Elektrische Anlage

Elektrische Anlage

Elektrische Anlage (hierzu Tafel »Elektrische Anlagen I u. II«), die Gesamtheit aller zu einem elektrischen Betrieb notwendigen Bestandteile und ihre Anordnung. Eine e. A. besteht aus dem motorischen Teil, dessen Maschinen die mechanische Energie liefern, welche die Dynamomaschinen des elektrischen Teils der Anlage zu beliebigem Gebrauch in elektrische Energie umwandeln. Da diese mit geringen Verlusten auf große Entfernungen geleitet werden kann, so kann man mit elektrischen Anlagen Kräfte verwerten, deren Benutzung früher nicht rentabel war. Namentlich gilt dies von Wasserkräften, sowohl von so mächtigen, wie die des Niagara oder des Rheins in der Nähe des Rheinfalles, als auch von denen kleiner Flüßchen und Bäche, die hinreichen, einige wenige Lampen mit Strom zu versorgen. Es gilt dies aber auch von den beim Hochofenbetrieb abgehenden Gasen, die ein treffliches Heizmaterial für Gaskraftmaschinen geben. Am häufigsten werden als Kraftmaschinen Dampfmaschinen und Gaskraftmaschinen verwendet, und da eine Anlage um so vorteilhafter arbeitet, über je größere Kräfte sie verfügt, so sucht man möglichst viele Bedarfsstellen von einer Zentralstelle aus zu speisen. Aber auch jede kleine Anlage bedarf ihrer Zentralen, welche die Kraftmaschinen und die Dynamomaschinen nebst den zu dem Betrieb außerdem nötigen Apparaten enthält. Da die frühern Dynamomaschinen mit großer Geschwindigkeit laufen mußten, so war man namentlich bei Anwendung von Dampfmaschinen auf sehr unvorteilhafte Riemenübersetzung angewiesen. Seither hat man vielpolige Dynamos gebaut, die bei gleicher Leistung wie zweipolige viel langsamer laufen können, dann aber anderseits rasch laufende Dampfmaschinen oder Dampfturbinen, mit denen die Dynamos direkt gekuppelt werden können. Auch die Kesselfeuerungen sind wesentlich verbessert, und dadurch ist es möglich, das Brennmaterial viel vollständiger auszunutzen, wie man es früher konnte. Für die Ausnutzung der Wasserkräfte hatte man längst die rasch laufenden Turbinen zur Verfügung, mit denen man die Dynamomaschinen direkt kuppeln konnte. Danach hängt die Lage der Zentrale bei Wasserkraft von der des Gefälles, bei Benutzung von Hochofengasen von der des Hochofens ab, in andern Fällen dagegen wird man sie möglichst in die Mitte des zu versorgenden Gebietes legen. Die Einrichtung eines solchen Elektrizitätswerkes, das die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft in Moabit (Berlin) gebaut hat, zeigt Tafel I. Die Anlage hat 4 liegende Dreifach-Expansionsdampfmaschinen mit je 4 Zylindern, von denen je 2 hintereinander liegen. Jede Maschine leistet bei 50 Proz. Füllung des Hochdruckzylinders 4100 effektive Pferdekräfte.

