Carracci

Carracci

Carracci (Caracci, spr. -rátschi), ital. Malerfamilie aus Bologna, die Häupter der bis ins 18. Jahrh. einflußreichen Schule der bolognesischen Eklektiker.

1) Lodovico, geb. 21. April 1555 in Bologna, gest. daselbst 13. Nov. 1619, der Gründer der Schule, widmete sich erst in seiner Vaterstadt, dann in Venedig, Florenz, Parma und Mantua gründlichen Studien nach Tizian, Tintoretto, A. del Sarto, Correggio u. a. Nach Bologna zurückgekehrt, stiftete er mit seinen Vettern Agostino und Annibale C. die Accademia degli Incamminati (»der auf den rechten Weg Gebrachten«), und es gelang ihnen, trotz der erbitterten Rivalität der alten Maler die junge Künstlerschaft Bolognas in ihr Atelier zu locken und sie durch gründliche Unterweisung auszubilden. Die C. wiesen auf die großen alten Meister hin, wobei sie sich bestrebten, ihre Vorzüge zu verbinden. Trotz dieses Eklektizismus war Lodovico ein tüchtiger Maler; sorgsames Studium, kräftige Farbe und oft eine überraschende Feinheit des Gefühlsausdrucks sind seine Eigenschaften. Freilich arbeitete er mit derbern Effekten als die großen Alten, und die pathetische Richtung des 17. Jahrh. ist zum großen Teil auf ihn zurückzuführen. Die meisten seiner Gemälde, in Öl und Fresko, finden sich noch in Bologna (darunter sieben große Fresken im Kloster San Michele in Bosco). Sein letztes Bild war die Verkündigung Mariä im Dom zu Bologna; der Gram über einen daran zu spät entdeckten Fehler soll ihm den Tod gebracht haben. Vgl. Bolognini-Amorini, Le vite di Lodovico, Agostino, Annibale ed altri dei C. (Bologna 1840); Janitschek in Dohmes »Kunst und Künstler« (Leipz. 1879).

2) Agostino, Maler und Kupferstecher, geb. 16. Aug. 1557 in Bologna, gest. 22. März 1602 in Parma, war zum Goldschmied bestimmt, widmete sich dann aber der Malerei, die er unter Fontana erlernte, worauf er sich durch Reisen in die Lombardei und Venedig weiter ausbildete. Dabei versäumte er aber auch das Studium der Wissenschaften und der Dichtkunst nicht, so daß seine Lehrtätigkeit in der Akademie nach dieser Seite hin besonders sich geltend machte. Als die Kartäuser in Bologna seinem Bilde: die Kommunion des heil. Hieronymus (jetzt in der Pinakothek da selbst), den Vorzug vor den Leistungen der Mitbewerber, worunter sein Bruder Annibale, zusprachen, soll ihn dieser aus Eifersucht beredet haben, sich ausschließlich dem Stich zu widmen. Später malte C. gemeinschaftlich mit dem Bruder an den Fresken des Pal. Farnese in Rom; der Eifersüchtige soll ihn hier wieder von der Arbeit verdrängt haben, als Agostinos Arbeiten besser gefielen als die seinigen. Gebrochenen Herzens begab sich C. zum Herzog Ranuccio nach Parma, den er zweimal porträtierte. Im Palazzo del Giardino malte er für den Fürsten noch die Fresken der himmlischen, der irdischen und der käuflichen Liebe, die er bis auf eine Figur vollendet hatte, als ihn der Tod wegraffte. Seine Hauptbedeutung liegt auf dem Gebiete des Kupferstiches. Im Anschluß an den Niederländer C. Cort gewann er eine größere Freiheit und Mannigfaltigkeit in den Strichlagen, als alle Frühern hatten, und zeichnete dabei in fester und auf große Wirkung gerichteter Art mit starker Betonung des Malerischen. Die Zahl seiner Blätter beträgt etwa 270; sie sind z. T. nach seinen eignen Erfindungen, z. T. nach italienischen Meistern des 16. Jahrh. ausgeführt.

3) Annibale, Bruder des vorigen, geb. 3. Nov. 1560 in Bologna, gest. 14. oder 15. Juli 1609 in Rom, erlernte die Malerei unter Lodovico C. In Parma, wo er von 1580 an 3 Jahre lang verweilte, studierte er Correggio, dann in Venedig Tizian, Tintoretto und Paolo Veronese. Nach Bologna zurückgekehrt, entfaltete er hier eine große Tätigkeit, malte in Fresko mit Lodovico und Agostino in den Palästen Fava, Magnani, in Kirchen etc. und schuf zugleich viele Ölgemälde. Von dem Kardinal Farnese nach Rom berufen (1600), führte er in dessen Palast mythologische Fresken aus, wobei er sich Michelangelos Sixtina fresken zum Vorbild nahm, durch edle Komposition, gediegene Zeichnung und prächtiges Kolorit sein Hauptwerk. Durch Studien nach Raffael und Michelangelo hatte er sich einen größern Stil angeeignet. Acht Jahre lang arbeitete er mit Hilfe seines Bruders und seiner Schüler an diesen Fresken. Der niedrige Preis von 500 Studi für die Arbeit soll C. in Schwermut und Krankheit gestürzt haben, der er in Rom erlag. Er fand seine Ruhestätte im Pantheon an der Seite Raffaels. Gemälde von ihm finden sich zahlreich in Bologna, Rom, Neapel, Paris, London, Dresden, Berlin, Wien u. a. O. Obwohl er nicht so gebildet war wie sein Bruder, hat er den größten Einfluß auf die Eklektikerschule durch die Kühnheit und Sicherheit seiner Zeichnung und durch sein an Correggio erinnerndes Kolorit gewonnen. Es ist nach ihm sehr viel gestochen worden, namentlich auch nach seinen zahlreich vorkommenden Zeichnungen. S. Guillain radierte unter Beihilfe Algardis die Ausrufer von Bologna: Le arti di Bologna, in 78 Blättern (Rom 1646, spätere Ausg. 1740); dieselben auch G. M. Mitelli (Bologna 1660). Die Galerie Farnese ist oft erschienen (von C. Cesio, P. Aquila u. a.), außerdem: Elementi del disegno di A. C. intagliate da Poilly, 30 Blätter.

4) Antonio Marziale, Maler, natürlicher Sohn Agostino Carraccis, geb. 1583 in Venedig, gest. 1618 in Rom, lernte bei seinem Vater und bei Annibale in Rom, begab sich dann mit Sisto Rosa nach Bologna, von da aber bald wieder nach Rom, wo er die durch Annibales Tod verwaiste Schule der C. wieder erwecken wollte. Die meisten seiner Fresken und Ölbilder befinden sich in Rom, eine Darstellung der Sintflut im Louvre zu Paris.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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