzuweisen hatte, betrugen doch die Einnahmen 19006 Mill. Pfd. Sterl. mehr als 1899.

Literatur.

Altertum. Unter den Werken über A. ist vor allen die durch die französische Expedition hervorgerufene »Description de l'Égypte« zu nennen, die das Altertum, den jetzigen Zustand und die Naturgeschichte des Landes behandelt (s. Ägyptische Expedition der Franzosen). Hieran schließen sich in Bezug auf Altertumskunde die umfassenden Publikationen der französisch-toskanischen (die »Monumenti dell' Egitto e della Nubia«, 3 Bde., von Rosellini, und die »Monuments de l'Egypte«, 4 Bde., von Champollion) und der preußischen Expedition (die »Denkmäler aus Ä. und Äthiopien« von Lepsius, Berl. 1849–59, [2 Bde.] sowie die Bilderwerke von Gau, Young, Caillaud, Perring, die »Monuments égyptiens« des Leidener ägyptischen Museums (hrsg. von E. Leemanns, Leid. 1839–76), die von der Mission archéologique française an Caire veröffentlichten »Mémoires« und die Arbeiten des 1883 in England gegründeten Egypt Exploration Fund und des damit in Verbindung stehenden Archaeological Survey of Egypt (hrsg. von F. L. Griffith). Da die Ägyptologie noch eine verhältnismäßig junge Wissenschaft ist, veralten Methoden und Anschauungen sehr schnell; von den ältern Werken sind heute nur noch wenige maßgeblich, und auch von der neuern Literatur entspricht nicht alles dem gegenwärtigen Stande der Forschung. Für die Geschichte des alten Ä. kommen in Betracht: Ed. Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. 1 u. 2 (Stuttg. 1884–93); Derselbe, Geschichte des alten Ä. (Berl. 1887); A. Wiedemann, Ägyptische Geschichte (Gotha 1884–88, 2 Bde. und Supplement); Derselbe, Geschichte des alten Ä. (Kalw u. Stuttg. 1891); G. Steindorff, Blütezeit des Pharaonenreichs (Bielef. 1900); C. Niebuhr, Ägypten (in Helmolts »Weltgeschichte«, Bd. 3, Leipz. 1901); Maspero, Histoire ancienne des peuples de l'Orient classique (Par. 1895–99, 3 Bde.); Petrie, History of Egypt (Lond. 1894 bis 1896, Bd. 1 u. 2); Mahaffy, History of Egypt under the Ptolemaic dynasty (das. 1899); Milne, History of Egypt under Roman rule (das. 1898); über die Beziehungen Ägyptens zu Palästina unterrichtet W. Max Müller, Asien und Europa nach altägyptischen Denkmälern (Leipz. 1893). Die ägyptische Kulturgeschichte behandelte Wilkinson in »The manners and customs of the ancient Egyptians« (2. Aufl. von S. Birch, Lond. 1878, 3 Bde.) sowie in dem »Popular account« (2. Aufl., das. 1871), vor allem A. Erman in seinem trefflichen »Ä. und ägyptisches Leben im Altertum« (Tübing. 1885–87, 2 Bde.); auch Brugsch in der »Ägyptologie« (Leipz. 1889). Über die Religion der alten Ägypter vgl. Renouf, Vorlesungen über Ursprung und Entwickelung der Religion der alten Ägypter (a. d. Engl., Leipz. 1881); A. Wiedemann, Religion des alten Ä. (Münster 1890); Tiele, Geschichte der Religion im Altertum, Bd. 1 (Gotha 1895); G. Maspero, Études de mythologie et d'archéologie égyptiennes (Par. 1893–98, 3 Bde.), sowie die meisten der genannten geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Werke; über die ägyptische Kunst insbes.: Perrot und Chipiez, Histoire de l'art dans l'antiquité, Bd. 1 (das. 1882; deutsch von Pietschmann, Leipz. 1883); Maspero, Archéologie égyptienne (Par. 1887; deutsch von Steindorff u. d. T.: »Ägyptische Kunstgeschichte«, Leipz. 1890). Der philologisch-historischen Durchforschung der ägyptischen Schriftdenkmäler hat sich seit der Entzifferung der Hieroglyphen durch Champollion die ganze ägyptologische Schule seiner Nachfolger gewidmet (s. Hieroglyphen). Eine »Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde«, begründet von Brugsch, jetzt von Erman und Steindorff herausgegeben, erscheint seit 1863 in Leipzig; ähnliche Fachzeitschriften in Frankreich und England.

