Franck

Franck

Franck, 1) Sebastian, deutscher Prosaist des 16. Jahrh., geb. 1499 zu Donauwörth in Schwaben, gest. 1542 in Basel, studierte zu Heidelberg und ward Priester in Augsburg. Er wendete sich der Reformation zu und wurde protestantischer Geistlicher in Gustenfelden bei Nürnberg, zerfiel aber mit dem Luthertum, bekämpfte den Mißbrauch der Lehre vom Glauben in der Schrift »Vom Laster der Trunkenheit« (1528) und siedelte 1529 nach Straßburg über. Als er hier seine »Chronica:. Zeitbuch und Geschichtbibel von Anbeginn bis 1531« (Straßb. 1531, Ulm 1536; fortgesetzt von F. selbst bis 1543, sodann von einem Ungenannten bis 1551, o. O. 1551; holländ., Bolswart 1549), vielleicht die erste Weltgeschichte in deutscher Sprache, veröffentlichte, in der er sehr freisinnige Ansichten äußerte und die unbedingte Religionsfreiheit verteidigte, ward er 1531 auf Erasmus' Betrieb aus Straßburg verwiesen. Er wandte sich nach Eßlingen, wo er sich als Seifensieder nährte, 1533 nach Ulm, wo er eine Buchdruckerei errichtete. Von den Lutheranern, namentlich dem Ulmer Pfarrer Frecht, hartnäckig verfolgt, ward F. 1539 auch aus Ulm vertrieben und ging nach Basel, wo er starb, ein Mann von echt christlicher Frömmigkeit, männlichem Freimut und unparteiischer Wahrheitsliebe. Er schrieb noch. »Paradoxa und 280 Wunderreden« (Ulm 1533); »Weltbuch: Spiegel und Bildnis des ganzen Erdbodens« (eine in vortrefflicher Sprache abgefaßte Erdbeschreibung, Tübing. 1534; vgl. Löwenberg, Das Weltbuch S. Francks, Hamb. 1893); »Germania oder Chronica des ganzen teutschen Landes« (Augsb. 1538 u. ö.); »Die güldene Arche« (das. 1539, Bern 1557); »Sprichwörter, schöne, weise, herrliche Klugreden und Hofsprüche« (Frankf. 1541, 2 Bde.; Zürich 1547; bearbeitet von B. Guttenstein, Frankf. 1531, und Latendorf, Pößneck 1876; vgl. Pusch, Über S. Francks Sprichwörtersammlung vom Jahr 1541, Hildburgh. 1894) u. a. Francks Geschichtswerke zeichnen sich durch freimütigen Sinn und Gerechtigkeit aus. Auch in seinen übrigen Schriften offenbart sich neben vielem Phantastischen und Mystischen eine seiner Zeit weit vorangeschrittene Anschauung. Vgl. Bischof, S. F. und die deutsche Geschichtschreibung (Tübing. 1856); A. Hase, Sebastian F., der Schwarmgeist (Leipz. 1869); Weinkauff, Sebastian F. von Donauwerd (in Birlingers »Alemannia«, 1877ff.); Haggenmacher, Seb. F. (Zürich 1886); Hegler, Geist und Schrift bei S. F. (Freiburg 1892); Tausch, S. F. von Donauwörth und seine Lehren (Halle 1893).

2) Melchior, Komponist, geb. 1573 in Zittau, wurde 1603 Hofkapellmeister in Koburg, wo er 1. Juni 1639 starb. Eine lange Reihe von Bänden mit geistlichen und weltlichen Liedern, Psalmen und andern Kirchenmusiken (4–15stimmig gesetzt), auch Tänzen erschien 1601–39 in Druck. Seine zahlreichen weltlichen Liederbücher (Bergreihen, Reuterliedlein, Liebes- und andre Volkslieder, Gesänge nach italienischen Mustern etc.) haben auch literarische Bedeutung.

3) Johann, Kirchenliederdichter, geb. 1618 in Guben, studierte die Rechte, wurde 1661 Bürgermeister in Guben und starb 1677 als Landesältester der Niederlausitz. Seine besten Lieder (darunter »Schmücke dich, o liebe Seele«, »Jesu, meine Freude«, »Du schö nes Weltgebäude« etc.) enthält das Werk »Geistliches Sion« (Guben 1674), worin er Verwandtschaft mit Gerhardt zeigt, aber weniger innig und volkstümlich-einfach als dieser ist. Eine Gesamtausgabe seiner »Deutschen Gedichte« erschien Guben 1672 (neu hrsg. von Pasig, Grimma 1846). Vgl. Jentsch, Johann F. (Guben 1877).

