Buckingham [3]

Buckingham [3]

Buckingham (spr. böckinghǟm), 1) George Villiers, Herzog von, geb. 28. Aug. 1592 aus altem normännischen Geschlecht, gest. 23. Aug. 1628. Schön, liebenswürdig, aber keck und ehrgeizig, wurde er seit 1615 der einflußreichste Günstling Jakobs 1., der ihn zum Mundschenken, Kammerherrn, Oberstallmeister, Marquis und Herzog von B., Großsiegelbewahrer etc. erhob. Er betrieb eifrig den Plan Jakobs, den Prinzen von Wales, Karl, mit der spanischen Infantin Maria zu vermählen, und begleitete diesen ohne Erfolg 1623 nach Madrid. Nach seiner Rückkehr veranlaßte B. den König im Einvernehmen mit dem Parlament und der öffentlichen Meinung, an Spanien den Krieg zu erklären, vor dessen Beginn jedoch Jakob 1625 starb. Als nun aber B. die französische Heirat Karls I. vermittelte, erhob sich eine lebhafte Opposition gegen den auch jetzt noch allmächtigen Günstling. Freilich löste Karl, um ihn vor einer Anklage zu retten, das Parlament auf und bestätigte ihn in allen seinen Würden. Als aber der Krieg gegen Spanien und ein zweiter gegen Frankreich, den B. leichtsinnig begann, unglücklich geführt wurden, als insbes. die von B. selbst befehligte Expedition nach La Rochelle und der Insel Ré 1627 kläglich scheiterte, steigerte sich die Erbitterung immer mehr, und das Volk betrachtete es fast als eine Erlösung, daß der Herzog von einem verabschiedeten Leutnant, John Felton, aus Privatrache zu Portsmouth ermordet wurde. Der König ließ den Leichnam zu London in der Kapelle Heinrichs VII. beisetzen. Um die Universität Cambridge machte sich B. durch den Ankauf einer Sammlung orientalischer Manuskripte verdient. Vgl. Gardiner, History of England under the duke of B. and Charles I., 1624–1628 (Lond. 1875, 2 Bde.).

2) George Villiers, Herzog von, Sohn des vorigen, geb. 30. Jan. 1628 in London, gest. 16. April 1687, focht seit 1648 auf seiten der Royalisten und floh 1651 nach Holland, kehrte aber 1657 nach England zurück, heiratete die Tochter des Lords Fairfax und lebte als Privatmann auf den Gütern seines Schwiegervaters, bis er auf Befehl Cromwells 1658 in den Tower gebracht wurde. Erst im Februar 1659 wurde er freigelassen. Karl II. ernannte ihn zum Kammerherrn, Mitglied des Geheimen Rates, Lord-Lieutenant der Grafschaft York, Großstallmeister etc. und gab ihm seine Güter und den Herzogstitel zurück. 1669 war er Mitglied des Cabalministeriums (s.d.), ging nach dessen Auflösung 1674 zur Opposition über und erklärte sich gegen den Testeid und die vom König verfügte Parlamentsverlängerung, weshalb er sogar kurze Zeit im Tower saß. Nach Karls II. Tode zog er sich vom öffentlichen Leben zurück und verfaßte unter andern Schriften ein Lustspiel: »The Rehearsal« (Lond. 1672), eine geistreiche Satire auf Drydens dramatische Modedichtung; in alchimistischen Experimenten und unsinnigen Ausschweifungen vergeudete er sein Vermögen. Mit seinem Tod erlosch die Hauptlinie des Hauses Villiers; von Nebenzweigen stammen die Grafen von Jersey und von Clarendon. Eine (unvollständige) Sammlung seiner Werke erschien in London zuletzt 1775 in 2 Bänden.