Die Naturgeschichte des Landes ist vornehmlich in den großen Werken von Ehrenberg und Rüppell, durch Pruner (»Ägyptens Naturgeschichte und Anthropologie«, Erlang. 1848) sowie von R. Hartmann (»Naturgeschichtliche Skizze der Nilländer«, Berl. 1866), die geologischen Verhältnisse sind von Fraas (»Aus dem Orient«, Stuttg. 1867), Janko (»Das Delta des Nils«, Budapest 1890) und Blanckenhorn (»Geologie Ägyptens«, Leipz. 1901), die Pflanzenwelt durch Schweinfurth und Ascherson behandelt worden.

Über die heutigen Verhältnisse Ägyptens vgl. Lane (s. d.), Manners and customs of the modern Egyptians (deutsch, Leipz. 1856); v. Kremer, Ä., Forschungen über Land und Volk (das. 1862, 2 Bde.); H. Stephan, Das heutige Ä. (das. 1872); Lüttke, Ägyptens neue Zeit (das. 1873, 2 Bde.); Klunzinger, Bilder aus Oberägypten (Stuttg. 1877); Ebers, Ä. in Bild und Wort (das. 1880; der Text allein herausgegeben als »Cicerone durch das alte und neue A.«, das. 1886, 2 Bde.); Amici, Essai de statistique générale de l'Égypte (Kairo 1879, 2 Bde.); »Recensment général de l'Égypte, 1. juin 1897« (Kairo 1899, 3 Bde.) und »Dictionnaire géographique de l'Égypte« (das. 1900), beide Werke herausgegeben von A. Boinet Bey; »Britains work in Egypt« (Edinb. 1892); Th. Neumann, Das moderne Ä. mit besonderer Rücksicht auf Handel und Volkswirtschaft (Leipz. 1893); v. Fircks, Ägypten 1894, staatsrechtliche Verhältnisse, wirtschaftlicher Zustand, Verwaltung (Berl. 1895–96, 2 Bde.); Willcocks, Egyptian Irrigation (2. Aufl., Lond. 1899); Reisehandbücher von Meyer (in »Meyers Reisebücher«), Baedeker, Murray (Lond.), Bénédete (Guide Joanne, Par.).

Karten: »Survey of Egypt«, 1: 30,000 (5 Blatt, 1889); »Unterägypten« 1: 25,000 (20 Bl., Militär. geogr. Institut, Wien 1899, noch nicht im Handel); Audebeau, Souter und Colani, Carte de la Basse-Egypte et de la province du Fayoum 1: 200,000 (6 Bl., 1897); »Kairo«, Provinzkarten, herausgegeben vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten, 1: 100,000 (im Erscheinen begriffen); Spezialaufnahmen von Schweinfurth: Fayum (»Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde«, Berl. 1886), Natrontal (ebenda 1898), Niltal von Farschût bis Kom-Ombo (»Petermanns Mitteilungen«, 1901, Teil 1). Als Übersichtskarte die auf A. fallenden Blätter der Carte de l'Afrique 1: 2,000,000 (Service géographique de l'armée, Par. 1900–1902).

Über die neuere Geschichte Ägyptens vgl. Bunsen, Ägyptens Stelle in der Weltgeschichte (Hamb. 1844–57, 5 Bde.); Weil, Geschichte des Abbasidenkalifats in Ä. (Stuttg. 1860, 2 Bde.); Quatremère, Histoire des Sultans Mamlouks (Par. 1837–41, 4 Tle.); Paton, History of Egyptian revolution from the period of the Mamalukes to the death of Mohammed Ali (2. Aufl., Lond. 1870, 2 Bde.); Cusieri, Storia fisica e politica dell' Egitto delle prime memorie de suoi abitanti al 1842 (Flor. 1862, 2 Bde.); Kausler und Woerl, Die Kriege von 1792–1815 in Europa und Ä. (Freiburg 1842); Mouriez, Histoire de Méhémet Ali (Par. 1855–1858, 4 Bde.); über die neueste Zeit: Malortie, Egypt, native rulers and foreign interference (2. Aufl., Lond. 1883); Vogt, Die kriegerischen Ereignisse in Ä. 1882 (Leipz. 1882); Royle, The Egyptian campaigns 1882–1885 (Lond. 1886, 2 Bde.); Plauchut, L'Égypte et l'occupation anglaise (Par. 1889); Resener, A. unter englischer Okkupation (Berl. 1896); Cameron, Egypt in the nineteenth century (Lond. 1898); A. S. White, The expansion of Egypt under anglo-egyptien condominium (das. 1899); Bréhier, L'Egypte de 1798 à 1900 (Par. 1901); Milner, England in Egypt (6. Aufl., Lond. 1899); Dicey, Story of the Khedivate (das. 1902). Bibliographische Hilfsmittel: Jolowicz, Bibliotheca aegyptiaca (Leipz. 1858, Supplement 1861); Prinz Ibrahim Hilmi, The literature of Egypt and the Soudan (Lond. 1888, 2 Bde.); Hartmann, The arabic press of Egypt (das. 1899).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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