Bagger

Bagger

Bagger (Baggermaschine, hierzu Tafel »Baggermaschinen« mit Text), Maschine zum Lösen, Heben und Ausschütten (Baggern) von Erdreich (Steine, Kies, Sand, Schlamm) unter oder über Wasser. Die im Trocknen arbeitenden B. heißen Trockenbagger (Exkavatoren), die unter Wasser Erdreich lösenden und über Wasser hebenden B. Naßbagger oder kurzweg B. Man unterscheidet a) Baggerungen zur Materialgewinnung (z. B. Kies, auch goldhaltigen Sand aus Flußbetten), b) Baggerungen beim Grundbau (z. B. Ausheben von Baugruben unter Wasser beim Eisenbahn- und Kanalbau), c) Baggerungen zur Herstellung und Erhaltung von Fahrrinnen in Flußläufen, Kanälen, Häfen.

1) Für Baggerungen geringen Umfanges (meist nur bei Fundierungen) verwendet man Handbagger (Stielbagger). Diese bestehen, je nachdem sie in gröbern Steinen, Kies, mittelfestem Boden oder Sand zu arbeiten haben, aus einer Stange mit Zange (Zangenbagger), Rechen (Baggerrechen), eiserner, durchlöcherter Schaufel (Baggerschaufel) oder einem an einen scharfrandigen, verstählten Ring angenähten Leinwandsack (Baggersack, Sackbohrer, s. d.) und werden meist direkt mit der Hand bewegt.

2) Schaufelbagger (Schaufelkettenbagger) dienen nur dem unter c) genannten Zweck, und zwar ausschließlich für weichen, schlammigen Boden. Sie werden auf einem Schiff aufgestellt (Tafel, Fig. 1).

3) Eimerbagger (Eimerkettenbagger) gestatten die Anwendung für alle drei genannten Zwecke und sind von allen Baggern die gebräuchlichsten. Wie bei einem Paternosterwerk (s. d.) sind an einer über zwei Trommeln gehenden Kette ohne Ende Blechkasten mit scharfem Rande (Eimer) oder für grobes Geschiebe Körbe aus Eisenstäben befestigt. Beim Antrieb der obern Trommel wird die Kette so bewegt, daß ihre Kasten in der Nähe der untern Trommel mit der scharfen Kante Erdreich lösen, aufnehmen, herausholen und, an der obern Trommel angekommen, ausschütten. Man unterscheidet Eimerbagger mit senkrechter und mit schräg liegender Kette. Die erstern werden meist für Gründungen verwendet, bei Brückenpfeilern, Senkbrunnen. Sie bestehen aus einem fahrbaren Gestell, das einen pendelnd aufgehängten Rahmen (Gatter) trägt, zwischen dessen oberer und unterer Trommel die Eimerkette ausgespannt ist. Bei der horizontalen Bewegung des Gestells mit Gatter wird eine Horizontalschicht Erdreich aus dem Brunnen etc. ausgehoben, darauf das Gatter etwas gesenkt und eine neue Schicht ausgehoben u.s.f. – Eimerbagger mit geneigter Kette, für Fluß- und Hafenbau, werden stets vom Schiff aus und meist mit Dampf betrieben. Die Eimer haben einen Inhalt bis 0,5 cbm (Tafel, Fig. 2 u. 3). Die Bewegung des Baggerschiffes erfolgt an verankerten Ketten.

Bei dem elektrisch betriebenen Eimerbagger von Smulders in Rotterdam wird der elektrische Strom vom Lande her zugeführt. Der B. ist am Vorderteil mit zwei Schrauben versehen. Die Bewegung der Eimerkette, der Schrauben, Eimerleiter etc. erfolgt je durch besondere elektrische Triebwerke, die von einem Steuerhaus aus bedient werden. Am Hinterteil des Baggers sind eiserne Säulen so angebracht, daß sie, abwechselnd niedergelassen, sich in den Grund einbohren und nun eine Drehachse für die Schwenkungen des Baggers bilden, die durch entsprechende Drehung einer oder beider Schrauben herbeigeführt werden. So kann ein kreisförmiger Streifen von 1–1,5 m Breite ausgebaggert werden. Wird nun immer abwechselnd die vorgeschobene Säule als neuer Drehpunkt benutzt, so wird der ganze Flußboden auf einem Zickzackweg ausgebaggert. Dabei werden weder die durchgehende Schiffahrt noch die anlegenden Baggerprahme durch die Anker und Ketten behindert, auch wird das zeitraubende Versetzen der Anker vermieden. Für zähe Bodenarten haben Möller u. Holberg in Grabow Eimer konstruiert, deren Boden bei Ankunft des Eimers über der Abfuhrrinne selbsttätig nach der Eimeröffnung hin sich bewegt, wodurch der Eimerinhalt ausgestoßen wird. Die Eimerbagger werden häufig mit einer Schwemmvorrichtung versehen. Der von den Eimern gehobene Boden fällt meinen Trichter, wird mit ausgepumptem Wasser stark verdünnt und fließt durch ein durch Ausleger gehaltenes Rohr seitlich ab. Soll das von dem Eimerbagger gehobene Baggergut weiter gebracht werden, so wird es nochmals durch einen Elevator 10–15 m hoch gehoben und dann unter starkem Wasserzusatz in offenen Rinnen oder Röhren bis auf 500 m hingespült. Tritt bei den Naßbaggern an Stelle des Auslegerrohrs eine Druckrohrleitung, so erhält man den sogen. Preßbagger (Tafel, Fig. 5). Zum Baggern im Trocknen und unter Wasser eignet sich der Lübecker Trockenbagger (Tafel, Fig. 4), bei Kanal- und Eisenbahnbauten vielfach in Verwendung. Er schält den Boden in Lagen von 15–20 cm Stärke ab und bringt ihn in die zum Transport bestimmten Eisenbahnwagen. Die Leistung ist 120 cbm in der Stunde. Er nimmt den härtesten, mit Findlingen stark durchsetzten Boden weg. Bei leichtem Sandboden ist die Leistung bedeutend höher und hängt lediglich vom Heranbringen der Eisenbahnwagen ab. Die Monatsleistung eines Trockenbaggers am Nordostseekanal betrug 52,000 cbm.