3) John Sheffield, Herzog von Normanby und B., als Dichter, Krieger und Hofmann bekannter Günstling Karls II. von England, geb. 7. April 1648 als Sohn des Grafen Edmund von Mulgrave, gest. 24. Febr. 1721, ward 1673 zum Kapitän eines Kriegsschiffes und Obersten eines Infanterieregiments ernannt und diente dann kurze Zeit in Frankreich unter Turenne. 1680 befehligte er die Hilfstruppen, die das von den Mauren belagerte Tanger entsetzten. Nach Jakobs II. Thronbesteigung wurde B. zum Mitgliede des Geheimen Rates und zum Großkämmerer ernannt und näherte sich der katholischen Kirche, unterwarf sich aber nach Jakobs Flucht 1688 Wilhelm III., der ihn 1694 zum Marquis von Normanby ernannte. Nach der Thronbesteigung der Königin Anna, nach deren Hand er früher einmal vergeblich gestrebt hatte, wurde er zum Geheimsiegelbewahrer und 1703 zum Herzog von Normanby und B. ernannt, legte aber, mit Marlborough zerfallen, seine Ämter nieder und ging zu den Tories über. 1710 wurde er nach Marlboroughs Sturz Präsident des Geheimen Rates. Nach Annas Tode war er bis zur Ankunft Georgs I. von Hannover Mitglied der Regentschaft, verlor dann aber alle seine Ämter. Seine zwei Trauerspiele »Cäsar« und »Brutus« sind unglückliche Nachahmungen Shakespeares. Seine »Memoirs« sind geistreich und unterhaltend. Seine Hauptwerke sind: »Essay on poetry« und »Essay on satire«, voll Witz und Geschmack, aber nicht original. Die gesammelten Werke erschienen zuletzt 1753.

4) Richard Plantagenet Grenville, Herzog von B. und Chandos, geb. 11. Febr. 1797, gest. 29. Juli 1861, führte bis 1822 den Namen Graf Temple, von da bis zum Tode seines Vaters (1839), des ersten Herzogs von B., den eines Marquis von Chandos. Er kam 1818 ins Parlament, wo er mit den Tories für die agrarischen Interessen eintrat, und machte sich zugleich bei der Landbevölkerung durch gastfreies Wesen beliebt (»the Farmer's Friend«, »der Pachterfreund«). Seit 1839 dem Oberhaus angehörend, ward er 1841 unter Sir Robert Peel Großsiegelbewahrer, trat jedoch 1842, da er die Herabsetzung der Kornzölle mißbilligte, zurück. Infolge seiner Verschwendung wurde er 1848 bankrott und zog sich von dem politischen Leben zurück. Aus den in seinem Familienarchiv vorhandenen Urkunden veröffentlichte er: »Memoirs of the court and cabinet of George III.« (Lond. 1853–54, 4 Bde.); »Memoirs of the court of England during the Regency« (1856, 2 Bde.); »Memoirs of the court of George IV.« (1859, 2 Bde.); »Courts and cabinets of William IV. and Victoria« (1861, 2 Bde.); »The private diary of Richard, first duke of Buckingham«, seines Vaters (1862, 3 Bde.). Vgl. Thomson, Life and times of Richard, duke of B. (Lond. 1859, 3 Bde.).

5) Richard Plantagenet Grenville, Herzog von B. und Chandos, Sohn des vorigen, geb. 10. Sept. 1823, gest. 25. März 1889, erwarb sich als Direktor der Nordwest-Eisenbahn einiges Vermögen, das er durch eine reiche Heirat vermehrte. Er war 1846–57 Mitglied des Unterhauses, 1852 im Ministerium Derby Lord des Schatzes, 1862 Kommissar bei der internationalen Ausstellung, 1866 in Lord Derbys drittem Ministerium Präsident des Geheimen Rates und vom März 1867 bis zum Dezember 1868 Staatssekretär für die Kolonien. Nach der Bildung des Ministeriums Disraeli 1874 wurde B. zum Gouverneur von Madras ernannt, wo er bis 1880 verblieb.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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