Pisāno

Pisāno

Pisāno, 1) Niccola, Bildhauer und Architekt, geb. um 1220 in Pisa, wahrscheinlich als Sohn eines aus Apulien stammenden Steinmetzen, gest. nach 1278, der Begründer der pisanischen Bildhauerschule, die zu einer der wichtigsten Vorläuferinnen der Renaissance wurde. Seine plastischen Hauptwerke sind die polygonen Marmorkanzeln im Baptisterium zu Pisa (1260, ein Relief davon auf Tafel »Bildhauerkunst VII«, Fig. 3) und im Dom zu Siena (1266–68), deren Brüstungen mit figurenreichen Reliefs aus dem Neuen Testament geschmückt sind. Außerdem schmückte P. unter anderm das Grabmonument des heil. Dominikus in Bologna mit Reliefs (vor 1267) und den Marmorbrunnen in Perugia (seit 1274) mit Reliefs und Statuetten. Wenn seine Werke auch byzantinische Anklänge zeigen und sich der Einfluß der Gotik in ihnen bemerkbar macht, so liegt ihre Bedeutung doch in dem bewußten Zurückgreifen auf die Antike, besonders die antiken Sarkophagreliefs, denen er nicht nur den stark hervortretenden, fast rundplastischen Reliefstil und die Überfüllung mit Figuren, sondern zuweilen auch ganze Gestalten entlehnte. Außerdem aber bricht sich, zumal in seinen spätern Werken, auch schon ein neues Naturgefühl Bahn. Die von Vasari ihm zugeschriebenen Bauten sind fast alle im Laufe der Zeit vollständig umgestaltet worden. Schüler von ihm waren Arnolfo di Cambio und Fra Guglielmo Agnelli. Vgl. Dobbert, Über den Stil N. Pisanos (Münch. 1873); A. Brach, Nicola und Giovanni P. (Straßb. 1904); Supino, Arte Pisana (Flor. 1904).

2) Giovanni, Goldschmied, Erzgießer, Bildhauer und Architekt, geb. um 1245, gest. 1320 (?), Sohn und Schüler des vorigen, unter dem er an der Kanzel zu Siena und dem Brunnen von Perugia tätig war. Als Architekt war er einer der Hauptmeister der Gotik in Italien; seine Bedeutung als Bildhauer aber liegt in dem engen Anschluß an die Natur, in seinem energischen Streben nach Individualisierung, Bewegtheit und leidenschaftlichem Ausdruck der Gestalten, wodurch er auf die gesamte Entwickelung der Plastik in Italien bestimmend einwirkte. Seine plastischen Hauptwerke sind die 1301 vollendete Kanzel von Sant' Andrea zu Pistoja und die 1303–11 geschaffene, später auseinandergenommene, jetzt im Museo Civico zu Pisa wieder aufgebaute Kanzel für den dortigen Dom. Von seinen Madonnenstatuen ist die in der Madonna dell' Arena zu Padua besonders hervorragend (andre in Prato, in Pisa und im Berliner Museum). Das Grabmal eines Serovegno in dieser Kirche rührt dagegen wohl nicht von ihm her. Als Architekt baute er 1278–83 das Campo santo von Pisa. 1286–89 entwarf er die Fassade des Domes von Siena (s. Tafel »Architektur IX«, Fig. 4), die seinem Schüler Lorenzo Maitano als Vorbild für die von Orvieto diente. Endlich wird ihm der Umbau des Domes von Prato (seit 1317) zugeschrieben. Auch als Goldschmied und Medailleur leistete er Hervorragendes. Vgl. Supino, Giovanni P. (Rom 1895) und Arte Pisana (Flor. 1904); Sauerlandt, Die Bildwerke des Giovanni P. (Düsseld. 1904).

3) Andrea, Sohn des Ugolino, Schüler des vorigen, geb. um 1270 in Pontedera, gest. um 1349, war Bildhauer, Bronzegießer und Architekt. Nach mehreren Arbeiten in Santa Maria a Ponte in Pisa und im Dom von Carrara baute er 1306 das Kastell Scarperia im Mugellotal, 1332 die Porta San Frediano sowie mehrere Türme der Stadtmauer von Florenz. Sein Hauptwerk ist die schöne Bronzetür des Baptisteriums mit 20 Reliefs aus der Geschichte Johannis des Täufers, die er 1330–36 mit Hilfe von venezianischen Goldschmieden und Erzgießern herstellte. Nach Giottos Tod wurde er Architekt des Campanile und führte einen Teil der von jenem entworfenen Bronzereliefs aus (s. Tafel »Bildhauerkunst IX«, Fig. 2). Seine letzten Jahre verbrachte er in Orvieto, wo er die Mosaikarbeiten für den Dom leitete. Seine Arbeiten zeigen Reinheit der Zeichnung, Einfachheit und Anmut der Komposition. Sein Faltenwurf ist gotisch stilisiert. Schüler von ihm sind: seine Söhne Tommaso und Nino, Alberto Arnoldi und Giov. Balducci von Pisa und der Goldschmied Leonardo di Ser Giovanni.

4) Vittore, auch Pisanello genannt, ital. Maler und Medailleur, geb. um 1380–90 in San Vigilio am Gardasee, gest. im März 1451, war in Verona, Venedig, Pavia, Rom, Ferrara, Rimini, Mailand, Mantua und Neapel tätig. Von seinen Freskomalereien sind in Verona eine Verkündigung in San Fermo und ein heil. Georg in Sant' Anastasia erhalten; Tafelbilder von ihm besitzen die Londoner Nationalgalerie, der Louvre (Bildnis der Ginevra d'Este), dem auch ein höchst interessantes Skizzenbuch (besonders Köpfe und Tierstudien) von seiner Hand gehört, das Kaiser Friedrich-Museum in Berlin (Anbetung der Könige, zweifelhaft) und die Morelli-Sammlung in Bergamo (Bildnis des Leonello d'Este). Besonders berühmt aber wurde er durch die von ihm zuerst zu einem besondern Kunstzweig erhobene Kunst, Schaumünzen mit Bildnissen zu modellieren und in Metall zu gießen. Unter den etwa 30 erhaltenen befinden sich neun Bildnisse von Leonello d'Este, fünf von Alfonso von Aragonien, ferner Mitglieder der Familien Gonzaga, Malatesta (s. Tafel »Medaillen I«, Fig. 1 u. 2), Avalos etc. Vgl. Hill, Pisanello (Lond. 1905).

5) Leonardo, Mathematiker, s. Fibonacci.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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