Angōla [2]

Angōla [2]

Angōla, portug. Kolonie an der Westküste Afrikas (s. Karte »Äquatorialafrika«), zwischen 6–17°51´ südl. Br. und 12–26° östl. L., wird begrenzt im W. vom Atlantischen Ozean, im N. vom Kongo und Kongostaat, im O. vom Kongostaat und Britisch-Nyassaland (Mambundareich), im S. von Britisch-Betschuanaland und Deutsch-Südwestafrika. Außerdem gehört dazu die Enklave Kabinda zwischen dem Kongostaat, Französisch-Kongo und dem Meer. Das Gesamtareal beträgt 1,315,460 qkm mit 4,180,000 Einw. Das Land steigt von der im N. breitern, im S. schmalen, dürren und sandigen Küstenebene in Stufen zu dem innerafrikanischen Hochland an, das nach dem Innern zu sich allmählich abdacht. Diese Wasserscheide, in ihrem nördlichen Teil Cananhagebirge genannt, trennt die zum Atlantischen Ozean ziehenden Flüsse Lelundo, Ambrizette, M'Brische, Loja von zahlreichen westlichen Zuflüssen des Kuango. Sie tritt dann noch weiter nach O. zurück und fällt in dem 1000 m hohen N'Talla Munpongogebirge steil gegen den obern Kuango ab. Die Wasserscheide setzt sich in westwärts gekrümmtem Bogen nach S. fort bis zum Hochland von Bihé, von dem nach N., S. und O. zahlreiche Gewässer abfließen: nach N. der bedeutende Kuanza, der, nach Aufnahme zahlreicher Zuflüsse an dem merkwürdigen, 1169 m hohen Pungo Ndongofelsen vorüberziehend, dem Atlantischen Ozean zufließt; nach SO. gehen Lungo-en-bungo und Kuando zum Sambesi, südwärts Kuito und Kubango zum großen abflußlosen Gebiet (Ngamisee etc.) im Innern, in gleicher Richtung der Oberlauf des in den Atlantischen Ozean mündenden Kunene. Vom 12.° südl. Br. tritt die Wasserscheide nahe an die Küste heran. Auf den Lovilli (2370 m) und den Olombanganda (2000 m) folgen das Andrade-, Corvo-, Ulondo- und Arnhagebirge (Kisecut 1745 m), die Serra Munda, Serra da Neve (1890 m), Arradal da Caionda (1872 m) und die Serra Cana. Der Kuanza trägt in seinem Unterlauf Dampfer und kann auf 200 km bis zu den Fällen von Cambambe mit flachgehenden Booten befahren werden; auch der Loja, Dande und Bengo sind streckenweise befahrbar, doch behindern gefährliche Barren die Einfahrt. Mucullo, Ambrizette, Mussera, Kinsembo, Ambriz und Novo Redondo haben nur ungeschützte Reeden, und eine starke Brandung erschwert das Landen, dagegen bieten die Häfen von Loando, Benguella und Mossamedes stets sichern Schutz. Das Klima ist an der Küste in Loanda und Benguella heiß, feucht und im höchsten Grad ungesund, in Mossamedes dagegen und im höher gelegenen Innern weit besser. Die Durchschnittstemperatur beträgt in Loanda 23,6°, in Mossamedes 20°, in Malansche (1170 m ü. M.) 19,5°, Maximum in Loanda (Februar) 26,2°, in Malansche (Januar) 21°, Minimum in Loanda (August) 19,9°, in Malansche (Juni) 18°. Die Regenzeit währt in den Niederungen von Loanda vom Oktober bis Januar und vom April bis Juni. Die Jahressumme beträgt 320 mm in Loando, 1534 mm in Caconda. Nach S. zu wird das Klima immer trockner. Dagegen verdorren im Innern die nördlichen Hochebenen, während die Gebirgslandschaften des Südens feuchter und daher fruchtbarer sind. Die Verschiedenheit des Klimas bedingt auch den Charakter der Vegetation. Die Küstenterrasse ist mit prächtigen, artenreichen Urwäldern bedeckt, in denen üppige Farne, Lianen und kletternde Palmen den tropischen Charakter dartun. Auf den Savannen finden sich Eriodendron und hochwüchsige Euphorbiazeen, Proteazeen, Affenbrotbäume, Wollbäume, baumartige Lilien (Vellosia) und die eigentümliche Welwitschia mirabilis. Von wilden Tieren gibt es Panther, Hyänen, Krokodile, Fluß pferde, dagegen haben sich Löwen, Elefanten, Antilopen ins Innere zurückgezogen; Schimpanse, Paviane und andre Affenarten kommen an vielen Orten vor.