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Tabelle
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Der erforderliche Dampf wird in 13 Wasserrohrdampfkesseln mit Überhitzern erzeugt. Mit jeder Dampfmaschine ist eine Dynamomaschine von 3000 Kilowatt Leistungsfähigkeit verbunden, die hochgespannten Drehstrom von 6000 Volt erzeugt. Am Schaltbrette, das bei keiner elektrischen Anlage fehlen darf, sind die Meßapparate für Spannung und Stromstärke, die Schalthebel, die Anlaß- und Regulierwiderstände, die Sicherungen etc. für jede Maschine angebracht, so daß der Wärter von dort aus die Maschinen beaufsichtigen und bedienen kann. Umformer, die den von der Maschine gelieferten Drehstrom in Gleichstrom verwandeln, bestehen aus einer Welle, auf der ein von der Maschine getriebener Drehstrommotor befestigt ist, auf der zugleich aber auch der Anker einer Gleichstrommaschine sitzt. Der Drehstrommotor nimmt den Gleichstromanker mit, und dieser erzeugt dann den gewünschten Gleichstrom. Liefert die Zentrale Gleichstrom, so verbindet man sie, je länger, je mehr, mit einer Sammlerbatterie. Diese schaltet man entweder so, daß sie mit der Maschine zusammenarbeitet, oder so, daß sie von dieser Ladungsstrom erhält. Auf solche Weise kann man mit einer verhältnismäßig kleinen Wasserkraft z. B. für die Beleuchtung eines Ortes ausreichen, wenn man tagsüber die Dynamo zum Laden der Sammlerbatterie benutzt, nachts aber beide auf das Beleuchtungsnetz arbeiten läßt. In jedem Falle wird die Sammlerbatterie regelnd auf den Strom im Netz wirken, indem sie, wenn plötzlich eine Anzahl Lampen ausgeschaltet werden, den nun überschüssigen Strom aufnimmt, im entgegengesetzten Fall aber den fehlenden Strom abgibt. An dem Schaltbrett müssen dann die für die Schaltung etc. der Sammlerbatterie nötigen Apparate vorhanden sein, namentlich auch Magnetnadeln, an denen der Verbindungsdraht der Maschine und der Batterie vorbeiführt und deren Lage angibt, ob die Batterie oder Teile von ihr geladen oder entladen werden.

Tafel II zeigt die Anlage des Elektrizitätswerkes am Niagara. Hier wird das Wasser etwa 2 km oberhalb des Falles dem Fluß durch einen 500 m langen Graben entnommen und den Turbinen, die 50 m unter dem Oberwasserspiegel liegen, durch 3 m starke Röhren zugeführt. Von den Turbinen führt ein 2 km langer Tunnel das Wasser dem Fluß unterhalb des Falles wieder zu. Am obern Ende des Tunnels befindet sich der in den Felsen hinein gearbeitete und mit Ziegeln ausgemauerte Turbinenschacht, in den die Turbinen eingebaut sind (Fig. 1 u. 2 der Tafel). Aus dem Graben wird das Wasser mit Hilfe von Schützen oder Toren den einzelnen Turbinenrohren zugeführt. Drei durch den Schacht gelegte Galerien ermöglichen den Zugang zu den Lagern etc. Jede Turbine (Fig. 3) besteht aus zwei Einzelturbinen, die übereinander gesetzt und durch eine gemeinsame Kammer verbunden sind. Eine der beiden Turbinen liegt über, die andre unter dem Wassereintritt, so daß der gewaltige Wasserdruck nach beiden Richtungen verteilt wird und nicht auf den Lagern lastet. Die obere Turbine erhält einen höhern Wasserdruck, um das Gewicht der Turbine, der Welle und des ausgesetzten Teiles der Dynamomaschine auszugleichen. Jede Turbine ist in ein gußeisernes Gehäuse eingeschlossen, das mit dem Wasserrohr verbunden ist. Letzteres teilt sich daher bei seinem Ausgang in zwei Arme. Die Öffnungen des Laufrades können zur Regelung durch einen sie mehr oder weniger überdeckenden Zylinder selbsttätig ganz oder teilweise geschlossen werden. Von den durch eine Welle verbundenen beiden Turbinen führt eine aus Stahlrohren gebildete Welle, die durch Führungs- und Endlager in ihrer Lage erhalten wird, nach oben bis in das Maschinenhaus und endigt in der zugehörigen Dynamomaschine. Jede Welle überträgt eine Leistung von 5000 Pferdestärken. Vgl. Weber, Installation und Berechnung elektrischer Anlagen (Leipz. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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