Cherubīni

Cherubīni

Cherubīni (spr. ke-), Maria Luigi Carlo Zenobio Salvatore, Komponist, geb. 14. Sept. 1760 in Florenz, gest. 15. März 1842 in Paris, Sohn eines Musikers, der Cembalist am Pergolatheater war, erhielt seine Ausbildung durch namhafte Lehrer, zuletzt durch Sarti in Venedig. Nachdem er zunächst im Kirchenstil seine Kräfte geübt, stellte er sich 1780 in Alessandria mit der Oper »Quinto Fabio« als dramatischer Komponist vor und ließ dem ersten Werk schnell mehrere andre folgen, die ihn so weit bekannt machten, daß er 1784 an die Italienische Oper nach London gezogen und zum Hofkomponisten ernannt wurde. 1786 führte ihn Viotti privatim in die besten Pariser Musikerkreise ein, doch ging er zunächst noch einmal nach Italien, um in Turin seine »Iphigenie in Aulis« (1787) zu inszenieren, nahm aber 1788 definitiv seinen Wohnsitz in Paris, fungierte 1789–1792 als Kapellmeister an dem von Viotti und Léonard Astié begründeten italienischen Theater (de la Foire St.-Germain) und wurde nun durch die Bekanntschaft mit der Musik Glucks, Haydns und Mozarts in eine ganz andre Richtung gedrängt, die kurz und gut auf den Einfluß der deutschen Meister zurückzuführen ist. Schon seine erste französische Oper: »Demophoon« (1788), hatte sich durch Tiefe der Empfindung, Kühnheit der Harmonien und Rhythmen sowie durch geistreiche Instrumentalbegleitung von seinen bisherigen, für Italien geschriebenen vorteilhaft unterschieden; noch ungleich deutlicher aber traten diese Vorzüge in den folgenden Opern hervor: »Lodoisca« (1791), »Elisa, ou le voyage du Mont Bernard« (1795), »Medée« (1797), vor allen in »Les deux journées« (»Der Wasserträger«, 1800), die bis zur Gegenwart einen Ehrenplatz auf allen Bühnen behauptet hat. C. schuf, da er von Natur zum Seriösen neigte, aber vergebens nach einem Auftrag der Großen Oper strebte, in diesem für die beschränkten Mittel des Vorstadttheaters geschriebenen Werke ein ganz neues Genre der Oper, die erste Oper mit Dialog, die schnell zu großer Beliebtheit gelangte. Von Napoleon, den C. wegen seiner Liebhaberei für die Neapolitaner Paesiello und Cimarosa abfällig beurteilt hatte, mit entschiedener Mißgunst behandelt, nahm C. 1805 ein Engagement nach Wien an, wo er seine »Lodoisca« neu inszenierte und für das Kärntnertortheater »Fanisca« schrieb, mit der er die uneingeschränkte Anerkennung Haydns und Beethovens fand. Während der Okkupation Wiens durch die Franzosen befahl zwar Napoleon C. zur Leitung der Hofkonzerte, doch hielt seine Ungnade auch späterhin an, und die Große Oper von Paris blieb C. dauernd verschlossen, was ihn veranlaßte, sich für längere Zeit auf das Schloß des ihm befreundeten Fürsten von Chimay zurückzuziehen und sich mehr und mehr der Kirchenkomposition zuzuwenden. Von jetzt an zeigte er sich nur noch ausnahmsweise als dramatischer Komponist, vermochte auch mit keiner der noch folgenden Opern die Höhe seiner frühern Erfolge wieder zu erreichen. Schon 1795 bei Organisation des Konservatoriums war C. eine der Inspektorstellen übertragen worden, die er zu Beginn der Restauration verlor; doch wurde er 1816 als Kompositionsprofessor angestellt und zum Obermusikintendanten ernannt. 1821 übernahm er die Direktion des Konservatoriums, das während der 20 Jahre seiner Direktorschaft zu höchstem Ansehen stieg. 1841 trat er in den Ruhestand. Von seinen Arbeiten außerhalb der Bühne sind namentlich seine beiden »Requiem« (in C moll und D moll, letzteres für Männerchor), seine beiden Messen (in F und A) und seine dauernd geschätzten sechs Streichquartette hervorzuheben. Ohne Zweifel ist C. einer der bedeutendsten Künstlerindividualitäten der Beethovischen Zeit, an Ernst und Gediegenheit diesem nahestehend. Sind auch seine Opern mit alleiniger Ausnahme des »Wasserträger« heute vom Repertoire verschwunden, so gehören doch seine OuvertürenAnacréon«, »Abencérages«, »Médée«, »Lodoisca«, »Fanisca«) zu den Edelsteinen der Orchesterliteratur. Äußerst erfolgreich hat sich C. auch als Lehrer betätigt; zu seinen Schülern im Kontrapunkt gehören Auber und Halévy. Das unter seinem Namen veröffentlichte Lehrbuch des Kontrapunkts: »Cours de contrepoint« (Par. 1835; deutsch von Stöpel, Leipz. 1835; neue Bearbeitung von G. Jensen, Köln 1896) ist nur die durch Halévy fixierte Darstellung seiner Unterrichtsmethode; dagegen beteiligte sich C. an der Redaktion mehrerer vom Konservatorium herausgegebenen Unterrichtswerke. Vgl. »L. C., kurze Biographie und ästhetische Darstellung seiner Werke« (Erfurt 1809); Picchianti, Notizie sulla vita e sulle opere di L. C. (Flor. 1844); Gamucci, Intorno alla vita ed alle opere di Luigi C. (das. 1869); Bellasis, C., memorials illustrative of his life (Lond. 1874); Pougin in der Zeitschrift »Le Ménéstrel« (1882–83); Crowest, Cherubini (Lond. 1890).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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