4) Adolphe, franz. Philosoph, geb. 9. Okt. 1809 in Liocourt (Meurthe), gest. 11. April 1893 in Paris, Sohn israelitischer Eltern, studierte in Nancy und Toulouse, kam 1840 als Professor der Philosophie an das College Charlemagne nach Paris, wurde 1844 Mitglied des Instituts und Professor der klassischen Sprachen am College de France, war hier 1856–81 Professor des Natur- und des Völkerrechts und seit 1850 Mitglied der obersten Erziehungsbehörde, später Vizepräsident des israelitischen Konsistoriums. Seine insbes. für die Kenntnis der jüdischen Philosophie bedeutenden Schriften sind: »La Cabbale, ou philosophie religieuse des Hébreux« (1843, 9. Aufl. 1892; deutsch von Jellinek, Leipz. 1844); »Etudes orientales« (1861, eine Polemik gegen den Pantheismus); »Réformateurs et publicistes d'Europe. Moyenâge. Renaissance« (1863), dazu: »XVII. siècle (1881) und XVIII. siècle« (1893); »Philosophie du droit pénal« (1864, 2. Aufl. 1880), »du droit ecclésiastique (1864) und du droit civil« (1886); »La philosophie mystiqueen France à la fin du XVIII. siècle« (1866); »Morale pour tous« (6. Aufl. 1883); »Moralistes et philosophes« (1871, 2. Aufl. 1874); »Éléments de morale« (7. Aufl. 1881); »Philosophes modernes« (1879); »Essais de critique philosophique« (1885) und »Nouveaux essais« (1890); »Nouvelles études orientales« (hrsg. von Manuel, 1896). F. war auch Herausgeber des sehr brauchbaren »Dictionnaire des sciences philosophiques« (1843–49, 6 Bde.; 3 Aufl. in 1 Bd. 1885), überdies Mitredakteur des »Journal des Débats« und redigierte seit 1888 auch das Journal »Paix sociale«.

5) César Auguste, franz. Komponist, geb. 10. Dez. 1822 in Lüttich, gest. 8. Nov. 1890 in Paris, war Schüler der Konservatorien in Lüttich und Paris, seit 1872 Orgellehrer am Pariser Konservatorium und Organist von Ste.-Clotilde. F. nimmt unter den fortschrittliche Bahnen wandelnden französischen Komponisten eine hervorragende Stellung ein. In Deutschland hat besonders das symphonische Chorwerk »Die Seligpreisungen« (»Les Béatitudes«) Eingang gefunden; andre Werke sind die Oratorien »Ruth« und »Redemption«, eine Symphonie in D-dur; symphonische Dichtungen: »Les Éolides«, »Les Djinur« (mit Soloklavier), »Der wilde Jäger«, »P syche« (mit Chor); die Opern »Halda« und »Ghiselli«; symphonische Variationen für Klavier und Orchester, vier Klaviertrios, ein Klavierquintett, ein Streichquartett und eine Reihe kühn entworfener Orgelwerke, auch kirchliche Gesänge mit Orgel und Instrumenten. Vgl. Arthur Coquard, César F. (Par. 1891); Destranges, L'ouvre lyrique de César F. (das. 1896); Derepas, César F. (das. 1897); Baldensperger, Cesar F. (das. 1901).

6) Ludwig, Tierarzt, geb. 1834 in Mogger (Sachsen-Meiningen), gest. 4. April 1884, studierte in München, wurde 1854 Landgerichtstierarzt in Ebern, 1856 Veterinärarzt in der bayrischen Armee, 1864 Professor an der Tierarzneischule in München, 1878 Direktor dieser Schule. F. schrieb: »Handbuch der Anatomie der Haustiere« (Stuttg. 1870; in 4. Aufl. selbständig von Martin, 1901–04, 2 Bde.); »Handbuch der tierärztlichen Geburtshilfe« (Berl. 1876, 4. Aufl. von Albrecht und Göring 1900). Mit Bollinger gab er seit 1875 die »Deutsche Zeitschrift für Tiermedizin und vergleichende Pathologie« heraus.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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