4) Saugbagger (Tafel, Fig. 6 u. 7) sind hauptsächlich für weichere Bodenarten und wegen ihrer großen Leistungsfähigkeit zur Reinigung von Häfen und ähnlichen Arbeiten im Gebrauch. Sie bestehen aus einer bis zum Boden eineisens und bis über das Schiff anderseits reichenden Rohrleitung, in die eine Zentrifugalpumpe oder eine Kolbenpumpe (Zentrifugalpumpenbagger, Kolbenpumpenbagger) eingeschaltet ist, die das Wasser vom Boden des Hafens etc. mit bedeutender Geschwindigkeit in dem Rohr aufwärts bewegt; dabei werden die vom Boden durch ein Rührwerk losgelösten Erdteile mit dem Wasser vermischt und mitgerissen. Das Mischungsverhältnis von Bodenmaterial und Wasser ist hier im günstigsten Fall wie 1: 4.

5) Spritzbagger (Wasserstrahlbagger, Luftstrahlbagger), benutzt zum Freihalten der Fahrstraße von Flußläufen mit weichem Untergrund, besitzen eine Spritzvorrichtung, durch die ein starker Wasser- oder Luftstrahl gegen den Grund geführt wird. Hierdurch wird der Schlamm, Sand etc. aufgewirbelt und soll nun durch den Strom fortgeführt werden. Es kann aber auch eine besondere Pumpvorrichtung wie bei den Zentrifugal- und Kolbenpumpenbaggern zum Abführen des Baggergutes vorgesehen werden. In der Wirkungsweise einem Wasserstrahlbagger ähnlich ist der Spülbagger von Kretz (Tafel, Fig. 8–15). Ein von Moormann angegebener Druckluftbagger besitzt eine Egge, die, langsam durch das Flußbett gezogen, den Boden aufreißt. Hinter der Egge mündet im Boden ein Rohr, dem Druckluft entströmt.

6) Greif- oder Kranbagger, um eine vertikale Achse drehbar, eignen sich vorzüglich zu Baggerungen auf beengten Baustellen (Tafel, Fig 16).

7) Dampfschaufelmaschinen (Dampfschaufelbagger, Löffelbagger) sind B. mit einem Kübel, der an einem Stiele hin und her geschwungen wird und vorn mit einer Schaufel versehen ist (Tafel, Fig. 17).

Die Schiffe zur Fortschaffung des Baggergutes, die Baggerprahme (Baggerpontons), werden mit Schaufeln und Karren (sehr kostspielig) oder mittels besonderer Baggermaschinen entleert, oder sie sind mit Boden- oder Seitenklappen versehen, bei deren Offnen das Baggergut herausfällt.

Schon die ältesten Kulturvölker haben baggerartige Werkzeuge zur Anwendung gebracht. Baggermaschinen wurden zuerst im Interesse der Schiffahrt zur Ausführung von Fluß- und Hafenvertiefungen benutzt. Die erste Baggermaschine soll von Varantius 1591 erbaut worden sein, und zwar in Form eines Stielbaggers, der von einem durch Menschen bewegten Laufrad aus betrieben wurde. Im 17. Jahrh. fanden Modder-molen mit Pferdebetrieb (Schaufelkettenbagger) in Holland Anwendung, im 18. Jahrh. Eimerradbagger und Eimerkettenbagger. Bedeutende konstruktive Verbesserungen erhielten die B. seit der Anwendung der Dampfkraft zu ihrem Betrieb. 1796 ist der erste durch Dampf betriebene B. (Stielbagger) in England erbaut worden. In Deutschland und Frankreich wurden erst seit 1840 Dampfbagger angewendet. 1855 wurde der Saugbagger von Friedrich Hoffmann erfunden. Unabhängig von ihm baute im selben Jahre der Amerikaner Lebby seinen ersten Saugbagger. Kolbenpumpenbagger kamen zuerst 1859 (beim Hafen von St.-Nazaire) und Kreiselpumpenbagger zuerst in Amerika, dann 1869 in England zur Anwendung. Vgl. Malézieux, Travaux publics des État-Unis d'Amerique (Par. 1873); Klasen, Handbuch der Fundierungsmethoden (2. Aufl., Leipz. 1894); Hagen, Sammlung ausgeführter Dampfbagger, Baggerprahme etc. (Berl. 1881 u. 1887, 2 Hefte); Salomon u. Forchheimer, Neuere Bagger- und Erdgrabemaschinen (das. 1888); Jeep, Baumaschinen, Heft 4 (Leipz. 1883); »Handbuch der Ingenieurwissenschaften«, 4. Bd., 1. Abteilung: Baumaschinen (2. Aufl., das. 1897); »Compte rendu des travaux du VIII. Congrès International de navigation 1900«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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