Yorck von Wartenburg

Yorck von Wartenburg

Yorck von Wartenburg (früher Jork), Johann David Ludwig, Graf, preuß. Feldmarschall, geb. 26. Sept. 1759 in Potsdam aus illegitimer Ehe, gest. 4. Okt. 1830 in Kleinöls bei Breslau. Yorcks Großvater Johann Jarcken war Prediger in Rowe bei Stolpe, sein Vater David Jonathan v. Jork war preußischer Offizier. Y. trat 1772 in das Regiment v. Luck, ward 1777 Leutnant und machte den Feldzug 1778 mit, wurde aber wegen Insubordination 1779 entlassen und nahm nach in Königsberg abgebüßter einjähriger Festungsstrafe 1781 holländische Dienste, in denen er als Kompaniechef bei dem Schweizerregiment Meuron 1783–84 in Ostindien kämpfte. 1785 nach Preußen zurückgekehrt, trat er 1787 als Kapitän in das neuerrichtete Füsilierbataillon Plüskow, ward 1792 Major, wohnte 1794 dem Feldzug in Polen bei, erhielt 1797 ein Füsilierbataillon in Johannisburg und 1799 ein Fußjägerregiment. 1805 Brigadekommandeur geworden, deckte Y. auf dem Rückzug der Armee 26. Okt. 1806 bei Altenzaun den Elbübergang des Herzogs von Weimar und führte auf dem weitern Rückzuge die Nachhut des Blücherschen Korps bis Lübeck, wo er schwerverwundet in Gefangenschaft fiel. Mit Blücher gleichzeitig im Februar 1807 ausgewechselt, ward er Generalmajor und erhielt nach dem Tilsiter Frieden das Kommando von Memel, Ende 1808 das der westpreußischen Brigade und 1810 auch die Generalinspektion über sämtliche leichte Truppen, um deren Ausbildung er sich große Verdienste erwarb. 1811 zum Generalgouverneur der Provinz Preußen ernannt, ward er im Feldzug von 1812 dem zum französischen Heer stoßenden preußischen Hilfskorps unter Grawert als Generalleutnant und zweiter Kommandant zugeteilt und führte nach Grawerts Abgang das zur Blockade von Riga verwendete Korps. Als Ende 1812 das Macdonaldsche Armeekorps nach Vernichtung der großen Armee den Rückzug antrat, erhielt Y. die Führung der Nachhut, schloß aber, ohne seines Königs Ermächtigung, im Bewußtsein, daß der Zeitpunkt zur Befreiung Deutschlands da sei und nur sein Abfall die Franzosen zum Rückzug bis zur Elbe zwingen könne, 30. Dez. 1812 in der Mühle von Poscherun eine Konvention mit dem russischen General Diebitsch, kraft der das preußische Korps neutrale Quartiere bezog und dem König die weitere Entscheidung anheimstellte. Zwar verwarf der König, der sich noch in der Gewalt der Franzosen befand, den Vertrag und ordnete eine Untersuchung über Y. an, der indes im Besitze seines Kommandos blieb und als Generalgouverneur von Preußen die Volksbewaffnung in dieser Provinz leitete. Nachdem er 17. März 1813 in Berlin eingezogen war, rechtfertigte der König in einem Armeebefehl Y. und bestätigte ihn in seinem Kommando. Im Frühjahr 1813 nahm Y. unter Wittgenstein Anteil an den Schlachten bei Großgörschen und bei Bautzen. Bei der neuen Formierung des preußischen Heeres erhielt Y. den Befehl über das 1. Armeekorps, das, dem schlesischen Heere zugeteilt, hauptsächlich den Sieg an der Katzbach (26. Aug.) erkämpfte und den Hauptanteil an den Erfolgen der schlesischen Armee hatte, obwohl Y. Blüchers und Gneisenaus Heeresleitung mißbilligte, die rücksichtslose Aufopferung der Truppen scharf tadelte und sich mit unermüdlicher Fürsorge der Mannschaften annahm. Am 3. Okt. ermöglichte er durch das blutige Gefecht bei Wartenburg Blücher den Übergang über die Elbe. Die Schlacht bei Möckern (16. Okt.) schlug er fast allein. Zwar erlitt sein Korps dabei so bedeutenden Verlust, daß es 18. und 19. Okt. in Reserve gestellt wurde, drängte aber die geschlagenen Franzosen auf dem Rückzug über die Unstrut. Y. bewerkstelligte in der Nacht auf den 1. Jan. 1814 bei Kaub den Übergang über den Rhein, nahm St.-Dizier (30. Jan.), griff 4. Febr. Châlons an, das Macdonald am Morgen darauf räumte, und rettete in dem Gefecht bei Montmirail (11. Febr.) den russischen General Sacken vom Untergange. Bei Laon (9. März) kommandierte Y. erfolgreich den linken Flügel des schlesischen Heeres und wirkte auch bei der Schlacht unter den Mauern von Paris (30. März) tätig mit. Nach dem Frieden erhielt er das Generalkommando in Schlesien, ward General der Infanterie und unter Beilegung des Namens »von Wartenburg« und Verleihung einer Dotation in den Grafenstand versetzt. Während des Feldzuges von 1815 mit dem Oberbefehl des zwischen Elbe und Rhein zurückbleibenden Reservekorps betraut, nahm er, hierin eine Zurücksetzung erblickend, nach dem Frieden seine Entlassung, lebte seitdem zurückgezogen in Schlesien und ward 5. Mai 1821 Generalfeldmarschall. 1855 ward in Berlin sein Standbild (von Rauch) errichtet und 1889 das ostpreußische Jägerbataillon Nr. 1 Jägerbataillon Graf Y. benannt. Sein Bildnis s. Tafel »Feldherren des deutschen Befreiungskrieges II« (im 4. Bd.). Vgl. Droysen, Das Leben des Feldmarschalls Grafen Y. (10. Aufl., Leipz. 1889, 2 Bde.); W. v. Voß, York (Bd. 4 der »Erzieher des preußischen Heeres«, Berl. 1906). – Sein und seiner Gemahlin Johanna Seidel, einer Kaufmannstochter aus Namslau, mit der er sich 1797 vermählte, Sohn Graf Ludwig (geb. 31. Mai 1805, gest 12. Juli 1865), Majoratsherr der Herrschaften Kleinöls und Bischwitz, war liberales Mitglied des preußischen Herrenhauses. Dessen Sohn Paul (geb. 1. März 1835, gest. 12. Sept. 1897) war ebenfalls erbliches Mitglied des Herrenhauses. Ein Bruder desselben, Graf Maximilian Y. (geb. 20. Juni 1850, gest. 27. Nov. 1900 in Hwailai in China), war 1900 Chef des Generalstabs des Grafen Waldersee in Ostasien und hat sich als Schriftsteller (»Napoleon als Feldherr«, Berl. 1885–86, 2 Bde.; 3. Aufl. 1901; »Das Vordringen der russischen Macht in Asien«, das. 1900; »Graf Bismarcks äußere Erscheinung in Wort und Bild«, 90 Bildnisse, das. 1900; »Weltgeschichte in Umrissen«, 10. Aufl., das. 1907, u. a.) bekannt gemacht.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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