Charkow [1]

Charkow [1]

Charkow (spr. chárkoff, früher die Slobodische Ukraine), Gouvernement im europ. Rußland, bildet einen Teil von Kleinrußland und grenzt im N. an die Gouvernements Kursk und Woronesh, im O. an das Land der Donischen Kosaken, im S. an Jekaterinoslaw, im W. an Poltawa, mit einem Areal von 54,495 qkm (989,7 QM). Das Land ist ein mäßiges Hochplateau von 100–150 m mittlerer Höhe mit Steilabfällen an den Flüssen und vielen Einschnitten oder Erdschluchten (Balka oder Bujerak genannt). Flüsse sind: der Donez, die Worskla, Sula, der Wir und der Psiol. Im Frühjahr überschwemmen diese Flüsse das Land weithin und machen es durch ihren Schlamm fruchtbar. Das Klima ist gemäßigt, aber unbeständig, die Jahrestemperatur 6,2°, der Winter oft sehr streng, der Sommer heiß. Die Einwohner, an Zahl (1897) 2,509,811 (46 auf 1 qkm), bestehen der Hauptmasse nach aus Kleinrussen und Kosaken, außerdem aus Großrussen, der griechischen Kirche angehörigen Kalmücken, Deutschen, Juden und Zigeunern. Die städtische Bevölkerung macht nur 15 Proz. der Gesamtbevölkerung aus. Ackerbau und Viehzucht sind die Haupterwerbszweige. Man baut sehr viel Getreide aller Art, darunter auch Mais, Buchweizen und Hirse; außerdem viel Zuckerrüben (1899: 1,170,271 Ton.), Tabak, Gemüse und Obst. Vom Gesamtareal kommen 57,2 Proz. auf Ackerland, 23,9 Proz. auf Grasland; 11 Proz. sind von Wald bedeckt, und 4,7 Proz. stellen unproduktives Land dar. Von besonderer Bedeutung ist die Pferdezucht, die in 53 Gestüten (unter diesen ragen die Bjelowodskischen hervor) vortreffliche Reitpferde für das Militär liefert, und die Schafzucht, die C. zum ersten Wollmarkt Rußlands gemacht hat. Das Gouvernement zählte 1891: 312,000 Pferde, 570,000 Stück Rindvieh, 953,000 Schafe, 286,000 Schweine. Auch bedeutende Bienenzucht sowie Seidenbau werden betrieben. Der Fischfang ist unbedeutend. Der Bergbau ist ganz unbedeutend; wichtiger ist die Salzgewinnung, die 1897: 54,1 Mill. kg ergab. Die Industrie ist seit den letzten Jahrzehnten in bedeutendem Wachsen begriffen; man zählte 1893: 381 Fabriken mit 84 Mill. Mk. Jahresproduktion. Am ansehnlichsten ist die Rübenzuckerfabrikation, die 28 Etablissements umfaßt, die 1899–1900: 1,096,859 Ton. (u 1000 kg) Rüben verarbeiteten, aus denen 10,65 Proz oder 118,4 Mill. kg Zucker gewonnen wurden. Außerdem gibt es zahlreiche Wollwäschereien, Bier- und Metbrauereien, Branntweinbrennereien, Ziegelbrennereien und in neuester Zeit eine ansehnliche keramische Industrie. Der Handel ist außer in der Hauptstadt wenig entwickelt, obwohl das Gouvernement von den großen Eisenbahnlinien, die Moskau mit den Häfen des Schwarzen und Asowschen Meeres verbinden, durchschnitten wird. Es finden etwa 600 Jahrmärkte statt, auf denen vornehmlich Häute, Wolle, Vieh, besonders Pferde, Leder-, Seiden-, Wollen- und Baumwollenwaren, sodann Pelz-, Holz-, Eisen- und Stahlwaren etc. umgesetzt werden. Das Gouvernement C. zerfällt in die elf Kreise: Achtyrka, Bogoduchow, C., Isjum, Kupjansk, Lebedin, Smijew, Sumy, Starobjelsk, Walki und Woltschansk.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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