Pflanzensystem

Pflanzensystem

Pflanzensystem, die Aufzählung der Pflanzenarten in einer wissenschaftlich begründeten Anordnung. Man unterscheidet künstliche und natürliche Systeme (s. Pflanzensystematik). Ein künstliches System kommt zustande, wenn man ein bestimmtes einzelnes Merkmal der Pflanzen herausgreift und nach den Verschiedenheiten, die lediglich dieses eine Merkmal in der Reihe der Gewächse aufweist, die letztern klassifiziert, wie dies z. B. in dem Linnéschen System geschieht, wo die Staubgefäße in erster und die Griffel in zweiter Linie den Einteilungsgrund liefern.

Tabelle
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Jede Klasse teilte Linné in Ordnungen, und zwar in der 1. bis 13. Klasse nach der Zahl der Griffel oder Narben, die 14. in Nacktsamige (Gymnospermae, fast sämtliche Lippenblütler) u. Bedecktsamige (Angiospermae, der größte Teil der Skrofulariazeen), die 15. in Siliquosae und Siliculosae; die 16., 17. u. 18. werden nach Zahl und Stand der Staubgefäße geteilt, die 19. (Kompositen) nach dem Geschlechte der Einzelblüten, die 20. (Orchideen) nach der Zahl der Staubgefäße, die 21. und 22. nach Zahl, Stand und Verwachsung der Staubgefäße; die 23. zerfällt in Ein-, Zwei- und Dreihäufige, die 24. in Farne, Moose, Flechten, Algen, Pilze.


Das künstliche P. eignet sich sehr gut zum Bestimmen der Pflanzen, ja es hat in dieser Hinsicht unverkennbare Vorzüge. Sollen dagegen die Pflanzen nach ihrer natürlichen Verwandtschaft geordnet werden, so daß diese Anordnung ein möglichst genaues Abbild des Entwickelungsganges gibt, den das Pflanzenreich bis zur Erreichung aller der gegenwärtig existierenden Typen eingeschlagen hat, so erhalten wir ein natürliches System. Während in den natürlichen Systemen von Jussieu und De Candolle vorerst die Hauptgruppen richtig aufgefaßt wurden, richtet sich das von End licher hauptsächlich auf die Feststellung und Abgrenzung der einzelnen Familien, dasjenige von A. Braun aber strebt auch die Aneinanderreihung der einzelnen Familien, ihre Verweisung in die Nachbarschaft dieser oder jener andern in offenbar naturgemäßer Weise an. Das System Brauns wurde zunächst durch Eichler weiter fortgebildet und wird gegenwärtig in der folgenden Gestalt vielfach in Lehr- und Handbüchern der Botanik zugrunde gelegt:


I. Thallophyten oder Lagerpflanzen.

A. Algen. 1) Schizophyzeen, 2) Zygophyzeen, 3) Chlorophyzeen, 4) Phäophyzeen, 5) Rhodophyzeen, 6) Charazeen.

B. Pilze. 1) Myxomyzeten, 2) Phykomyzeten, 3) Askomyzeten, 4) Basidiomyzeten.

C. Flechten. 1) Diskolichenen, 2) Pyrenolichenen, 3) Hymenolichenen.

II. Bryophyten oder Moospflanzen.

1) Lebermoose, 2) Laubmoose.

III. Pteridophyten oder Gefäßkryptogamen.

1) Filicinen, 2) Equisetinen, 3) Lykopodinen.

IV. Gymnospermen oder Nacktsamige.

1) Cykadazeen, 2) Koniferen, 3) Gnetazeen.

V. Angiospermen oder Bedecktsamige.

A. Monokotyledonen. 1) Liliifloren, 2) Spadicifloren, 3) Glumifloren, 4) Scitamineen, 5) Gynandrien, 6) Helobien.

B. Dikotyledonen.

a) Choripetalen.

I. Julifloren: 1) Amentazeen, 2) Piperinen, 3) Urticinen.

II. Centrospermen: 1) Polygoninen, 2) Chenopodinen, 3) Karyophyllinen.

III. Aphanocyclier: 1) Polykarpier, 2) Rhöadinen, 3) Cistifloren, 4) Kolumniferen.

IV. Eucyclier: 1) Gruinalen, 2) Terebinthinen, 3) Äskulinen, 4) Frangulinen.

V. Tricoccae.

VI. Kalycifloren: 1) Umbellifloren, 2) Saxifraginen, 3) Passiflorinen, 4) Myrtifloren, 5) Thymeläinen, 6) Rosifloren, 7) Leguminosen, 8) Monochlamydeen.

b) Sympetalen.

