Dissoziation

Dissoziation

Dissoziation (lat.), Trennung, Auflösung; besonders Zersetzung chemischer Verbindungen durch Wärme (Thermolyse) in Produkte, die sich beim Abkühlen wieder zu dem ursprünglichen Körper vereinigen. Erhitzt man z. B. kohlensauren Kalk im Vakuum, so beginnt er bei 450° Kohlensäure abzugeben, deren Spannung bei 860°: 85 mm und bei 1040°: 520 mm Quecksilber beträgt. Bei Erniedrigung der Temperatur wird wieder Kohlensäure absorbiert, bis endlich bei der Ausgangstemperatur der anfängliche Zustand wiederhergestellt ist. Chlorammonium zerfällt beim Erhitzen in Chlorwasserstoff u. Ammoniak, die beim Erkalten sich wieder zu Chlorammonium vereinigen. Die D. der chemischen Verbindungen entgeht daher der Beobachtung, wenn man die Dissoziationsprodukte, ohne sie zu trennen, erkalten läßt. Zerfällt ein Molekül m in die Bestandteile a u. b, so ist der Quotient m/a.b bei gleicher Temperatur konstant, wenn m, a und b die Anzahl der in einem Liter enthaltenen Moleküle der drei Körper bedeutet. Erhitzt man Salmiak, so enthält der Dampf immer eine kleine Menge unzersetzter Salmiakmoleküle (m) neben den Chlorwasserstoff- (a) und Ammoniakmolekülen (b). Erhitzt man Salmiak in einem Raume, der freien Chlorwasserstoff oder freies Ammoniak enthält, so bleibt ein größerer Teil der Salmiakmoleküle unzersetzt. Verdampft man Salmiak in einem leeren Raum, so enthält der Dampf gleich viel Moleküle beiber Dissoziationsprodukte, und es wird also a = b, mithin m/a2 = konstant. Je mehr Salmiakdampf in einem Raum erzeugt wird, um so größer ist der Anteil desselben, der sich nicht dissoziiert. Steigt die Menge der Dissoziationsprodukte auf das Zwei-, Drei- und Vierfache, so steigt die Menge der nicht dissoziierten Moleküle auf das Vier-, Neun- und Sechzehnfache; das Verhältnis des dissoziierten zum nichtdissoziierten Anteil wird um so kleiner, je mehr Dampf in dem gleichen Raum vorhanden ist. Bei der Temperatur, bei der die D. beginnt, bleibt ihr Betrag sehr gering, solange die Dissoziationsprodukte nicht voneinander getrennt werden, sie schreitet aber bei derselben Temperatur weiter vor, wenn man z. B. bei der Zersetzung des kohlensauren Kalkes die frei gewordene Kohlensäure durch ein indifferentes Gas beseitigt. Sind die der D. unterliegenden Körper Dämpfe oder Gase, so gibt sich die D. durch Verminderung der Dampfdichte zu erkennen, und aus dieser Verminderung läßt sich für jede Temperatur der verhältnismäßige Betrag der D. berechnen. Bei Lösungen nennt man D. den Zerfall der Moleküle der Elektrolyten in Ionen. Dieser Zerfall unterliegt bei den meisten Elektrolyten demselben Gesetz wie der Zerfall größerer Moleküle in kleinere Moleküle und Atome überhaupt. – Für technische Zwecke hat man die D. zur Konstruktion von Pyrometern und Thermometern benutzt. Eine glasierte, luftleere Porzellanröhre, die reinen kohlensauren Kalk enthält, wird in dem Ofen, dessen Temperatur bestimmt werden soll, erhitzt und der Druck der sich entwickelnden Kohlensäure an einem mit dem Porzellanrohr verbundenen Manometer gemessen. Für niedere Temperaturen ist eine chemische Verbindung anzuwenden, die sich sehr viel leichter zersetzt als kohlensaurer Kalk, z. B. Chlorcalciumammoniak, bei dem die Spannungen des zwischen 0 und 46° frei werdenden Ammoniaks von 120–1551 mm schwanken.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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