Eiter

Eiter

Eiter (Pus) und Eiterung (Suppuratio). Der sogen. gesunde E. stellt eine gelbliche, geruchlose oder schwach süßlich riechende Flüssigkeit von schwach alkalischer Reaktion dar, die gewöhnlich von rahmähnlicher Konsistenz, unter Umständen aber auch dünnflüssig, wasserähnlich oder breiartig eingedickt ist. Läßt man größere Mengen von E. in einem tiefen Gefäß stehen, so scheidet er sich in eine obere wasserhelle, fast farblose, dünnflüssige Schicht (Eiterserum) und in eine untere, gelb gefärbte, undurchsichtige, zähflüssige, die aus den sogen. Eiterkörperchen besteht. Das Eiterserum ist ähnlich dem Blutserum zusammengesetzt. Die Eiterkörperchen sind kleine, nur mit Hilfe des Mikroskops wahrnehmbare Zellen, die in allen ihren Eigenschaften mit den farblosen Blutkörperchen (s. Blut, S. 80 f.) übereinstimmen und in ganz frischem E. wie die Blutkörperchen amöbenartige, mit dem Mikroskop erkennbare Bewegungen ausführen. Durch Zersetzung beigemengten Blutes oder durch farbstoffbildende Bakterien kann der E. rötliche, blaue und grüne Farbe annehmen. Der E. entsteht bei gewissen Formen der Entzündung durch Ausschwitzung aus den Blutgefäßen; die Eiterkörperchen sind weiße Blutkörperchen (Leukocyten), die durch die entzündlich veränderten Wände der seinen Blutgefäße hindurchwanderten (Diapedesis). Gewöhnlich entsteht Eiterung infolge der Einwirkung bestimmter eitererregender Mikroben, und zwar findet sich meist der Kettenkokkus (Streptococcus), dessen Körnchen kettenförmig, und der Traubenkokkus (Staphylococcus aureus et albus), dessen Kokken traubenförmig aneinander gereiht sind (s. diese Artikel und Abbildungen auf Tafel »Bakterien«); auch andre Mikroben wirken eitererregend, ebenso gewisse chemische Substanzen und sterilisierte Bakterienprodukte. Der E. kann entweder auf freien Oberflächen (z. B. auf wunden Schleimhäuten, frei liegenden Wunden) gebildet werden und dann abfließen, oder er kann in den Geweben entstehen und dieselben diffus infiltrieren (Phlegmone), oder sich in einem durch den Eiterungsprozeß selbst bedingten Hohlraum ansammeln. Im letztern Fall entsteht ein Abszeß (s. d.). Der in den Geweben produzierte E. bricht entweder nach außen durch Einschmelzung der bedeckenden Weichteile durch, oder er muß durch Einschnitt entleert werden. Tritt beides nicht ein, so kann der E. erstens unter Zerfall in seine Fetttröpfchen aufgesaugt werden. Dieser Vorgang kann einer Heilung gleichkommen, wenn nicht die im E. enthaltenen Bakterien lebensfähig bleiben und anderweitige Erkrankungen hervorrufen. Sie können nämlich in andern, gewöhnlich innern Organen, wie Lungen, Herz etc., sich festsetzen und hier eiterige Entzündungen veranlassen. Man redet dann von Eitervergiftung oder Pyämie (s. d.). Werden vorwiegend die flüssigen Bestandteile des Eiters aufgesaugt, so wird er zu einer trocknen, gelblichen, käseähnlichen Masse eingedickt. Das ist besonders der Fall bei Eiterungen tuberkulöser Natur. Langdauernde Eiterungen, wie sie besonders bei tuberkulösen und syphilitischen Knochenentzündungen häufig sind, entziehen dem Körper andauernd große Mengen von Eiweiß, rufen Blutarmut hervor und bedingen sehr häufig die Amyloidentartung der innern Organe.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Eiter — Sm std. (8. Jh.), mhd. eiter n., ahd. eitar n., as. ēttar n. Stammwort. Aus g. * aitro n. Eiter, Gift , auch in anord. eitr n., ae. āt(t)or n.; aus derselben Wurzel wie Eiß; offenbar wird so zunächst die aus Geschwüren austretende Flüssigkeit… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Eiter — Eiter: Das altgerm. Wort (mhd. eiter, ahd. eit‹t›ar, niederl. etter, aengl. ātor, schwed. etter) ist nächstverwandt mit mhd., ahd. eiz̧ (noch oberd. mdal. Eiß) »Eitergeschwulst« und geht mit griech. oidáein »schwellen« und vielleicht mit der… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Eiter — (Pus, griech. Pyon), blos krankhaft in thierischen Körpern sich erzeugende Flüssigkeit. Der eigene Vorgang dabei (Eiterung) ist blos der Ausgang einer vorherigen Entzündung. Die entzündeten festen Theile verschmelzen durch u. unter der Eiterung,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Eiter — (Pus), rahmähnliche Masse, bestehend aus einer je nach Stelle und Art der Absonderung fast wasserhellen Flüssigkeit (dem Eiterserum), in dem die Eiterkörperchen oder Eiterzellen (den weißen Blutkörperchen ähnlich) schwimmen, wird abgesondert, wo… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Eiter — (Pus), dicke, gelbe, grünliche oder bräunliche Flüssigkeit, Folge von Entzündung, bestehend aus dem klaren E.saft und den färbenden E.körperchen. Die Anhäufung des E.s im Innern des Körpers heißt E.herd, der entweder selbst einen Ausweg findet… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Eiter — ↑Pus …   Das große Fremdwörterbuch

  • Eiter — Eitrige Bindehautentzündung Eine umkapselte …   Deutsch Wikipedia

  • Eiter — Ei|ter [ ai̮tɐ], der; s: gelbliche, dickflüssige Absonderung, die sich bei einer Entzündung bildet: in der Wunde hat sich Eiter gebildet. * * * Ei|ter 〈m. 3; unz.〉 entzündliche Absonderung des Körpergewebes (Wasser, weiße Blutkörperchen,… …   Universal-Lexikon

  • Eiter — der Eiter (Oberstufe) gelbliche entzündliche Körperflüssigkeit, die sich im Gewebe ansammelt Beispiel: Wenn die Wange weiter anschwillt, besteht die Möglichkeit, dass sich Eiter gebildet hat. Kollokation: den Eiter absaugen …   Extremes Deutsch

  • Eiter — Ei·ter der; s; nur Sg; eine dicke, gelbliche Flüssigkeit, die in infizierten Wunden entsteht: Die Wunde sondert Eiter ab || K : Eitererreger, Eiterpickel || hierzu eit·rig Adj …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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