Flore und Blanscheflur

Flore und Blanscheflur

Flore und Blanscheflur (franz. Flore et Blanchefleur, »Blume und Weißblume«), die Hauptpersonen einer weitverbreiteten mittelalterlichen Sage. Diese schildert die Liebe zweier Kinder, die, beide zur selben Stunde geboren, nach Blumen (Rose und Lilie) genannt und miteinander erzogen, aber grausam getrennt werden. Nach langem Suchen findet Flore (Flos) die Geliebte in Babylon, wo sie den Sultan heiraten soll und in einem festen Turm verwahrt wird. Er weiß zu ihr zu dringen und bleibt im geheimen bei ihr. Endlich entdeckt und zum Tode verurteilt, werfen sie den Zauberring, der eins von beiden retten könnte, weg und wollen gemeinsam sterben, worauf Verzeihung und die Vereinigung des Paares erfolgt. Zuletzt sterben beide, 100 Jahre alt, zu derselben Stunde. Das Liebespaar gehörte neben Äneas und Dido sowie neben Tristan und Isolde zu den berühmtesten der Ritterzeit. Die Sage stammt wohl aus dem Orient. Ihre literarische Ausbildung fand sie namentlich in Frankreich. Altfranzösische Bearbeitungen derselben haben Imm. Bekker (Berl. 1844) und E. du Méril (Par. 1856) veröffentlicht. Auf ihnen beruhen die deutschen Fassungen, eine niederrheinische aus der Zeit von 1170 (Ausgabe der Bruchstücke von Steinmeyer in der »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 21, S. 307), das Gedicht des Konrad Fleck (s.d.) und eine niederdeutsche Bearbeitung (hrsg. in Bruns »Gedichten in altplattdeutscher Sprache«, Berl. 1798, und in den »Niederdeutschen Denkmälern« von Wätzoldt, Brem. 1880), ferner eine mittelniederländische von Diederic von Assenede (hrsg. von Moltzer, Groningen 1879). Neuere deutsche Bearbeitungen gaben Sophie v. Knorring, geborne Tieck (Berl. 1822), Rückert u. a. Boccaccio legte die Sage seinem Roman »Il Filocopo« zugrunde, wodurch sie in Italien große Verbreitung fand und in Deutschland als Volksbuch von »Florio und Bianceflora« (zuerst Metz 1499) von neuem auflebte. Auch ins Englische (hrsg. von Hausknecht, Berl. 1885), Nordische (Isländische, Dänische, Schwedische), Böhmische und Neugriechische ging der Stoff über. Vgl. Sundmacher, Die altfranzösische und mittelhochdeutsche Bearbeitung der Sage von F. u. B. (Götting. 1872); Herzog, Die beiden Sagenkreise von F. u. B. (Leipz. 1884); ferner über die Sage: Hausknecht in der Einleitung zu seiner Ausgabe, und Crescini, Il cantare di Florio e Biancifiore (in der »Scelta di curiosità«, Bd. 233, Bologna 1889).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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