Unterseeboot

Unterseeboot

Unterseeboot (Unterwasserboot, Tauchboot), Fahrzeug, das längere Strecken unter der Oberfläche des Wassers fährt, um feindliche Kriegsschiffe zu überraschen und sie durch Torpedos in die Luft zu sprengen. Cornelius Drebbel baute 1624 ein U. und befuhr damit die Themse von Westminster bis Greenwich. David Bushnell erbaute 1742 ein U., mit dem er eine Mine am Boden des feindlichen Schiffes befestigen wollte, die später durch den Antrieb eines Uhrwerkes entzündet werden sollte. 1804 erfand Robert Fulton ein U. (von dem er die »Freiheit des Meeres« erhoffte). Bauer verfertigte in Kiel 1850 ein Tauchboot, um die dänische Flotte anzugreifen. Das Boot versank aber bei einem Versuche im Hafen und wurde 30 Jahre später gehoben. Im amerikanischen Bürgerkriege verwendete man kleine Unterseeboote mit Erfolg gegen nordstaatliche Panzerschiffe. Das U. des Schweden Nordenfelt wurde 1885–1888 in vier Exemplaren erbaut, deren zwei von 160 Ton. Wasserverdrängung nach der Türkei gingen. Ein größeres von 250 T. blieb in England. Das Boot hat die Form eines Fischtorpedos, ist 38 m lang, entwickelt mit seinen Verbundmaschinen 1200 Pferdekräfte und hat über Wasser mit 3 m Tiefgang 15 Seemeilen gemacht, dabei ragte es hinten 15 und vorn 60 cm mit seinem gewölbten Deck aus dem Wasser. 1888 wurden in Spanien mit einem kleinen U. von Peral, in Frankreich einem ebensolchen (von 1500 kg Gewicht) von Goubet Versuche gemacht; diese Boote waren zur Hafenverteidigung bestimmt und sollten Seeminen am Boden feindlicher Schiffe befestigen und zünden. Sie tauchten und manövrierten leidlich, waren aber nicht seetüchtig. Besser bewährte sich das gleichzeitig von G. Zédé erbaute U. Gymnote von 30 Ton., das Vorbild der spätern größern Unterseeboote. Seitdem hat der Bau der Unterseeboote besonders in Frankreich große Fortschritte gemacht. Das 1893 erbaute französische Boot Gustave Zédé ist ein elektrisches, die Maschine wird durch Akkumulatoren gespeist; es ist aus Bronze, 48 m lang, 266 Ton. groß und vorn und hinten spitz. Die Besatzung besteht aus neun Mann. Das Boot leistet 720 Pferdekräfte und machte zu Toulon 1894 unter Wasser in Tiefen von 14–20 m nicht über 7 Seemeilen. 1899 wurde das U. Morse von 146 T. von Romazzotti erbaut; es ist 36 m lang, hat 2,991 Durchmesser. Den Unterwasserlauf regeln wie beim Fischtorpedo horizontale Flossen, die automatisch wirken. Die Maschine leistet 330 Pferdekräfte. Der Motor für die Unterwasserfahrt von 55 Pferdekräften nimmt seine Kraft aus Akkumulatoren. Die Besatzung wird durch neun Mann gebildet. Alle diese ältern Unterseeboote waren reine Unterwasserboote (sousmarins), sie strebten das sehr schwierige Ziel der unabhängigen Unterwasserfahrt an, hatten nur kleinen Verwendungsbereich und waren nur als Hafenverteidiger brauchbar, da ihre Akkumulatoren häufiger Kraftergänzung bedurften. Durch ein Preisausschreiben des französischen Marineministers vom Jahre 1896 entstand eine neue Gattung von Unterseebooten, die der Tauchboote (submersibles oder autonomes). Den Preis erhielt das 1899 erbaute U. Narval des Ingenieurs Laubeuf; es ist 106 T. groß. 34 m lang, hat für die Oberwasserfahrt Petroleummaschinen von 250 Pferdekräften, für die Unterwasserfahrt Elektromotoren, die durch Akkumulatoren gespeist werden; die Füllung der Akkumulatoren erfolgt bei langsamer Fahrt über Wasser. Infolge des regen französischen Interesses für Unterseeboote wurden nach den ersten Erfolgen der Tauchboote solche von immer größern Abmessungen gebaut, gleich;eitig auch viele reine Unterwasserboote, bis schließlich 1906 gründliche Vergleiche die Überlegenheit des Tauchbootes feststellten. Das Unterwasserboot schwimmt an der Oberfläche mit geringer Austauchung, weil es in seinem Innern wenig Platz für Wasserballast (zum Tauchen) hat; daher ist es wenig seefähig. Das Tauchboot hat einen um seinen Druckkörper (d. h. die Hülle, die den Wasserdruck bei der Tauchfahrt aufnimmt) herumgebauten Außenkörper in günstiger Fischform (meist walfischförmig); der bei der Tauchfahrt den Wasserballast enthält, doch zugleich höheres Austauchen (nach Ausblasen des Ballastes) ermöglicht und größere Stabilität gibt. Im Annenkörper des Tauchbootes läßt sich flüssiger Brennstoff unterbringen. Alle neuern Unterseeboote sind Motorboote, wodurch die Geschwindigkeit erhöht, der Betrieb aber schwieriger und gefährlicher geworden ist. Es gibt bereits Tauchboote, die stets etwas Auftrieb behalten, so daß sie nur in Fahrt von den Horizontalrudern in die Tiefe gesteuert werden, aber sofort an die Oberfläche auftauchen, wenn die Maschine oder der Motor gestoppt wird. Nachteile der Tauchboote sind: sie bieten dem Feinde ein größeres Ziel, wenn sie ausgetaucht sind, um Rundschau zunehmen und brauchen einige Zeit, um sich in Fahrt zu setzen und unterzutauchen. Um die Geschwindigkeit des Aktionsradius (Verwendungsbereich) und Seetüchtigkeit der Unterseeboote zu erhöhen, vergrößert man sie; seit 1906 sind in Frankreich bereits mehrere Unterseeboote von 500 Ton. (Unterseekreuzer) im Bau, die mindestens je acht Torpedoausstoßrohre erhalten, während kleine Unterseeboote deren meist nur zwei haben. Beim modernen Tauchbootetyp (entwickelt aus dem Narval von Laubeuf), der auch in der italienischen und russischen Marine eingeführt ist, ist das Verhältnis der Länge zur Breite 11:1; Horizontalruder sind paarweise am Bug und Heck. zum Tauchen werden die vordern schräg gestellt. Diese Unterseeboote sind sehr stabil. Als Motoren für die Überwasserfahrt benutzt man Gasolin-, Spiritus- und Petrolmotoren von Otto, Diesel, Gardener, Körting und Daimler; der Auspuffschall wird durch Wassereinspritzung, Stachelschweinrohre oder Auspuffkessel gedämpft. Bleiakkumulatoren treiben den Elektromotor bei der Unterwasserfahrt. Die Tauchzeit, d. h. die Zeit, die das zum Ausguckhalten ausgetauchte Boot braucht, um ganz unter Wasser zu tauchen, beträgt bei größter Geschicklichkeit der Besatzung auf den besten Tauchbooten mindestens 3 Minuten. Für die Unterwasserfahrt haben moderne Unterseeboote zwei oder drei bis zu 7 m lange Sehrohre (Periskope, neuerdings mit vier Objektiven Omniskope genannt), die aber nur bei leichtbewegter See scharfe Bilder geben; Spritzwasser trübt die Objektive und macht den Ausguck sehr schwierig, ebenso Schwankungen des Bootes.

