Schöll

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Schöll, 1) Maximilian Samson Friedrich, Diplomat und Literator, geb. 8. Mai 1766 zu Harskirchen in Nassau-Saarbrücken, gest. 6. Aug. 1833 in Paris, machte als Hauslehrer in einer livländischen Familie große Reisen, ließ sich 1790 als Advokat in Straßburg nieder, ward aber bald durch die Revolution zur Flucht genötigt und übernahm eine Buchhandlung und Druckerei in Basel. 1814 erhielt er auf Empfehlung Alexanders v. Humboldt eine Anstellung im Kabinett des Königs von Preußen, verweilte, vom Staatskanzler Fürsten von Hardenberg nach Wien berufen, hier bis zum Schluß des Kongresses und war dann bis 1818 Legationsrat der preußischen Gesandtschaft in Paris. 1819 wurde er in Berlin vortragender Rat bei dem Fürsten-Staatskanzler und begleitete letztern auf die Kongresse in Teplitz, Troppau, Laibach und Verona (1822), widmete sich jedoch nach dem Tode Hardenbergs nur noch literarischen Arbeiten. Von seinen zahlreichen Schriften sind hervorzuheben: »Histoire abrégée de la littérature grecque« (Par. 1813, 2 Bde.; 2. Aufl. 1824; deutsch, Berl. 1828–31, 3 Bde.); »Histoire de la littérature romaine« (Par. 1815, 4 Bde.); »Congrès de Vienne« (das. 1816); Fortsetzung von Kochs »Histoire abrégée des traités de paix, etc.« (das. 1817–18, 15 Bde.); »Archives politiques ou diplomatiques« (das. 1818–19, 3 Bde.); »Tableau des révolutions de l'Europe« (das. 1823, 3 Bde.); »Cours d'histoire des Etats européens jusqu'en 1789« (das. 1830–36, 46 Bde.). Auch begann er die Bearbeitung von Hardenbergs »Denkwürdigkeiten«, die Leopold v. Ranke 1877 herausgab. Vgl. Pihan de là Forest, Essai sur la vie et les ouvrages de S. (Par. 1834).

2) Gustav Adolf, Archäolog und Kunstschriftsteller, geb. 2. Sept. 1805 in Brünn, gest. 26. Mai 1882 in Weimar, studierte in Tübingen und Göttingen, habilitierte sich 1833 in Berlin, bereiste 1839–1840 mit O. Müller Italien und Griechenland, folgte 1842 einem Ruf als Professor der Archäologie nach Halle, ward 1843 Direktor der Kunstanstalten in Weimar und 1861 Oberbibliothekar daselbst. Er veröffentlichte unter andern: »Die Tetralogien der attischen Tragiker« (Berl. 1839); »Sophokles, sein Leben und Wirken« (Frankf. 1842); »Weimars Merkwürdigkeiten einst und jetzt« (Weim. 1847, neue Ausg. 1857); »Karl-August-Büchlein« (das. 1857); »Gedichte aus den Jahren 1823–1839« (Leipz. 1879); »Briefe und Aufsätze von Goethe aus den Jahren 1766–1786« (Weim. 1846); »Goethes Briefe an Frau v. Stein« (das. 1848 bis 1851, 3 Bde.; 2. vervollständigte Auflage von Fielitz, Frankf. 1883–85, 2 Bde.). Nach seinem Tod erschienen noch: »Goethe in Hauptzügen seines Lebens und Wirkens« (Berl. 1882) und »Gesammelte Aufsätze zur klassischen Literatur alter und neuerer Zeit« (das. 1884). Vgl. Friedr. Schöll, Adolf S. (Berl. 1883).

3) Rudolf, klassischer Philolog, Sohn des vorigen, geb. 1. Sept. 1844 in Weimar, gest. 10. Juni 1893 in München, studierte 1862–65 in Göttingen und Bonn, wurde 1866 Lehrer am Friedrichs Gymnasium in Berlin, lebte seit 1867 in Italien, habilitierte sich 1871 in Berlin und wurde 1872 ordentlicher Professor in Greifswald, 1874 in Jena, 1876 in Straßburg, 1885 in München. Seine Hauptschriften sind: »Legis duodecim tabularum reliquiae« (Leipz. 1866), »Quaestiones fiscales iuris Attici« (Berl. 1873), »De synegoris Atticis« (Jena 1875), »Q. Asconii Pediani orationum Ciceronis quinque enarratio« (mit A. Kießling, Berl. 1875), »Justiniani Novellae« (»Corpus iuris civilis«, Bd. 3, das. 1880 bis 1891), »Procli Commentariorum in Rem publicam Platonis partes ineditae« (in den mit Studemund herausgegebenen »Anecdota varia«, Bd. 1, das. 1886).

4) Friedrich, klassischer Philolog, Bruder des vorigen, geb. 8. Febr. 1850 in Weimar, studierte 1869 bis 1874 in Göttingen und Leipzig, nahm jedoch inzwischen am Feldzug von 1870/71 teil, wurde 1875 Assistent am russischen philologischen Seminar in Leipzig, 1876 daneben Privatdozent und kam 1877 als ordentlicher Professor nach Heidelberg. Er lieferte zu Plautus für die große Ausgabe Ritschls Neubearbeitungen des »Trinummus« (Leipz. 1884), der »Menaechmi« (1889), des »Persa« (1892), der »Mostellaria« (1893) und erste Bearbeitungen des »Truculentus« (1881), der »Captivi« (1887), des »Rudens« (1887), der »Casina« (1890) und der »Cistellaria« (1894), sodann eine neue Textausgabe (mit Götz, Leipz. 1892–95,7 Bdchn.). Sonst nennen wir: »De accentu linguae latinae« (in Ritschls »Acta societatis philologae Lipsiensis«, Bd. 6, Leipz. 1876), »De locis nonnullis ad Aeschyli vitam et ad historiam tragoediae graecae pertinentibus« (Jena 1875), endlich die Biographie seines Vaters (Berl. 1883).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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