Rabe [2]

Rabe [2]

Rabe (Corvus L.), Gattung der Sperlingsvögel aus der Familie der Raben (Corvidae), mittelgroße, kräftig gebaute Vögel mit gestrecktem Leib, kräftigem, mittellangem, mehr oder weniger geradem, an der Spitze ganzrandigem Schnabel, langen, spitzen Flügeln, mittellangem, geradem oder leicht gerundetem Schwanz und kräftigen Füßen. Der Edelrabe (Kolkrabe, Steinrabe, Galgenvogel, C. corax L.) ist 64 cm lang, 125 cm breit, gleichmäßig schwarz, findet sich in ganz Europa, Nord- und Mittelasien und in Nordwestindien in Gebirgen, Wäldern und an Küsten, in Rußland und Sibirien auch in Dörfern und Städten. Er lebt paarweise, fliegt trefflich, schreitet mit lächerlicher Würde, ist äußerst scheu und wird von den Verwandten gehaßt und verfolgt. Er nährt sich von Pflanzenstoffen und Tieren, jagt selbst junge Hafen, Auerhühner, Gänse, Enten, Hühner, frißt auch Abfälle und Aas, plündert die Nester und richtet bedeutenden Schaden an. Er horstet im März und April auf Felsen oder hohen Bäumen, legt 5–6 grünlichblaue, grün und grau gefleckte Eier (s. Tafel »Eier I«, Fig. 64) und verläßt die Jungen nie. In der Gefangenschaft wird er sehr zahm, läßt sich ab richten wie ein Hund, lernt sprechen, begeht aber allerlei Unfug, stiehlt, beißt und kann Kindern gefährlich werden. Zwei Krähen, die Rabenkrähe (Schwarze Krähe, Feldrabe, Krähenrabe, C. corone L) und die Nebelkrähe (Graue Krähe, Mantel-, Aas-, Luderkrähe, Nebel-, Mehlrabe, C. cornix L.), sind gerupft schwerlich voneinander zu unterscheiden, paaren sich nicht selten untereinander und sind deshalb vielfach als klimatische Ausartungen derselben Art betrachtet worden. Die erstere ist schwarz, veilchen- oder purpurfarben schillernd, die Nebelkrähe ist aschgrau, mit schwarzem Kopf, Vorderhals, Schwanz und Flügeln; beide sind 47–50 cm lang, 100–105 cm breit. Die Nebelkrähe findet sich in Norddeutschland östlich der Elbe (westlich nur als Wintergast), Galizien, Ungarn, Steiermark, in Sibirien östlich bis zum Jenissei, in Kleinasien, Süditalien, Griechenland, Ägypten und Mittelasien bis Japan, die Rabenkrähe in Deutschland westlich der Elbe, in West- und Südeuropa, Turkistan, Kaschmir und Ostsibirien, östlich des Jenissei. Im Elbgebiet ist die Scheidegrenze, und hier kommen beide Arten in ziemlich gleicher Zahl vor. Sie sind Stand- oder höchstens Strichvögel, leben paarweise, besonders in Feldgehölzen, aber auch in unmittelbarer Nähe des Menschen und in Wäldern; sie sind höchst gesellig, leiblich wie geistig begabt und da sie sich fast ausschließlich auf niedere Beute beschränken, überwiegend nützlich, wenn sie auch Vogelnester plündern und reifendes Getreide, besonders Gerste, brandschatzen. Sie verfolgen die Raubvögel mit großem Geschrei. Ihr Nest steht auf hohen Bäumen und enthält im April bis Mai 3–5, selten 6 blaugrünliche, dunkel gefleckte Eier; sie pflegen und verteidigen ihre Jungen sehr eifrig. Die Bastarde zeigen große Verschiedenheit in der Färbung, aber die Nachkommen der Bastarde sollen wieder in die Hauptarten zurückschlagen. In der Gefangenschaft lernen sie sprechen, machen sich aber durch ihren Geruch und durch allerlei Unfug lästig. Der Haß der Krähen gegen den Uhu und andre Eulen wird ihnen vor der »Krähenhütte« verderblich. Auf der Kurischen und jetzt auch auf der Frischen Nehrung werden die Krähen in Netzen gefangen