Sachalin [1]

Sachalin [1]

Sachalin, seit 1894 selbständiges Militärgouvernement, besteht aus der Insel S. (s. unten) und einigen benachbarten Inseln, mit 75,978 qkm Fläche und (1897) 28,166,(20,518 männlichen, 7648 weiblichen) Einwohnern (0,4 auf 1 qkm). Sitz der Verwaltung ist Alexandrowsk. Die Insel S. (bei den Japanern und den Aino der Kurilen Krafto, Karafuto, bei den Chinesen Tarrakaj) liegt im Ochotskischen Meere (s. Karte »Sibirien«), vor der Mündung des Amur, von der Küstenprovinz durch die nur 10 km breite Tataren- oder Newelskistraße, von Jeso durch die Lapérousestraße getrennt, zwischen 45°52´-54°22´ nördl. Br. und 141°49´-144°45´ östl. L., von N. nach S. 957 km lang, von O. nach W. zwischen 28 und 195 km breit und 75,365 qkm groß. Die Insel ist im allgemeinen gebirgig, nur im N., gegenüber dem Ästuarium des Amur, breiten sich von der einen Küste zur andern Ebenen aus. Die Hauptgebirgskette zieht sich an der Westküste mit 900 m mittlerer Höhe hin, erhebt sich bis gegen 1200 m im Lopatinskij, die östliche Kette ist im Pik Tiara nur 600 m hoch; zwischen beiden ist eine Niederung, von Tymi nach N. und Poronai nach S. durchströmt, eingeschlossen, die zur Terpjenijabai ausläuft. Die Aniwabai liegt zwischen den Kaps Aniwa und Notoro (Crillon). Die 2800 km lange Küste hat nur für Schiffe mittlerer Größe in der breiten Mündung des Tymi und in der Nabilschen Bucht guten Ankergrund. Das Klima ist sehr rauh, nur an der Süd- und Westküste wird es durch die von Japan kommenden Meeresströmungen gemildert. Im Winter herrschen heftige Stürme, im Sommer kalte. dicke Nebel. Vier Vegetationsformationen bedecken die Insel: Nordsibirischer Urwald (Tannen und Fichten), Tundren, Küstenwiesen und sogen. Elanen oder Flußufervegetation. Die letzte besteht aus Pappeln, Weiden, Erlen, Ulmen, Eichen, riesigen Wiesenkräutern, dem Weinstock im wilden Zustand. Eine besondere Art Bambus (Arundinaria kurilensis) bedeckt die ganze Westkette bis zum Breitengrad von Dui. Von wilden Tieren finden sich Bären, Füchse, Moschustiere, Seeottern, Renntiere und sehr zahlreich Zobel. Tiger überschreiten zuweilen die gefrorne Meerenge. Das verbreitetste Haustier ist der Hund, den man allgemein als Zugtier verwendet. Pferde und Rinder sind von den Russen und Japanern eingeführt worden. Tierfang (Zobel und Renntier) und Fischerei (Kabeljau, Heringe, Seezungen, Lachse) sind Haupterwerbsquellen der Bevölkerung. Die Fischerei verspricht eine große Zukunft. Die Vogelwelt ist der von Sibirien nahe verwandt. Geologisch gehört S. zur Tertiärformation; kristallinisches Gestein, Basalt und Kalkstein erscheinen nur an einigen Vorgebirgen. Kohle findet man an der Westküste bei Dui, im Innern am Flusse Kummanai und auch an der Ostküste, ergiebige Naphthaquellen im nördlichen Teile der Insel, namentlich an der Nabilischen Bucht. Die Urbevölkerung, etwa 4000 Köpfe, besteht aus Giljaken im N. und Aino südlich der Terpjenijabai, Orotschen und Tungusen, einigen hundert Chinesen und Koreanern und 300–400 Japanern. Die Russen gründeten hier zuerst 1857 den Posten Dui an der Westküste, aber erst 1880 begann eine systematische Kolonisation zuerst durch gemeine, dann auch durch politische Verbrecher. Man baut Kartoffeln, Weizen, auch etwas Gerste, Hafer und Roggen. Doch leiden die Ernten sogar Anfang August durch Nachtfröste. Es gibt 600 km gebahnter Fahrwege und 670 km Telegraphenleitung. Unter den verschiedenen Orten waren die wichtigsten Korsakowa und Dui. Der erste Europäer, der an die Küste von S. kam, war der Holländer Gerrit de Vries 1643, ohne aber die Inselnatur des Landes zu erkennen, was auch Lapérouse 1787 nur halb gelang. Eine vollständige Aufnahme der Insel machte der russische Kapitän Newelski 1849 bis 1852. Seit 1855 teilten sich Rußland und Japan in den Besitz von S., bis 1875 Japan seine Ansprüche gegen Überlassung der Kurilen aufgab. Durch den russisch-japanischen Krieg kam aber die Südhälfte Sachalins wieder in japanischen Besitz. Um die Erforschung von S. machten sich verdient Krusenstern 1805, der schon genannte Newelski, Schrenck 1854–1856, Schmidt, Glehn, Brylkin 1860, Lopatin 1867, Dobrotvorsky 1870, Poljakow 1881–82, Krasnow 1892. Vgl. Poljakow, Reise nach der Insel S. in den Jahren 1881–1882 (deutsch, Berl. 1884); H. de Windt, The New Siberia (Lond. 1896); »Wegweiser auf der großen Sibirischen Eisenbahn« (deutsch von Lütschg, Petersb. u. Berl. 1901); Doroschewitsch, Die Verbrecherinsel S. (Berl. 1903); Hawes, Im äußersten Osten. Von Korea über Wladiwostok nach der Insel S. (deutsch, Berl. 1905); v. Zepelin, Die Insel S. Der Kriegsschauplatz in Ostasien (das. 1905); Funk e, Die Insel S. (Halle 1906).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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