Radiotherapie

Radiotherapie

Radiotherapie, die Anwendung von Radiumstrahlen zu Heilzwecken, namentlich bei Hautkrankheiten. Die Wirkung aufgelegter radioaktiver Substanzen auf die Haut ist verschieden je nach der Zeit der Anwendung und der Aktivität des Präparats. Es muß unmittelbar auf die zu behandelnde Körperstelle gebracht werden, da die wirksamen α und βStrahlen nur in geringer Entfernung hinreichend kräftig sind und nur ein äußerst geringes Durchdringungsvermögen gegenüber Körpergewebe haben. Auf die Haut gebrachte, mit Radium gefüllte Zelluloidkapseln oder Gummisäckchen erzeugen zunächst Hautrötung, die je nach Stärke der Bestrahlung sofort oder erst nach vielen Tagen auftritt; aus der Rötung können schuppende Ekzeme, Brandblasen und schmerzhafte, sehr langsam heilende Geschwüre entstehen. Bei stark wirksamen Präparaten können schon nach zwei Stunden Hautschädigungen erfolgen, die zu monatelang dauernder Verschwärung führen. Durch den langsamen Ablauf der Erscheinungen wird die richtige Abstufung der Bestrahlung zu Heilzwecken einigermaßen erschwert. Es ist ratsam, wiederholte längere Bestrahlungen mit schwachen Präparaten zu Heilzwecken anzuwenden; nur da, wo intensivere Gewebszerstörung beabsichtigt ist, sind starke und längere Bestrahlungen am Platz. Ganz schwache Bestrahlung macht die Haare nach längerer Zeit brüchig und verursacht teilweisen oder völligen Haarausfall, doch wachsen die Haare nach mehreren Monaten wieder; stärkere Einwirkung kann dauernden Haarverlust durch Zerstörung der Haarzwiebeln zur Folge haben. Am stärksten wirken die Radiumstrahlen auf lebhaft wachsende Zellen, genau wie die Röntgenstrahlen, von denen sie sich überhaupt, abgesehen von ihrer weit geringern Durchdringungskraft, in ihrer Wirkung nur wenig unterscheiden. Hierauf beruht die besonders intensive zerstörende Wirkung gegenüber den krankhaften Geschwülsten, deren Zellen sich in lebhaftester Teilung befinden, auch gegenüber manchen normalen Geweben, z. B. den Hoden, deren samenbildendes Gewebe abgetötet wird, so daß Unfruchtbarkeit entsteht. Viel weniger intensiv wirken die Radiumstrahlen auf Bindegewebe und Muskeln.

Zu Heilzwecken kommt vorläufig fast ausschließlich die zerstörende Wirkung der Radiumstrahlen in Betracht. Zwar kann man die schwächsten Grade der Radiumwirkung vielleicht als anregende, das Zellenleben reizende bezeichnen und zur bessern Ernährung erschlaffter Haut und mangelhaften Haarbodens anwenden, doch können diese Wirkungen mindestens gleich sicher und weitaus gefahrloser durch andre Maßnahmen erzielt werden. Dagegen hat man die zerstörende Tätigkeit der Radiumstrahlen vielfach zur Beseitigung von Haut- und oberflächlichen Schleimhautkrebsen, von Lupus, Muttermälern, Narbengeschwülsten und ähnlichem erfolgreich angewendet; namentlich reagieren auch parasitäre Hautleiden, wie Sykosis, Favus etc., günstig auf Behandlung mit Radiumstrahlen. Auch gegen bösartige Neubildungen innerer Organe wurden sie benutzt, indem man z. B. mit Radiumstrahlen beschickte Kapseln an einer Sonde in die Speiseröhre versenkt, um einen dort sitzenden Krebs zu zerstören. An Stelle des teuern Radiums werden Substanzen angewendet, die mittels einer kleinen Radiummenge aktiviert worden sind, oder die Radium in nicht reinem Zustand enthalten. Als solche dienen namentlich die in Joachimsthal in Böhmen gewonnenen Uranpecherzrückstände, die eine relativ bedeutende Radioaktivität besitzen, und das mit diesem Stoff aktivierte Wasser. Bäder in solchem Wasser sollen bei chronischem Rheumatismus und bei Neuralgien besonders günstige Wirkungen entfalten. Auf Radioaktivität sollen auch manche bisher nicht vollkommen erklärte Heilwirkungen vieler Mineralwässer beruhen. In der Tat sind manche bewährte Heilquellen auffallend stark radioaktiv, besonders stark die Gasteiner warmen Quellen. Auch für die Heilkraft innerlich gebrauchter Mineralwässer hat man die Radioaktivität in Anspruch genommen. Vgl. Belot, La Radiothérapie (Par. 1904), und die Literatur beim Artikel »Radioaktivität«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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