Die Bevölkerung gehört zur großen Völkerfamilie der Bantu und besteht im S. aus den sogen. Kongonegern, die in eine Menge Stämme zerfallen, wie die Dembo, Kassimba, Bangala, Bondo, Kioko, Tamba-Malemba, Kalukeme, Bihé, Mukoroka, Songo, Bakankala, im äußersten Süden auch Herero, im SW. Barotsestämme. Die meisten dieser Völkerschaften leben noch vollständig nach ihren alten Gewohnheiten unter ihren Häuptlingen, wie die Gangella und Amboella am Oberlauf des Kuito und Kuando u.a., während die Kabinda, Ambakisten und Bihenos (»Pretos« genannt im Gegensatze zu den unzivilisierten »Negros«) portugiesisch sprechen, als Kaufleute und auch als Beamte tätig sind. Die Anzahl sämtlicher Europäer, worunter im SO. sich viele Buren befinden, beträgt 12,285, doch ist in diese Ziffer viel Halbblut eingerechnet worden; davon leben 6142 in Loanda, 4810 in Mossamedes, der Rest verteilt sich auf die übrigen Küstenplätze und das Innere. Da die Kolonie als Deportationsort dient, so wohnen in den Städten viele deportierte Verbrecher (Degradados). Ein verkappter, schwunghafter Sklavenhandel findet noch immer statt, indem die aus dem Innern gebrachten schwarzen Arbeiter den Händlern abgekauft und durch langjährige Kontrakte an ihre neuen Herren gefesselt, auch vielfach nach São Thomé und Principe verschickt werden. Die Mission ist seit langem tätig; 1882 wurde wieder nach 90jähriger Unterbrechung in San Salvador von Portugal aus eine katholische Mission begründet, die jetzt Stationen bis nahe an die Südgrenze hat. Für den Elementarunterricht sorgen 40 Knaben- und 12 Mädchenschulen, die von 352 Schwarzen, 121 Mischlingen und 183 Weißen besucht wurden. Aber die Kolonisationswirkung der Portugiesen bleibt gering. Der Branntweinverbrauch ist sehr stark und wohl infolgedessen die Demoralisation der Bevölkerung groß. Erzeugnisse der Landwirtschaft sind Maniok, Tabak, Indigo, Reis, Kaffee, Zuckerrohr, Baumwolle, Erdnüsse, Mais, Hirse; doch keins wird in genügender Menge gebaut. Die Hauptschuld an dem ungünstigen Stande trägt die Latifundienwirtschaft. Die reichsten Kaffeepflanzungen befinden sich im Tal des Lukulla, doch wächst der Kaffeebaum an vielen Orten auch wild. Baumwolle gedeiht sehr gut in den Tälern des Kubango und Sambesi. Zur Ausfuhr kommen besonders Kautschuk, Kaffee, Kopal und Wachs, Baumwolle, getrocknete Fische, Elfenbein nur noch wenig, im ganzen 1899 für 7,958,496 Milreis, während die besonders aus englischen Zeugen bestehende Einfuhr 7,102,224 Milreis betrug. Portugiesische Händler (Pombeiros) durchziehen das Land und handeln von den Eingebornen die Landesprodukte ein. Doch werden die Erzeugnisse des Landes, das auch reich an Eisenerz, Kupfer, Blei, Salz, Schwefel, Steinkohlen (bei Cambambe am Kuanza) und Erdöl ist, wenig ausgebeutet. Das Vorkommen von Gold in Libollo und am obern Kunene wird von der Regierung verheimlicht. Von Industrien sind nur Zigarrenfabrikation, Mattenflechterei, Branntweinbrennerei