I. Pentacyklier: 1) Ericinen, 2) Primulinen, 3) Diospyrinen.

II. Hypogyne Tetracyklier: 1) Tubifloren, 2) Personaten, 3) Nukuliferen, 4) Kontorten.

III. Epigyne Tetracyklier: 1) Kampanulinen, 2) Rubiinen, 3) Aggregaten.


Durch weitere Zerteilung einzelner Hauptgruppen, durch Zusammenfassungen und Umstellungen, besonders aber durch Umbenennungen der alten Abteilungen hat Engler in neuerer Zeit dem Braun-Eichlerschen System, wie aus der folgenden Übersicht hervorgeht, ein gänzlich verändertes Aussehen gegeben:


I. Phytosarcodina (Myxothalophyta, Myxomycetes).

Acrasiales, Plasmodiophorales, Myxogasteres.

II. Schizophyta.

Schizomycetes, Schizophyzeae.

III. Flagellatae.

IV. Dinoflagellatae.

Cilioflagellatae.

V. Zygophyceae.

Bacillariales, Conjugatae.

VI. Chlorophyceae.

Protococcales, Confervales, Siphoneae.

VII. Charales.

VIII. Phaeophyceae.

IX. Rhodophyceae.

Bangiales, Florideae.

X. Eumycetes (Fungi).

Phycomycetes, Hemiascomycetes, Euascomycetes, Laboulbeniomycetes, Basidiomycetes.

1. Unterklasse: Hemibasidii.

2. Unterklasse; Eubasidii.

Anhang zu Klasse 3 und 5: Fungi imperfecti.

Nebenklasse zu Klasse 3 und 5: Lichenes.

XI. Embryophyta asiphonogama (Archegoniatae).

1. Unterabteilung. Bryophyta (Muscinei).

Hepaticae, Musci.

Unterklassen: Sphagnales, Andreaeales, Bryales.

2. Unterabteilung. Pteridophyta.

Filicales, Sphenophyllales, Equisetales, Lycopodiales. Anhang: Cycadofilices.

XII. Embryophyta siphonogama (Siphonogamen, Phanerogamen, Endoprothalliaten, Samenpflanzen).

1. Unterabteilung. Gymnospermae.

Cycadales, Bennettitales, Cordaitales, Ginkgoales, Coniferae, Gnetales.

2. Unterabteilung: Angiospermae.

Monocotyledoneae, Dicotyledoneae.

1. Unterklasse: Archichlamydeae, 2. Unterklasse: Metachlamydeae (Sympetales).


Das System ist dem von Engler redigierten Handbuch: »Die natürlichen Pflanzenfamilien«, an dessen Bearbeitung zahlreiche Botaniker mitgewirkt haben, zugrunde gelegt und kann deshalb dem Fachmann für die streng wissenschaftliche Behandlung systematischer Fragen zum Ausgangspunkt dienen. Für Unterrichtszwecke aber und für eine orientierende Darstellung, wie sie in unserm Werke zu geben ist, erscheint es wegen seiner Kompliziertheit und wegen der durch die vielen neuen Namen erschwerten Übersicht und Rückbeziehung auf ältere Literatur weniger geeignet.

Literatur: Linnés System: Linné, Species plantarum (Stockh. 1753; neueste Aufl. von Willdenow, Berl. 1797–1830, 6 Bde.) und Systema vegetabilium (16. Aufl. von Sprengel, Götting. 1825–28, 4 Bde.); dasselbe Werk herausgegeben von Römer und Schultes, nebst den Mantissen (Stuttg. 1817–30, 7 Bde.). Natürliche Systeme, Nomenklatur u. a.: Adanson, Familles des plantes (Par. 1761); A. L. Jussieu, Genera plantarum secundum ordines naturalis disposita (das. 1789); De Candolle, Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis (das. 1824–74, Bd. 1–17); Buek, Genera, species et synonyma Candolleana alphabetico ordine disposita, seu Index generalis et specialis ad De Candolle Prodromum (Hamb. 1840–74, 4 Bde.); A. und C. De Candolle, Monographiae Phanerogamarum Prodromi nunc Continuatio nunc Revisio (Par. 1877 ff.); Nyman, Conspectus florae europaeae (Örebro 1878–82, nebst Supplementen); Bartling, Ordines naturales plantarum (Götting. 1830); Lindley, The vegetable kingdom (neue Ausg., Lond. 1868), The treasury of botany (neue Ausg., das. 1870, 2 Bde.); Endlicher, Genera plantarum secundum ordines naturales disposita (Wien 1836 bis 1840; Supplementa, das. 1842–43, neue Aufl. 1865) und Enchiridion botanicum (Leipz. 1841); Baillon, Histoire des plantes (Par. 1866 ff.); Bentham und Hooker, Genera plantarum (Lond. 1862–83, 3 Bde.); Eichler, Syllabus der Vorlesungen über spezielle und medizinisch-pharmazeutische Botanik (Berl. 1880); Durand, Index generum phanerogamarum (Brüssel, Lond. u.a. 1890 ff.); