Tilly

Tilly

Tilly, Johann Tserklaes, Graf von, berühmter Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, geb. im Februar 1559 auf dem Schloß Tilly in Brabant, gest. 30. April 1632 in Ingolstadt, ward in einem Jesuitenkloster erzogen, trat zuerst in spanische, dann in lothringische, 1598 in kaiserliche Dienste, focht 1600 als Oberstleutnant in Ungarn gegen die Insurgenten und Türken, stieg 1601 zum Obersten eines Wallonenregiments und nach und nach zum Artilleriegeneral auf und erhielt 1610 von Maximilian I. von Bayern die Reorganisation des bayrischen Kriegswesens übertragen. Beim Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges zum Feldmarschall der katholischen Liga ernannt, gewann er 8. Nov. 1620 die Schlacht am Weißen Berg, verfolgte 1621 den Grafen Ernst von Mansfeld bis in die Oberpfalz. dann in die Rheinpfalz, wurde 27. April 1622 von dem Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach und Mansfeld bei Wiesloch geschlagen, besiegte aber dann den erstern 6. Mai bei Wimpfen am Neckar, hier auf den Herzog Christian von Braunschweig 20. Juni bei Höchst a. M. und eroberte Heidelberg, Mannheim und Frankenthal. Infolge des entscheidenden Sieges 5. und 6. Aug. 1623 bei Stadtlohn im Münsterschen über den Herzog von Braunschweig ward T. vom Kaiser in den Grafenstand erhoben. Er blieb zunächst in Niedersachsen stehen, wo er die gewaltsame Restitution der protestantischen Bistümer und Klöster an die katholische Kirche und die Jesuiten ins Werk setzte, schlug 27. Aug. 1626 den Dänenkönig Christian IV. bei Lutter am Barenberg, eroberte mit den Kaiserlichen unter Wallenstein Schleswig-Holstein und Jütland und zwang den König 12. Mai 1629 zum Abschluß des Friedens von Lübeck. 1630 an Wallensteins Stelle zum Generalissimus der ligistischen und kaiserlichen Truppen ernannt, übernahm er die Durchführung des Restitutionsedikts in Norddeutschland und begann zu diesem Zweck die Belagerung von Magdeburg, das nach der Einnahme 20. Mai 1631 in Flammen ausging. Da er Gustav Adolfs Vordringen in Pommern nicht hatte hindern und sich an der Niederelbe nicht hatte behaupten können, fiel er plündernd und verwüstend in Sachsen ein, trieb aber hierdurch den sächsischen Kurfürsten zum Bündnis mit Gustav Adolf, deren vereinigtem Heer er 17. Sept. 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld, in welcher der König seine überlegene Kriegskunst entwickelte, erlag; T. selbst wurde verwundet, sein Heer löste sich auf. Er eilte hierauf nach Halberstadt, wo er Verstärkungen an sich zog, und brach dann nach dem von den Schweden bedrohten Bayern auf. Bei Verteidigung des Lechübergangs bei Rain 5. April 1632 ward ihm durch eine Falkonettkugel der rechte Schenkel zerschmettert, was seinen Tod herbeiführte. T. haßte Aufwand und äußere Ehrenbezeigungen, verschmähte es, sich an der Kriegsbeute zu bereichern, und hielt auch in seinem Heere strenge Manneszucht. Die Ausrottung der Ketzerei in Deutschland war ihm Gewissenssache; er hat dem Kampf den fanatisch religiösen Charakter ausdrücken helfen. Die neuern katholischen Schriftsteller, insbes. O. Klopp (»T. im Dreißigjährigen Kriege«, Stuttg. 1866, 2 Bde.; neue Bearbeitung, Paderb. 1891–96, 3 Bde.) und VillermontTilly«, Tournai 1859, 2 Bde.; deutsch, Schaffh. 1860), haben T. von manchem unberechtigten Vorwurf gereinigt, gehen aber in ihrer sonstigen Rettung zu weit. Vgl. auch Magdeburg, S. 61. 1843 ward ihm in der Feldherrenhalle zu München eine Statue (Modell von Schwanthaler) errichtet. Sein Bildnis s. Tafel »Feldherren des Dreißigjährigen Krieges« (im 5. Bd.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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