und Ziegelbrennerei nennenswert. Die Verkehrsmittel sind noch sehr mangelhaft. Da Pferde und Kamele nicht gedeihen und der Ochs nur als Reittier gebraucht wird, so muß aller Transport durch Träger erfolgen. Karawanenwege gehen von Loanda über Dondo, Pungo Ndongo und Malansche und von Benguella über Bihé ins Innere. Die Ambaca-Eisenbahn wurde 1887 bei Loanda begonnen und ist am rechten Ufer des Lucalla bis Malansche weitergeführt worden. Der Bau einer Linie von Benguella zum Hochlande von Caconda (etwa 1500 km) ist seitens der Regierung in Angriff genommen. Ende 1901 waren insgesamt 543 km in Betrieb. Für eine Linie von Mossamedes nach der Hochebene von Shella (175 km) hat eine belgische Gesellschaft, für den Bau einer Bahn von der Kunenemündung nach dem Innern eine amerikanische Gesellschaft eine Konzession erhalten. Die Regierung garantiert diesen Bahnen eine Verzinsung von 5–6 Proz. Die Länge der Telegraphenlinien beträgt 1287 km mit 1308 km Drähten und 23 Ämtern. Die Post beförderte 1896 durch 57 Ämter 381,339 Briefsendungen, davon 23,074 im äußern Verkehr. Eine portugiesische Dampferlinie verbindet die Haupthäfen miteinander, die auch von der deutschen Woermannlinie angelaufen werden. Loanda wird ferner von den Dampfera zweier, Cabinda von denen einer englischen Linie angelaufen. Die Kolonie zerfällt in drei Distrikte: Loanda, Benguella und Mossamedes; jeder Distrikt wieder in Concelhos (Kreise), und zwar Loanda in 21, Benguella in 6, Mossamedes in 3. Zur Sicherung ihres Einflusses und zur Eintreibung der Abgaben haben die Portugiesen im Land eine Anzahl von Posten angelegt. Das Budget beziffert sich 1901/02 in Einnahme auf 1,844,675, in Ausgabe auf 1,994,072 Milreis. Sitz des Gouverneurs, dem Militär- und Zivilverwaltung unterstehen, ist die Hauptstadt São Paulo de Loanda.

Die Küste von A. wurde 1484–86 durch den portugiesischen Seefahrer Diego Cão entdeckt. Bald darauf siedelten sich die Portugiesen am Zaïre und südlich davon an; doch erst 1574 begründeten sie die Stadt (São Paolo de) Loanda, wo der Gouverneur seitdem residierte, und die früher Dongo (oder Ambonde) genannte Landschaft, eine Provinz des Königreichs Kongo, erhielt seitdem den Namen A. 1640 wurden die Portugiesen von den Holländern aus Loanda vertrieben, machten sich aber 1648 wieder zu Herren des Platzes und blieben nunmehr im ungestörten Besitz des Landes. Vgl. Tams, Die portugiesischen Besitzungen in Südwestafrika (Hamb. 1845); Valdez, Six years of a traveller's life in Western Africa (Lond. 1861, 2 Bde.); Monteiro, A. and the river Congo (das. 1875, 2 Bde.); Lux, Von Loanda nach Kimbundu (Wien 1880); Serpa Pinto, Quer durch Afrika (deutsch, Leipz. 1881); F. A. Pinto, A. e Congo (Lissab. 1888); Veth u. Snelleman, Daniel Veths reizen in A. (Haarl. 1887); Schurtz im 3. Bande von Helmolts »Weltgeschichte« (Leipz. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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