Stengel [2]

Stengel [2]

Stengel, 1) Hermann, Freiherr von, deutscher Staatsmann, geb. 19. Juli 1837 in Speyer, trat 1862 in den bayrischen Staatsverwaltungsdienst, kam 1876 in das bayrische Finanzministerium, wurde 1879 Oberrechnungsrat, 1881 Ministerialrat und 1884 bayrischer Bevollmächtigter zum Bundesrat. Im Sommer 1903 zum Reichsschatzsekretär als Nachfolger des Freiherrn v. Thielmann (s. d.) berufen, hat er 1904 die sogen. »kleine« Reichsfinanzreform, 1906 die »große« glücklich durchgesetzt und die Reichseinkünfte um annähernd 200 Mill. Mk. jährlich vermehrt. Vgl. Linschmann, Die Reichsfinanzreform von 1906 (Stuttg. 1906).

2) Karl, Freiherr von, Rechtslehrer, geb. 26. Juli 1840 in Peulendorf bei Bamberg, wurde 1871 Landgerichtsrat in Mülhausen i. E., 1879 in Straßburg. Nach Veröffentlichung mehrerer Abhandlungen in Hirths »Annalen des Deutschen Reichs« (»Die Übertragung der Verwaltungsrechtsprechung an die ordentlichen Gerichte«, »Das öffentliche Recht und die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Elsaß-Lothringen«, »Bodenkredit und Bodenkreditanstalten«) wurde er im Sommer 1881 auf den neugegründeten Lehrstuhl für Verwaltungsrecht an der Universität Breslau berufen und zum ordentlichen Professor ernannt. 1890 wurde er Professor für öffentliches Recht in Würzburg, 1895 in München. Unter seinen Schriften sind außer den genannten Abhandlungen hervorzuheben: »Die Organisation der preußischen Verwaltung nach den neuen Reformgesetzen« (Leipz. 1884); »Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts« (Stuttg. 1886); »Die staats- und völkerrechtliche Stellung der deutschen Kolonien« (Berl. 1886); »Die deutschen Schutzgebiete, ihre rechtliche Stellung, Verfassung und Verwaltung« (Münch. 1889, 3. Aufl. 1895); »Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern und die wichtigsten Verfassungsgesetze mit Erläuterungen« (Würzb. 1893); »Das Staatsrecht des Königreichs Preußen« (in der 2. Aufl. von Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Freiburg 1894); »Rechtsenzyklopädie zum Gebrauch für Forstmänner« (Münch. 1900); »Deutsche Kolonialpolitik« (Barmen 1900); »Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete« (Tübing. 1901); »Quellensammlung zum Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches« (Leipz. 1902); »Der Kongostaat« (Münch. 1903). In Verbindung mit andern gab er das »Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts« (Freiburg 1890, 2 Bde., und 3 Ergänzungsbände, das. 1892–97) heraus. Auch ist er Mitherausgeber der »Kritischen Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«.

3) Edmund, Romanist, geb. 5. April 1845 in Halle a. S., studierte daselbst und in Bonn, habilitierte sich 1870 an der Universität Basel und wurde 1873 ordentlicher Professor der romanischen Sprachen in Marburg, 1896 in Greifswald. Außer zahlreichen Beiträgen zu Fachzeitschriften und einzelnen Textabdrücken veröffentlichte er: »Li romans de Durmart le Galois« (Tübing. 1873); »Das altfranzösische Rolandslied der Oxforder Handschrift in photographischer Wiedergabe und in diplomatischem Abdruck« (Heilbr. 1878, in kritischer Ausgabe, Leipz. 1900, Bd. 1); »Die beiden ältesten provenzalischen Grammatiken« (Marb. 1878); »Private und amtliche Beziehungen der Brüder Grimm zu Hessen« (das. 1886, 2 Bde.); »L'istoire de la destruction de Troye la grant par J. Milet« (autographische Vervielfältigung der Ausgabe von 1484, das. 1883); »Chronologisches Verzeichnis französischer Grammatiken vom Ende des 14. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts« (Oppeln 1890); »Hervis von Metz« (Dresd. 1903) u. a. Seine »Romanische Verslehre« eröffnet den 2. Band von Gröbers »Grundriß der romanischen Philologie« (Straßb. 1893). Das von ihm herausgegebene Sammelwerk: »Ausgaben und Abhandlungen aus dem Gebiete der romanischen Philologie« (Marb. 1881 ff., bis jetzt 99 Hefte) enthält an eignen Arbeiten Stengels in Heft 1 und 11 »Ausgabe der ältesten französischen Sprachdenkmäler mit einem Wortverzeichnisse«, in Heft 84: Ausgabe von »Galïens li restorés« und in Heft 99 (mit F. Menzel) Jean Bodels »Saxenlied«. In weitern Kreisen ist S. bekannt durch die Anregung, die er zur Begründung der Neuphilologenlage gegeben hat (1886), sowie durch sein Eintreten für die Realschulen und die Schulreform. 1907 wurde er zu Stralsund in den Reichstag gewählt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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