und durch einen Biß in den Kopf getötet. Ihr Fleisch wird frisch und gepökelt gegessen, die Federn dienen zum Stopfen der Betten. Die Saat- oder Feldkrähe (Hafer-, Ackerkrähe, Pommerscher R., Grindschnabel, C. frugilegus L.), 47–50 cm lang, 96–102 cm breit, schlanker als die vorigen, mit sehr gestrecktem Schnabel, langen Flügeln, stark abgerundetem Schwanz, ist gleichmäßig purpurblauschwarz. Sie bewohnt die Ebenen Mitteleuropas und Mittelasiens, ist über ganz Norddeutschland als Sommervogel ziemlich gleichmäßig verbreitet (fehlt nur in der Lüneburger Heide), brütet in Süddeutschland nur sehr vereinzelt, überwintert hier aber zahlreich, geht im Winter bis Südeuropa und Indien, bei uns weilt sie vom Februar bis November. Sie ist furchtsamer und harmloser als die übrigen, lebt sehr gesellig, auch mit andern Vögeln, und vertilgt Mäuse, Insekten, Schnecken, wogegen der Schade, den sie durch Auflesen von Getreidekörnern und Stehlen von Früchten anrichtet, wenig in Betracht kommt. Sie bildet große Brutansiedelungen, legt im April 4–5 blaßgrüne, grau und braun gefleckte Eier und wird durch Beschmutzung des Bodens und entsetzlichen Lärm lästig, läßt sich auch so leicht nicht vertreiben. Die Dohle (Turmkrähe, Tale, Schneedohle, Dache, Klaas, Colaens monedula L.), 33 cm lang, 65 cm breit, mit kurzem, starkem, oben etwas gebogenem Schnabel, ist schwarz, am Hinterkopf und Nacken aschgrau. auf der Unterseite schiefer- oder grauschwarz. Sie findet sich in fast ganz Europa, Nordafrika und Westasien, besonders häufig in Rußland und Sibirien, fehlt aber in manchen Gegenden gänzlich, bewohnt bei uns Feldgehölze und die Türme der Städte, lebt sehr gesellig, fliegt vortrefflich, nährt sich wie die vorige, frißt auch Getreidekörner, junges Getreide, Früchte etc., ist aber immer überwiegend nützlich. Sie streicht vom November bis März, nistet gesellig in Mauerlöchern und legt im April und Mai 4–6 blaß blaugrünliche, dunkelgrün getüpfelte Eier (s. Tafel »Eier I«, Fig. 65). In der Gefangenschaft ist sie sehr liebenswürdig und lernt leicht sprechen. – Der R. war bei den Alten der weise, prophetische Vogel und als solcher dem Apollon heilig. Zwei Raben (Hugin und Munin) sitzen auf Odins Schultern, fliegen jeden Tag aus, um die Zeit zu erforschen, und sind das Symbol der Allwissenheit Odins. Für die Augurien der Römer hatte kein Vogel eine gleich ominöse Bedeutung. Der R. personifizierte auch den Schatten eines Toten, daher wird in Indien noch heute ein Teil der Mahlzeit für die Raben übriggelassen, daher der griechische Fluch: »Zu den Raben!«, und noch heute ist der R. weitverbeitet in eminentem Sinne der Unglücksvogel. Die Wikinger führten auf ihren Fahrten stets mehrere Raben mit sich und ließen sie von Zeit zu Zeit fliegen, um zu sehen, ob die Tiere Land fänden. So ward Grönland entdeckt. Ähnlich erscheint der R. sehr oft, z. B. bei Alexander d. Gr., als weisender Vogel. Die Normannen trugen auf ihren Raub- und Mordzügen den Raben als Feldzeichen vor sich her, und auch die englischen Templer setzten ihn mit einem Totenschädel in den Klauen in das Schlachtenbanner. Endlich repräsentierte der R. auch den Winter und den Regengott. Nach der Volkssage verläßt der R. seine Jungen (daher Rabenvater).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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