Einkommen

Einkommen

Einkommen, die Summe der einer Person aus Produktion, Erwerb und Rechten periodisch zufließenden Vermögenswerte. Das E. bildet einen Teil der Einnahmen, welche auch die unregelmäßigen Anfälle (Schenkungen, Erbschaften, Spielgewinne) mit umfassen. Für den Begriff des Einkommens ist wesentlich maßgebend die Beziehung auf eine bestimmte Person, im Gegensatze zum Ertrag (s. d.), d.h. der Rente, die eine bestimmte Erwerbsquelle (Landgut, Haus, Kapital) abwirft. Wie man Roh- und Reinertrag unterscheidet, so wird gelegentlich auch von Roh- und Reineinkommen gesprochen und unter letzterm das gesamte Jahreseinkommen nach Abzug der zum Zweck seiner Erzielung an dritte Personen abzuführenden Beträge verstanden. In der Regel versteht jedoch die Wissenschaft unter E. die Summe der Güter, die eine Person ohne Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage verzehren könnte, den Zuwachs zum vorhandenen Vermögen, der teils zum Unterhalt, teils zur Kapitalisierung verwendet werden kann, also das Reineinkommen im vorhin erwähnten Sinne. Derjenige Teil des Einkommens, der zur Deckung des unentbehrlichen Unterhalts dient, wird notwendiges oder gebundenes E., der Überschuß freies E. genannt. In manchen Steuergesetzen wird mit dem Ausdruck »reines E.« das der Steuerbemessung zu Grunde liegende E., d.h. das E. nach Abzug gewisser Schuldzinsen, gesetzlicher Versicherungsbeiträge etc. verstanden. Das auf dem Besitz von ertraggebendem Vermögen (Grund- und Hausbesitz, Kapitalien, gewerblichen Anlagen etc.) beruhende E. wird fundiertes, das nur aus dem Ertrag der Arbeit fließende E. wird unfundiertes genannt. Das letztere ist bei gleicher Höhe wie das fundierte weniger leistungsfähig, da die Arbeitskraft vielen Zufälligkeiten ausgesetzt ist, von einem gewissen Alter an stetig abnimmt und ihr Verlust beim Mangel anderweitiger E. Not und Elend erzeugt. Deshalb wird das fundierte E. auch in der modernen Steuergesetzgebung höher belastet als das unfundierte.

Das gesamte E. eines Volkes läßt sich einteilen in: 1) E. der Lohnarbeiter (Arbeitslohn) als vertragsmäßiges Entgelt für einem Dritten geleistete Dienste, 2) E. aus ausgeliehenem Kapital (Pacht-, Miet-, Darlehnszins), 3) E. der wirtschaftlich selbständigen Personen aus eignen Unternehmungen. Diese Unternehmer müssen, um die Wirtschaftlichkeit ihrer Unternehmung beurteilen zu können, unter deren Kosten sowohl eine angemessene Vergütung für eigne Arbeit als auch den normalen Zinssatz für eigne Kapitalaufwendungen sowie die aus Durchschnittsrechnungen ermittelte normale Bodenrente rechnen. Was über diese Kosten hinaus erzielt wird, wäre Unternehmer-, bez. Unternehmungsgewinn. Mit Rücksicht darauf, daß die Grundrente (Bodenrente) einen eigenartigen Charakter trägt, ist es hiernach üblich geworden, das Gesamteinkommen zu zerlegen in die Hauptzweige: Arbeitslohn, Zins, Grund- oder Bodenrente und Unternehmergewinn (s. diese Artikel). Von diesen vier Hauptzweigen des Einkommens können natürlich mehrere oder auch alle bei derselben Person zusammentreffen. Es kann jemand zugleich Grundbesitzer und Kapitalist, oder Beamter und Teilhaber an einem gewerblichen Unternehmen sein, und die moderne Entwickelung der Volkswirtschaft begünstigt eine solche Kombinierung der Einkommensarten. Man bezeichnet das aus diesen vier Hauptzweigen fließende E. als ursprüngliches und stellt ihm als abgeleitetes E. dasjenige gegenüber, das weder auf Vermögensbesitz noch auf Arbeit beruht, wie das E. der unselbständigen Familienglieder, der Almosenempfänger etc. Die ältern Nationalökonomen haben das E. aller derjenigen, die nicht unmittelbar mit der Erzeugung von Sachgütern sich befassen, schlechthin als abgeleitetes bezeichnet, aber mit Unrecht; denn die Tätigkeit solcher Personen, z. B. der Beamten, kann zur Gütererzeugung ebensoviel beitragen wie die unmittelbar auf Gewinnung und Umarbeitung von Rohstoffen gerichtete.

Das gesamte Volkseinkommen läßt sich auf dreifachem Weg ermitteln. 1) Man summiert sämtliche im Lauf einer Periode gewonnenen Güter und bringt davon die Aufwendungen in Abzug, die ohne Genuß gemacht wurden. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man 2) die Reinerträge aller Einkommensquellen summiert, oder wenn man 3) die Einzeleinkommen aller Personen eines Volkes, der physischen sowohl als der juristischen (Staat, Gemeinde, Stiftungen etc.), zusammenrechnet. Die beiden ersten Berechnungsweisen kann man als reale, die letzte als personale bezeichnen. Eine genaue Berechnung des gesamten Volkseinkommens ist bei unsern Hilfsmitteln unmöglich, da viele Beträge desselben sich dem Auge entziehen und eine zutreffende Statistik fehlt. Auch die Steuerlisten (s. Steuern) gewähren keinen zuverlässigen Anhalt, weil viele E. sich der Besteuerung entziehen, andre absichtlich frei gelassen und daher nicht ermittelt werden.

Das Gesamteinkommen verteilt sich in ungleicher Weise auf die einzelnen Glieder der Gesellschaft. Die Ungleichheit wird zunächst durch Verschiedenheit in den Leistungen bedingt. Die Arbeitsfähigkeit ist ebenso verschieden wie die Leistungsfähigkeit der angewendeten Produktivmittel je nach ihrem Umfang und ihrer besondern technischen und wirtschaftlichen Beschaffenheit. Dazu kommen Ungleichheiten im Haushalt, in der wirtschaftlichen Verwendung des Einkommens, Anfälle aus Erbschaften etc., politisch-rechtliche Begünstigungen, Verschiedenheit in den natürlichen und sozialen Verwertungsvorteilen etc. Durch Änderungen in der gesellschaftlichen Verfassung können zwar einige Ursachen der Verschiedenheit beseitigt werden, doch ist eine vollständige Ausgleichung ebensowenig möglich, wie sie im Interesse der Kulturentwickelung liegt. Vgl. Rob. Meyer, Das Wesen des Einkommens (Berl. 1887); Losch, Volksvermögen, Volkseinkommen und ihre Verteilung (in den »Staats- u. sozialwissenschaftlichen Forschungen«, Leipz. 1887); v. Petražycki, Die Lehre vom E. (Berl. 1893–95, 2 Bde.); Kleinwächter, Das E. und seine Verteilung (Leipz. 1896); R. Meyer, Art. ›Einkommen‹ im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 3 (2. Aufl., Jena 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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