Stamgießerei

Stamgießerei

Stamgießerei, die Herstellung von Gebrauchsgegenständen aus geschmolzenem Stahl in Formen (Stahlformguß), im weitern Sinne die Herstellung von Gußwaren aus schmiedbarem Eisen. Vgl. Eisengießerei. Die S. hat sich seit der Einführung des Bessemer- und Martinstahls (Flußeisens) zu einem großartigen Industriezweig entwickelt und liefert besonders aus Flußeisen zahlreiche Gegenstände für den Maschinen-, Schiff-, Eisenbahnbau etc. Das Flußeisen muß dünnflüssig, in einer dem jedesmaligen Zweck entsprechenden Weise zusammengesetzt und frei von Eisenoxydul sein, da dieses im Innern der Gußstücke Blasen bilden würde. Man setzt deshalb dem Flußeisen Siliciumeisen, Ferromangan oder Ferroaluminium zu, so daß z. B. für kleinere Maschinenteile das Eisen neben etwa 0,5 Proz. Kohlenstoff 0,2 Proz. Silicium und 0,5 Proz. Mangan, für harte Walzen 1,1 Proz. Kohlenstoff, 0,8 Proz. Silicium und 0,7 Proz. Mangan enthält. Man schmelzt in Tiegeln, Bessemerbirnen oder Siemens-Martinöfen. Der Guß aus dem Tiegel, das älteste Verfahren, dient besonders zur Anfertigung kleinerer Stücke aus hartem oder mittelhartem, also kohlenstoffreichem Stahl, da die Tiegel die Schmelztemperatur des weichern Stahles nicht ertragen; doch werden auch Glocken, Geschütze durch Zusammengießen des Sta lues aus einer größern Anzahl von Tiegeln hergestellt. Zum Erhitzen der Tiegel dienen Tiegelschachtöfen, für größere Anlagen Siemensöfen, die einen ununterbrochenen Betrieb gestatten. Auch wird direkt aus Bessemerbirnen gegossen. In sehr großen Anlagen gießt man aus Martinöfen Stücke bis 130,000 kg Gewicht, Rohblöcke für Panzerplatten etc. Der Abstich erfolgt direkt in die Form oder in Gießpfannen. Neben dem Martinofen benutzt man oft einen Tiegelofen und füllt die Tiegel aus ersterm, um durch nochmaliges Durchschmelzen, oft unter Zusatz von Aluminium, ein besonders gleichmäßiges, namentlich für kleinere Gußstücke besser geeignetes Gußmaterial zu erhalten. Das Material zu den Gußformen muß außerordentlich feuerbeständig sein; man benutzt in Deutschland in der Regel ein fein gemahlenes Gemisch von Tiegelscherben, Schamotte und fettem Ton und stellt daraus die Gußformen wie beim Gußeisen her, nur ist ein Schwindmaß von 1:72 zugrunde zu legen und für große verlorne Köpfe Sorge zu tragen. Das Innere der Form erhält einen Überzug von Graphit. Die Formen werden vor dem Gebrauch scharf getrocknet und für vielgliederige Gußstücke vor dem Eingießen stark erhitzt, weil das Metall dann besser ausläuft. Das flüssige Metall erstarrt in der Form sehr rasch unter gleichzeitigem Schwinden, wodurch leicht ein Zerreißen herbeigeführt wird. Man entfernt deshalb die Kerne sofort, um das Hindernis für die Zusammenziehung des Gußstückes wegzuräumen. Dabei entstehen aber ungleichmäßige Abkühlungen und in verschiedenen Teilen des Gußstückes gefährliche Spannungen, zu deren Beseitigung man die Gußstücke bei Kirschrotwärme ausglüht und in einem gewöhnlichen Glühofen, den man nach dem Ausglühen sorgfältig verschließt, langsam erkalten läßt. Derartig hergestellte Stahlgußstücke besitzen außerordentliche Festigkeit und Zähigkeit. Man benutzt S. für den Schiffbau, zu Vorder- und Hintersteven, Rudern, Schraubenlagern, Gerüsten für die Maschinen u. dgl. Für Eisenbahnen fertigt man Herzstücke, Räder, Kuppelungen u. dgl., für den Maschinenbau Zylinder, Kreuzköpfe, Steuerungsteile, Gestelle etc. sowie kleine, der Abnutzung stark unterliegende Teile, hinunter bis zu einem Gewicht von wenigen Grammen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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