Zinnsäure

Zinnsäure

Zinnsäure (Zinnhydroxyd, Zinnoxydhydrat) Sn(OH4) entsteht beim Erhitzen stark verdünnter Zinnchloridlösung, beim Fällen von Zinnchloridlösung mit Ammoniak und von zinnsaurem Alkali mit einer Säure als voluminöser, gallertartiger, durchscheinender Niederschlag, ist nach dem Trocknen glasig, arabischem Gummi ähnlich, etwas löslich in Wasser, reagiert sauer, löst sich in Salpetersäure und Salzsäure (die salzsaure Lösung zeigt die Eigenschaften des Zinnchlorids), auch in Alkalien und bildet mit letztern lösliche, gut kristallisierbare Zinnsäuresalze (Stannate), aus denen die übrigen unlöslichen Salze durch Wechselzersetzung erhalten werden. Unter verschiedenen Verhältnissen geht die Z. in Metazinnsäure Sn(OH)2 über; beim Behandeln von Zinn mit mäßig starker Salpetersäure entsteht Z., die bei 100° und im Vakuum bei gewöhnlicher Temperatur Wasser verliert und Metazinnsäure gibt. Sie ist farblos, reagiert sauer und löst sich nicht in Salpetersäure und Salzsäure. Nach der Behandlung mit Salzsäure löst sie sich aber in Wasser, und aus dieser Lösung wird sie durch viele Salze und nach hinreichender Verdünnung bei möglichst wenig freier Säure durch Erhitzen vollständig gefällt. Sie löst sich schwieriger in Kali- und Natronlauge als Z., und beim Erhitzen mit großem Überschuß von Kalihydrat entsteht eine Lösung, aus der Säuren Z. fällen. Ihre Salze kristallisieren schwer oder gar nicht. Aus den Lösungen beider Säuren fällt Schwefelwasserstoff gelbes Zinnsulfid. Kolloidale Z. erhält man wie kolloidale Kieselsäure; sie ist dieser sehr ähnlich, gelatiniert aber viel leichter.

Von den Zinnsäuresalzen wird das zinnsaure Natron (Natriumstannat, Zinnoxydnatron, Sodastannat) Na2SnO3 im großen dargestellt, indem man Zinn mit Soda und Chilisalpeter erhitzt und die Masse mit Wasser auszieht; auch durch Schmelzen von Zinnstein mit Ätznatron, durch Behandeln einer Lösung von Bleioxyd in Natronlauge mit Zinn, wobei sich Blei schwammartig ausscheidet, und durch direktes Kochen von Bleioxyd mit Zinn und Natronlauge wird zinnsaures Natron erhalten. Letztere Methode wendet man auf die Darstellung des Salzes aus Weißblechabfällen an. Es bildet farblose Kristalle mit 3 Molekülen Wasser und ist in der Wärme weniger löslich als in der Kälte, wird durch Säuren, auch durch die Kohlensäure der Luft, zersetzt. Man benutzt es als Präpariersalz (Grundiersalz), in der Färberei und Zeugdruckerei zum Beizen von Geweben und zum Anilindruck, zum Präparieren baumwollener Musselins de Laine, zum Bleichen baumwollener Garne, auch zum Verzinnen. Metazinnsaures Natron Na2H8Sn5O15, durch Lösen von Metazinnsäure in Natronlauge erhalten, ist weiß, körnig kristallinisch, schwer löslich in Wasser und zerfällt ebenfalls wie seine Lösung bei mäßigem Erhitzen in Metazinnsäure und Wasser. Zinnsaures Kupfer wird durch zinnsaures Natron aus Kupfervitriollösung gefällt und als grüne Farbe (Genteles Grün) benutzt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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