Gladĭatoren

Gladĭatoren

Gladĭatoren (v. lat. gladius, »Schwert«), bei den Römern Bezeichnung der Fechter, die in den Kampfspielen miteinander kämpften. Unter den Spielen zur Befriedigung der Schaulust des Volkes stand in der Gunst aller Klassen der Kampf von G. (munus gladiatorium) obenan. Ursprünglich sind sie vermutlich von den Etruskern entlehnte Leichenspiele und werden zuerst 264 v. Chr. erwähnt.

Fig. 1. Visierhelm.
Fig. 1. Visierhelm.
2. Gladiatorenschwerter.
2. Gladiatorenschwerter.
Fig. 3. Secutor (mit übergeworfenem Netz). Retiarius. (Nach einem Mosaik.)
Fig. 3. Secutor (mit übergeworfenem Netz). Retiarius. (Nach einem Mosaik.)

In den letzten Zeiten der Republik wurden diese Kämpfe bei den verschiedenartigsten Gelegenheiten von Magistratspersonen, namentlich den Ädilen, veranstaltet, auch eigne Amphitheater (s.d.) dafür errichtet. Mit deren Größe steigerte sich auch die Zahl der kämpfenden Paare. Julius Cäsar ließ als Ädil (65 v. Chr.) 320 Paare auftreten. An den acht von Augustus gegebenen Spielen haben 10,000 Mann gefochten, ebensoviel an den von Trajan 123 Tage lang gegebenen Spielen. Schließlich gab es in Italien und den Provinzen kaum eine bedeutende Stadt, die nicht ihr eignes Amphitheater und ihre Fechterspiele gehabt hätte. Fortgedauert haben sie bis ins 5. Jahrh. Die G. waren Kriegsgefangene, verurteilte Verbrecher, Sklaven, auch freiwillig Angeworbene, die sogen. auctorati (von auctoramentum, »Werbegeld«). Banden von G. wurden von vornehmen Leuten und Unternehmern gehalten, die sie an Spielgeber vermieteten oder verlauften. Zur Ausbildung dienten besondere Schulen, in der Kaiserzeit auch kaiserliche; ein solcher ludus gladiatorius ist in Pompeji erhalten. Jede Waffengattung hatte einen besondern Lehrer (doctor, magister). Der Anfänger (tiro) übte gegen einen Pfahl mit hölzernen, dann mit sehr schweren, aber stumpfen Waffen. Nach der Bewaffnung unterschied man verschiedene Arten von G. Die älteste scheint der Samnis gewesen zu sein, so benannt nach der den alten Samniten entlehnten Ausrüstung, bestehend in Visierhelm mit Kamm (Fig. 1), Busch und Raupe, Lederärmel mit Eisenschuppen am rechten Arm, Erzschiene am linken und häufig Lederstiefel am rechten Bein, breitem Metallgurt auf dem den Unterleib bedeckenden leichten Schurz, großem Schild und kurzem Schwert (Fig. 2). Der Name scheint mit der Kaiserzeit abgekommen und die Bewaffnung auf den noch schwerer gerüsteten Oplomachus und den Secutor (»Verfolger«) übergegangen zu sein. Dieser war der regelmäßige Gegner des Retiarius (»Netzkämpfer«, Fig. 3). Dieser war bewaffnet mit Fangnetz, das er dem Verfolger über den Kopf zu werfen suchte, Dreizack (fuscina) und Dolch, geschützt nur durch einen breiten Leibgurt über der Tunika oder einen Schurz und einen gepanzerten Ärmel am linken Arm, oben mit einem Schulter und Kopf seitwärts deckenden Metallblech (galerus). Weitere Arten waren der Gallus oder Myrmillo, mit offenem Helm, Schurz, Gürtel, Eisenärmel, dem gallischen sechseckigen Schild und Schwert, und der Thrax (Thraker), mit kleinem Rundschild, Schienen an beiden Beinen und Sichelschwert. Außerdem werden genannt der Laquearius, der mit einem Lasso (laqueus) den Gegner zu fangen suchte, die in jeder Hand ein Schwert führenden Dimachaerii, die auf einem mit zwei Rossen bespannten Streitwagen (essedum) kämpfenden Essedarii, die berittenen Andabatae, die in Visierhelmen ohne Augenlöcher blind auseinander losjagten. Andre Benennungen von G. beziehen sich auf besondere Umstände des Auftretens; sv hießen Bustuarii die bei Bestattungen (ad bustum oder rogum), Cubicularii die bei Gastmählern zur Unterhaltung der Gäste kämpfenden, Postulaticii und Fiscales (auch Caesariani) kaiserliche, in jeder Hinsicht bewährte G., deren Auftreten gewöhnlich zum Schluß des Fates vom Volk als Gunst erbeten wurde. Der Veranstalter des Spiels, Editor muneris, auch Munerarius genannt, machte Tag und Programm (libellus) schon längere Zeit vorher bekannt. Zum Beginn zogen die G. in Paradezug durch die Arena, woran sich ein Scheingefecht (prolusio) mit stumpfen Waffen schloß. Dann folgte auf das Zeichen der Tuba der Ernstkampf zwischen verschiedenen Arten von G. unter Musik. Weichende wurden mit Peitschen und glühenden Eisen zurückgetrieben. Wer nicht weiter konnte, ließ die Waffen sinken und erhob den Zeigefinger zum Zeichen der Bitte um Gnade. Die Gewähr der Bitte (missio) ward durch Schwenken von Tüchern verkündet; die geballte Faust mit dem Daumen nach unten befahl den Todesstoß. Die gefallenen G. wurden mit Haken nach dem sogen. Spoliarium geschleppt, wo, wenn erforderlich, ihnen der letzte Rest gegeben wurde. Die Sieger erhielten mit Binden geschmückte Kränze, auch Geldgeschenke. G., die sich wiederholt bewährt hatten, erhielten auf öffentliches Verlangen ein Stockrapier (rudis) zum Zeichen der Befreiung von weiterm Dienste. Trat ein solcher rudiarius wieder auf, so erhielt er wie die auctorati (s. oben) einen hohen Werbelohn. Bildliche Darstellungen von Gladiatorenkämpfen sind nicht selten. Wichtig ist ein in Pompeji gefundenes großes Basrelief, das die mannigfachen Situationen der Gladiatorenkämpfe darstellt. Auch auf einem zu Nennig (bei Trier) gefundenen Mosaikfußboden sind Abbildungen von solchen Kampfszenen enthalten (hrsg. von v. Wilmowsky, Bonn 1865). Vgl. Meier, De gladiatura romana (Bonn 1881).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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