Agrippīna

Agrippīna

Agrippīna, 1) A., die ältere, Tochter des M. Vipsanius Agrippa (s. Agrippa 1) und der Julia, Enkelin des Augustus, Gemahlin des Germanicus; dem sie neun Kinder geboren hat, ausgezeichnet durch edlen und hochherzigen Charakter, aber unfähig, ihren leidenschaftlichen Sinn zu beherrschen. Nach dem Tod ihres Gemahls, den sie, keine Anstrengung scheuend, auf seinen Feldzügen begleitet hatte, kam sie bei Livia und Tiberius in den Verdacht, für ihre Kinder nach der Herrschaft zu streben, und beschleunigte durch ihre Rücksichtslosigkeit ihren Untergang. Von Sejanus verleumdet, von Tiberius auf die Insel Pandateria verbannt, mußte sie zwei ihrer Söhne der Arglist Sejans zum Opfer fallen sehen und starb 33 n. Chr. selbst den Hungertod. Nur einer ihrer Söhne, der nachmalige Kaiser Gajus Caligula, überlebte sie. Die sitzende Statue im kapitolinischen Museum zu Rom (s. Tafel »Bildhauerkunst V«, Fig. 9) gilt ohne genügenden Grund als ihr Bildnis. Vgl. Stahr, Römische Kaiserfrauen (2. Aufl., Berl. 1880, S. 221 ff.).

2) A., die jüngere, Tochter des Germanicus und der vorigen, brachte es, nachdem sie vorher an Cn. Domitius Ahenobarbus und Passienus Crispus verheiratet gewesen, durch die niedrigsten Künste dahin, daß Kaiser Claudius, ihr Oheim, sie zur Gemahlin nahm, um so ihren Sohn erster Ehe, den nachmaligen Kaiser Nero, auf den Thron zu erheben. Danach wurde Claudius von ihr vergiftet und Nero als Kaiser ausgerufen. Aber auch diesem wurde ihre Herrschsucht bald unbequem; nach dem vergeblichen Versuche, sie mittels eines dazu hergerichteten Schiffes zu ertränken, ließ er sie (59 n. Chr.) in ihrem Landhaus zu Bauli durch Soldaten ermorden. Ihren Geburtsort, Oppidum Ubiorum, erweiterte A. durch Ansiedelung von Veteranen (50 n. Chr.), und ihr zu Ehren wurde er Colonia Agrippinensis oder Agrippina (Köln) genannt. Ihr Bildnis ist in einer Statue aus Cervetri im Lateran erhalten; die berühmte sitzende im Nationalmuseum zu Neapel ist ihr mit Recht abgesprochen worden. Vgl. Stahr, Agrippina (2. Aufl., Berl. 1880).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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