Die französische Marine hat 38 fertige reine Unterwasserboote von 30–400 Ton. Größe und 3 solche von 21 und 45 T. im Bau; ferner 8 fertige Tauchboote und deren 40 (von 116–500 T.) im Bau. Nur die künftigen Unterseekreuzer gelten als Angriffsboote, alle andern als Verteidigungsunterseeboote. In England sind seit 1901: 40 Unterseeboote (Unterwasserboote) von 124–320 T. nach dem amerikanischen Holland-Typ erbaut und 8 (Tauchboote) im Bau; sie sind nur zur Küstenverteidigung bestimmt. Zur Unterstützung dieser Unterseeboote dienen Kreuzer als Depotschiffe und Torpedoboote als Tender. In der russischen Marine sind 3 Unterwasserboote und 9 Tauchboote (1 vom Lake-Typ, 9 vom Germania-Typ) von 120–400 T. fertig. Auch in den Vereinigten Staaten werden Unterseeboote in größerer Zahl erprobt und erbaut, und zwar außer dem Holland-Typ auch Unterseeboote der Lake Comp. und solche von Clarence u. Burger (letztere hat 1903 ein eigenartiges Halbunterseeboot, subsurface boat, gebaut, mit Korkschwimmer auf der Wasseroberfläche, unter dem das U. liegt). Versuche mit Unterseebooten haben außer den vorgenannten auch die Marinen von Italien (fertig 2 Unterseeboote, im Bau 7), Japan (fertig 7 Unterseeboote), Deutschland (fertig 1 U., im Bau 3?), Österreich-Ungarn, Schweden, Norwegen, die Niederlande und Brasilien begonnen. Die deutschen Versuche werden von einem besondern Dockschiff Vulkan überwacht, das bei Unfällen das U. sofort heben und docken kann. Aus allen bisher gewonnenen Erfahrungen geht hervor, daß die Unterseeboote vorläufig noch eine Nebenwaffe im Küstenkriege sind, und daß ihnen die Selbständigkeit und Seefähigkeit noch völlig fehlt; indessen ist bei Vergrößerung der Boote eine Minderung dieser Mängel zu erwarten. Vgl. Forest und Noalhat, Les bateaux sous-marins (Par. 1900, 2 Bde.); Burgoyne, Submarine navigation past and present (2. Ausg., Lond. 1906, 2 Bde.); Sueter, The evolution of the submarine boat, mine and torpedo (Portsmouth 1907).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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