Unterwalden

Unterwalden

Unterwalden, einer der drei Urkantone der Schweiz, grenzt im N. an Schwyz und Luzern (durch den Vierwaldstätter See davon getrennt), im W. an Luzern, im S. an Bern, im O. an Uri und umfaßt 765 qkm (13,9 QM.). Der Kanton wird durch den Kernwald in zwei seitdem 12. Jahrh. getrennte Staatswesen (Halbkantone) geschieden: Nidwalden (290,5 qkm mit [1900] 13,017 Einw.) und Obwalden (474,8 qkm mit 15,270 Einw.), von denen ersteres den untern Teil des Engelberger Tales und das Seegestade umfaßt, während das höher gelegene Obwalden wesentlich durch das Tal der Sarner Aa und das obere Engelberger Tal gebildet wird. Die die Täler ein rahmenden Gebirge, die nach dem See hin voralpinen Charakter annehmen und mit dem Buochser Horn (1809 m) und Stanser Horn (1900 m) abschließen, werden teils als Dammagruppe bezeichnet (Titlis 3239 m, Uri-Rotstock 2943 m etc.), teils als Emmentaler Alpen, die in den voralpinen Massen des Brienzer Rothorns (235 im) und Pilatus (2133 m) ihre Häupter haben. Es führen die Surenen (2305 m) nach Uri und der Jochpaß (2208 m) nach dem Hasletal; durch die Brünigbahn ist das Land mit Luzern und dem Berner Oberland verbunden; eine elektrische Straßenbahn führt vom Vierwaldstätter See über Stans nach Engelberg. Die Talböden mit den Hauptortschaften haben ein mildes Klima. Matten und Gärten tragen herrliche Obstbäume.

Kantonswappen von Unterwalden.
Kantonswappen von Unterwalden.

Die zahlreichen Nußbäume verschwinden mehr und mehr. Obwalden hat noch 84,1 Proz. produktiven Boden, Nidwalden 75 Proz., ersteres hat eine Waldfläche von 121,95 qkm, letzteres von 69,5 qkm, an land- und alpwirtschaftlich benutzbarem Areal stehen für den ersten Halbkanton 277,5 qkm, für den zweiten 148,4 qkm zur Verfügung. Diese Betriebsform tritt durchaus in den Vordergrund. Das ganze Land ernährte 1906: 614 Pferde, 23,700 Rinder, 8372 Schweine, 1109 Schafe, 4596 Ziegen und zählte 1901: 3081 Bienenstöcke. Hauptausfuhrprodukte sind Käse und Butter, Holz und Holzarbeiten; es besteht geringe Seidenindustrie, eine Glashütte ist in Hergiswil, eine große Zementfabrik im Rotzloch; das Melchtal liefert Marmor. Schwendi-Kaltbad hat eine geschätzte Eisenquelle von 4,7°. Bedeutend ist die Fremdenindustrie. Bergbahnen führen auf den Pilatus (1889) und das Stanser Horn. In den beiden Hauptorten Stans und Sarnen bestehen gymnasiale Anstalten, auch im Stift Engelberg. Die Stiftsbibliothek zählt 20,000 Bände. Die beiden Staatswesen sind von rein demokratischer Einrichtung. In die schweizerische Bundesversammlung wählt jeder Teil einen Nationalrat und einen Ständerat. Die jetzt gültige Verfassung Obwaldens wurde vom Volke 27. Okt. 1867 angenommen. Die Landsgemeinde hat die gesetzgebende Gewalt; ihr müssen auch alle Staatsanleihen, die Landsteuer sowie alle 10,000 Frank übersteigenden Ausgaben zur Entscheidung vorgelegt werden, und jedem einzelnen Bürger ist die Gesetzesinitiative eingeräumt. Die Landsgemeinde wählt auch die oberste Exekutivbehörde, den Regierungsrat, der aus sieben Mitgliedern besteht, und das Obergericht von neun Mitgliedern, beide auf je vier Jahre. Der Präsident des Regierungsrats führt den Titel Landammann. Eine ähnliche Verfassung, vom 2. April 1877, hat Nidwalden. Der ganze Kanton umfaßt 11 Gemeinden. Es betrugen 1906/07 die Einnahmen für Obwalden 400,311 Fr., die Ausgaben 406,948 Fr., das Vermögen 30. April 1907: 1,254,917 Fr.; für Nidwalden 1905: Einnahmen 243,195, Ausgaben 268,144 und Vermögen 1. Jan. 1906: 236,402 Fr.

Geschichte. über U. (Intramontani), welcher Name übrigens erst um 1300 auftaucht, herrschten die Habsburger teils als Grafen des Zürichgaues, teils als Kastvögte mehrerer Klöster, die daselbst Grundbesitz hatten. Im 13. Jahrh. bildeten das Tal Sarnen »ob dem Kernwald« und das Tal Stans »nid dem Kernwald« zwei gesonderte Gemeinwesen. Nachdem sich beide schon um 1245 vorübergehend mit Schwyz zu einer Erhebung gegen die Habsburger verbunden hatten, schlossen sie 1291 mit Uri und Schwyz das ewige Bündnis der drei Waldstätte und vereinigten sich zugleich untereinander zu dem Gemeinwesen U., das 1309 mit Schwyz und Uri von Heinrich VIII. reichsfrei erklärt wurde. Zur Zeit der Schlacht von Morgarten hatten sich die Unterwaldner gegen die über den Brünig eingedrungenen Österreicher zu verteidigen. Um 1333 trennten sich Nid- und Obwalden wieder; doch fanden noch im 15. Jahrh. gemeinsame Landgemeinden beider Länder statt, und in der Eidgenossenschaft zählten sie nur als ein Bundesglied. Daneben bildete das Tal Engelberg unter der Herrschaft des dortigen Klosters ein besonderes Gebiet, das seit 1462 im Schirm von Luzern, Schwyz und U. stand und 1803 mit Nidwalden, 1815 mit Obwalden vereinigt wurde. Zur Zeit der Reformation gehörte U. zu den fünf ihr entschieden feindlichen Orten. Der helvetischen Verfassung von 1798 fügte sich Obwalden ohne Kampf, Nidwalden aber erst, nachdem infolge des verzweifelten Widerstandes das Land von den Franzosen in eine Wüste verwandelt worden war (7.–9. Sept. 1798). 1802 stellte U. im Aufstand gegen die helvetische Regierung seine Landsgemeinden wieder her, die durch die Mediationsakte 1803 garantiert wurden. Beide Landesteile nahmen teil am Sarner Bund (1832) sowie am Sonderbund 1845 und kapitulierten 25. Nov. 1847. Nachdem sie sich 1850 zum erstenmal systematische Grundsätze gegeben, modernisierte Obwalden das seinige durch Totalrevisionen 1867 und 1902 (27. April), ohne jedoch den Grundlagen der alten Verfassung nahezutreten, welchem Beispiel Nidwalden 2. April 1877 folgte. Vgl. Businger, Die Geschichten des Volkes von U. (Luzern 1827–28, 2 Bde.); Küchler, Chronik von Sarnen (Sarnen 1895); »Nidwalden vor hundert Jahren« (Stans 1898); »Beiträge zur Geschichte Nidwaldens« (das. 1884 ff.); »Obwaldener Geschichtsblätter« (Zür. 1901 ff.); Durrer, Die Kunst- und Architekturdenkmäler Unterwaldens (das. 1906).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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