Callot

Callot

Callot (spr. -lo), Jacques, franz. Zeichner, Kupferstecher und Radierer, geb. 1592 in Nancy, gest. 28. März 1635 in Paris, zeigte früh einen Drang nach künstlerischem Schaffen, der im Atelier des Glasmalers Claude Henriet am Hoflager von Nancy Nahrung fand. Da der Vater, Wappenherold von Lothringen und Bar, ihn für ein Staatsamt bestimmt hatte, entfloh C., kaum 12 Jahre alt, dem Vaterhaus und schloß sich einer Zigeunerbande an, die nach Italien zog. Die Eindrücke, die die abenteuerlichen Gestalten und ihr Leben auf C. machten, haben sich später in vielen seiner Darstellungen ausgeprägt, insbes. in den vier Blättern der Bohémiens. In Florenz verließ er die Bande. Ein Offizier nahm sich des Knaben an, übergab ihn dem Federzeichner Remigio Canta-Gallina, der ihn besonders die Radiernadel beherrschen lehrte, und stattete ihn auch mit Reisegeld nach Rom aus. Dort traf er Kaufleute aus Nancy, die ihn zur Heimkehr bewogen. Aber erst nach zwei Jahren schickte ihn der Vater endlich zur Erlernung der Malerei nach Rom. C. fühlte jedoch bald einen stärkern Beruf zum Kupferstecher und wurde daher ein Schüler von Philipp Thomassin aus Troyes. 18 Blätter, die er ungefähr bis zum 20. Lebensjahr vollendete, zeugen von rascher Ausbildung seines Talents. Hierauf ging er nach Florenz, wo ihm Großherzog Cosimo 11. einen Jahrgehalt, freie Wohnung und andre Vorteile verschaffte. Zu seinen besten Leistungen aus dieser Zeit gehören: eine-Madonna nach A. del Sarto; 20 Stiche, Schlachten und Siege der Medici darstellend, und die sieben Todsünden nach Bernardino Poccetti. Einer raschen selbständigen Produktion zuliebe griff C. jetzt zur Radiernadel und zu der Ätzkunst. Die prachtvollen Ritterspiele, Turniere, Karusselle etc. am Hofe von Florenz veranlaßten die Entstehung von vier Blättern Hoffeste und sechs Blättern Schauspiele und Ballette, denen vier Blätter Schiffe und Galeeren des Herzogs, ein Skizzenbuch für junge Maler und mehrere größere Werke, wieder Mord der unschuldigen Kinder, der Markt vor der Kirche der Madonna dell' Imprunata (Messe von Florenz genannt), die Versuchung des heil. Antonius etc., folgten. Nach Cosimos II. Tode kehrte C. nach Nancy zurück und fand dort bei Herzog Heinrich freundlichen Empfang. Von der großen Zahl Blätter aus dieser Zeit sind die 392 Heiligenbilder, ein Martyrologium für den Kardinal Richelieu, die Passion in zwei verschiedenen Reihenfolgen, Kapricen- und Maskendarstellungen, besonders aber das große Karussell und die Straße, in der es vorging (zehn Blätter), hervorzuheben. In seinen spätern Arbeiten wird ein erheblicher Fortschritt im Gebrauch der Radiernadel und eine häufigere Verbindung der Nadel mit dem Grabstichel sichtbar. Werke dieser Art sind seine Bettler, Zigeuner etc., ferner 18 große und,7 kleine Blätter: »Misères de la guerre«, die zu seinen Hauptwerken gehören, seine Phantasien etc. Für die Statthalterin der spanischen Niederlande, Isabella, stach er die Belagerung von Breda; Ludwig XIII. berief ihn an seinen Hof und übertrug ihm die Darstellung der Befreiung der Insel Ré und der Eroberung von La Rochelle. Als aber der König 1633 Nancy eroberte und das Herzogtum dem französischen Reich einverleibte, bat C., der vom König aufgefordert worden war, die Eroberung von Nancy darzustellen, ihn als Lothringer mit so entehrenden Aufträgen zu verschonen. Zu seinem patriotischen Gram gesellten sich auch noch Körperleiden, denen er frühzeitig erlag. Callots Kunststreben war lediglich der treuen Auffassung der Natur zugewendet. Diese suchte er wiederzugeben, wie er sie fand und um sich sah, aber ebenso durch überraschende Wahrheit und Innigkeit zur Kunst erhoben. Darum sind auch diejenigen seiner Schöpfungen, die der Heiligen Geschichte angehören, von geringerm Kunstwert als diejenigen, die sich auf dem profanen Gebiet bewegen. Seine Stärke lag auch in der gewandten Bewältigung der Massen. Frisch und eigentümlich ist er immer, sowohl in seinen Phantasien als in seinen aus dem Leben genommenen Darstellungen. Die Zahl seiner Blätter beträgt weit über 1000. Ein Verzeichnis gibt E. Meaume, Recherches sur la vie et les ouvrages de J. C. (Nancy 1860, 2 Bde.). Vgl. auch Thausing, Le livre d'esquisses de J. C. dans la collection Albertine à Vienne (Wien 1881), und die Biographien von Dumast (Nancy 1875), A. Houssaye (Par. 1875), Vachon (das. 1886), Bouchot (das. 1890) und Kinkel, in Dohmes »Kunst und Künstler«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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