Choiseul [2]

Choiseul [2]

Choiseul (spr. schŭasöl), Name einer franz. Adelsfamilie, von dem Flecken Cho (seul im Depart. Obermarne herrührend. Die Familie stammte von den Grafen von Langres ab und teilte sich in mehrere Zweige. Die wichtigsten Mitglieder sind:

1) Etienne François, Herzog von C.-Amboise, Marquis von Stainville, franz. Staatsmann, geb. 28. Juni 1719, gest. 7. Mai 1785, ursprünglich Graf Stainville, trat in den Militärdienst und zeichnete sich im Österreichischen Erbfolgekrieg bei Prag (1741) aus. Nach seiner Rückkehr wurde er, geistreich, gewandt, aufgeklärt und taktvoll, ein Günstling der Marquise von Pompadour, 1748 Generalleutnant und 1758 Herzog von C. Die Pompadour machte ihn 1756 zum Gesandten in Rom und dann in Wien, wo er für das Bündnis mit Österreich gegen Friedrich d. Gr. arbeitete. Obwohl diese Politik Frankreich opfervoll und unpopulär war, hielt C., der im Oktober 1758 das Ministerium des Auswärtigen übernahm, auf das Geheiß seiner Beschützerin daran fest, konnte aber nichts ausrichten, da fast alle Generale unfähige Hofleute waren. C. übernahm daher 1761 das Kriegs-, später auch das Marineministerium und überließ das Auswärtige seinem Vetter C., nachmaligem Herzog von Praslin. Auch brachte er 15. Aug. 1761 den Bourbonischen Hausvertrag (s.d.) zwischen Frankreich, Spanien, Parma und Sizilien zustande. Populär wurde C. erst durch den Pariser Frieden vom 10. Febr. 1763 und noch mehr, als er den König zur Aufhebung des Jesuitenordens in Frankreich bewog. Selbst der Tod der Pompadour (1764) erschütterte nicht die Stellung Choiseuls. Er befolgte ein festes System: Freiheit und Versöhnlichkeit im Innern, nach außen Isolierung Englands. C. bekämpfte den jesuitischen Einfluß, nahm die Jansenisten und Protestanten in Schutz und begünstigte die Parlamente, förderte Handel und Industrie sowie die wissenschaftliche Tätigkeit. An dem Bündnis mit Österreich hielt er fest und brachte die Vermählung der Kaisertochter Marie Antoinette mit dem Dauphin zustande. Er verschaffte Frankreich durch einen Vertrag mit der Republik Genua (1768) und durch militärische Maßregeln bis zum Juni 1769 den Besitz der Insel Korsika. Die Gunst des Königs verlor C. durch die unwürdige neue Maitresse Ludwigs XV., die Dubarry, der C. offen seinen Widerwillen zeigte. Als nun C. den Ausbruch des Rachekrieges gegen England zu beschleunigen suchte und sich an Spanien anschloß, ließ ihn Ludwig XV. fallen (24. Dez. 1770). C. durfte sich nach seinem Landsitz Chanteloup an der Loire begeben. Ludwig XVI. gestattete bei seiner Thronbesteigung 1774 C., wieder am Hof zu erscheinen. Die 1790 unter seinem Namen herausgegebenen »Memoiren« sind unecht. Vgl. K. v. Schlözer, C. und seine Zeit (2. Aufl., Berl. 1857); Grasset, Madame de C. et son temps (Par. 1874); Daubigny, C. et la France d'outremer (das. 1892); Calmettes, C. et Voltaire (das. 1902); Maugras, Mad. de C. et le patriarche de Ferney (das. 1889); Derselbe, Leduc et la duchesse de C. (das. 1902) und La disgrâce du duc et de la duchesse de C. (das. 1903).

2) Marie Gabriel Auguste Laurent, Graf von C.-Gouffier, franz. Diplomat und Altertumsforscher, geb. 27. Sept. 1752, gest. 20. Juni 1817, reiste 1776 nach Griechenland und veröffentlichte darüber den »Voyage pittoresque de la Grèce« (1780–1824, 3 Bde., mit 300 Kupfertafeln; neue Ausgabe, von Miller und Hase besorgt, 1840–52), der ihm 1784 die Mitgliedschaft der französischen Akademie erwarb. Bald darauf zum Gesandten in Konstantinopel ernannt, verfolgte er seine Studien weiter. Als das Königtum gestürzt wurde, floh er nach Rußland. Paul I. ernannte ihn zum Staatsrat, Direktor der Kunstakademie und kaiserlichen Bibliothekar. Nach Alexanders I. Thronbesteigung (1801) kehrte er nach Frankreich zurück und lebte mir den Wissenschaften. Nach der Restauration wurde er Pair von Frankreich, Staatsminister und Mitglied des Kabinettsrats.


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