Zimmerpflanzen

Zimmerpflanzen

Zimmerpflanzen (hierzu die Tafeln »Zimmerpflanzen I und II«), Ziergewächse, die man der Schönheit ihrer Blätter, Blüten oder Früchte halber frei oder unter Glas im Zimmer kultiviert. Alle Zimmergärtnerei ist ein Notbehelf und muß sich auf Pflanzen beschränken, die unter der Ungunst der Verhältnisse nicht allzu sehr und allzu schnell leiden. Hauptsächlich mangelt es an der nötigen Luftfeuchtigkeit und genügendem Licht; die Wohnräume sind im Verhältnis dazu meist zu warm. Die Folgen sind Chlorose (Vergilben) der Pflanzen, einseitiges Wachstum, Aufhören der Blütenerzeugung etc. Je mehr man ein Zimmer ausschließlich der Pflanzenkultur widmen kann, um so besser werden die zweckmäßig ausgewählten Pflanzen gedeihen, und wer ein Gewächshaus besitzt, und aus diesem Blatt- und Blütenpflanzen in der Periode ihrer besten Entwickelung für kurze Zeit ins Zimmer versetzen und sie dann behufs der Wiederherstellung ihrer im Zimmer angegriffenen Gesundheit in das Gewächshaus zurückbringen kann, ist in seiner Auswahl nur wenig beschränkt. Ungeheizte Zimmer sind im Winter die besten Räume für alle Z., die niedrige Temperatur vertragen. Im Sommer gestatten die Fensterbretter außen und innen, sowie Balkone und Veranden ausgedehnte Kulturen von Z. Sehr gute Resultate erzielt man auch unter Beschränkung auf eine geringe Anzahl von Pflanzen, wenn man an einem großen Fenster einen Ausbau oder einen Einbau anbringt, ein kleines Glashaus, in dem die Pflanzen vom übrigen Zimmer abgeschlossen sind. Diesen Vorrichtungen schließen sich die Terrarien oder Wardschen Kasten an, kleine bewegliche Häuschen mit Glaswänden für die Kultur zarter, auf große Luftfeuchtigkeit angewiesener Pflanzen des Warmhauses. Will man die Pflanzen frei im Zimmer aufstellen, so muß man die härtesten Pflanzen auswählen und die umgebende Luft durch öfteres Sprengen mit dem Zerstäuber und öfteres Waschen der Blätter möglichst feucht erhalten. Empfehlenswert sind die Blattpflanzen und die Knollen- und Zwiebelgewächse, die zum Teil nur geringe Ansprüche machen, auch wohl einen Teil des Jahres ruhen und dann schnell auf den Höhepunkt ihrer Entwickelung gelangen. Blütenpflanzen verlangen je nach ihrer Wachstumsperiode recht verschiedene Behandlung: reichliche Bewässerung und Düngung in der Wachstumsperiode, relative Ruhe und weniger Feuchtigkeit zur Zeit des Knospenansatzes und wieder ausreichende Bewässerung und einige Wärme zur Zeit des Blühens. Bei den krautartigen Gewächsen sind diese drei Wachstumsperioden weniger scharf gekennzeichnet als bei den holzigen Azalea, Camellia und Zwiebelgewächsen (am aryllis etc.). Vgl. Pflanzenpflege. Zum Treiben im Zimmer eignen sich nur kräftige, gesunde, gut vorkultivierte Pflanzen. Als Z. sind zu empfehlen die im Artikel »Blattpflanzen« genannten Palmen, Arazeen etc., ferner viele Amaryllidazeen, Liliazeen, Orchideen und Dikotyledonen. Eine Auswahl blühender Z. zeigen unsre Tafeln. Viele der laubabwerfenden Gewächse, auch manche immergrüne, vertragen im Winter in der Ruheperiode Unterbringung in trockene Keller oder in völlig ungeheizte, aber frostfreie Zimmer. Zu verhindern ist bei solchen Gewächsen, daß sie vor der Zeit austreiben, weil die schwächlichen Triebe die Pflanze nur schwächen. Der Zimmerpflanzenpflege wird heute mit Recht ein großer erziehlicher Einfluß auf der Natur entfremdete Menschen nachgesagt. Besonders Kinder lernen dabei Liebe und Verständnis für Naturvorgänge, lernen einem Gegenstande eine regelmäßige, treue Pflege widmen und bekommen Achtung vor dem Lebewesen, das jede Pflanze vorstellt. Der veredelnde Einfluß der Beschäftigung mit der Blumenpflege ist allgemein anerkannt. In den Großstädten, wo solche praktischen Erziehungsmittel noch wichtiger sind als in kleinern Orten, betreiben heute eigne Vereine die Förderung der Zimmerpflanzenpflege durch Verteilung von Pflanzen an die Kinder der Volksschulen und durch Ausschreibung von Wettbewerben für Balkon- und Fensterblumenschmuck. Seit Ende der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts finden solche Verteilungen in Darmstadt, Berlin, Dresden, Frankfurt a. M., Erfurt etc. regelmäßig statt, denen gewöhnlich im Herbst desselben Jahres eine Ausstellung oder wenigstens eine Preisverteilung folgt. Die besten Leistungen werden dann mit Büchern über Zimmerpflanzenpflege oder wertvollen Pflanzen und Kunstgegenständen belohnt. Vgl. Artikel »Pflanzenpflege« und Schmidlin, Blumenzucht im Zimmer (4. Aufl. von Jühlke, Berl. 1880); Rümpler, Zimmergärtnerei (3. Aufl., das. 1895); Hesdörffer, Handbuch der praktischen Zimmergärtnerei (3. Aufl., das. 1907); Fahldieck, Die Blumenzucht im Zimmer (10. Aufl., Leipz. 1903); Heinemann, Die Pflege der Pflanzen im Zimmer (6. Aufl., das. 1901); Meißner, Blumenpflege im Zimmer (Berl. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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