Schlangengift

Schlangengift

Schlangengift, die von den Giftdrüsen gewisser Schlangen abgesonderte, farblose oder schwach gelbliche, geruch- und geschmacklose, etwas schleimige, mikroskopische Zellen enthaltende Flüssigkeit, die, in den Blutstrom eines andern Tieres gebracht, alsbald heftige Vergiftungserscheinungen hervorbringt, während sie im Magen desselben Tieres sich völlig unschädlich erweist. Über die chemische Beschaffenheit des Schlangengiftes ist wenig bekannt, doch scheint seine Wirkung auf Gegenwart eiweißartiger Substanzen (Globulin, Syntonin, Echidnin) zu beruhen. Das eingetrocknete S. bleibt jahrelang wirksam. S. wirkt stets auf warmblütige Tiere viel heftiger als auf kaltblütige, doch hängt die Wirkung auch vom Klima und von der Temperatur ab. Eine Giftschlange kann weder sich selbst noch ein andres Individuum ihrer Art durch ihr Gift töten, auch gegen andre Arten derselben Gattung ist das Gift meist unwirksam, tötet aber Giftschlangen andrer Gruppen und nichtgiftige Schlangen. Die Gifte verschiedener Schlangen sind nicht nur ungleich stark giftig, sondern zeigen auch qualitative Verschiedenheiten, sie erzeugen verschiedene krankhafte Erscheinungen. Das Blut eines von einer Giftschlange gebissenen Tieres wirkt giftig bei Einspritzung in das Blut andrer Tiere. Unter sehr schmerzhafter Schwellung der Bißstelle treten allgemeine Depression, Schwindel und Atemnot auf, blutiger Auswurf, Erbrechen blutiger Massen, Blutharnen und blutige Stühle, dann Bewegungslähmungen, Krämpfe, und schließlich erfolgt der Tod durch Herzlähmung in tiefem Koma. Die Behandlung hat vor allem den Übergang des Giftes aus der Wunde, die wie zwei Nadelstiche erscheint, ins Blut zu verhindern. Umschnüren des Gliedes oberhalb der Wunde, festes Aufbinden eines platten und glatten Gegenstandes auf die Wunde, Erweiterung der Wunde und Anwendung von Schröpfköpfen, um starke Blutung herbeizuführen, Ausbrennen der Wunde mit glühendem Eisen, Ätzen mit Salpetersäure, Ammoniak, übermangansaurem Kali (in Substanz) ist am ratsamsten. Auch wird wiederholtes Einspritzen einer filtrierten 1 proz. Lösung von übermangansaurem Kali unter die Haut in der nächsten Umgebung der Wunde empfohlen. Besonders aber haben sich sehr starke und wiederholte Alkoholgaben (Rum, Kognak, Nordhäuser, Champagner) bewährt. In neuester Zeit sind mehrfach Heilsera (Antivenin) hergestellt worden, die man von Pferden gewinnt, die mit dem künstlich entnommenen Gift gefährlicher Giftschlangen behandelt worden sind. Diese Sera, die nur aus einer Schlange oder aus einer Gruppe verwandter Schlangen gewonnen werden, sind auch nur gegen den Biß dieser Schlangen wirksam; vorbeugender Gebrauch ist nutzlos. Vgl. Brenning, Die Vergiftungen durch Schlangen (Stuttg. 1895).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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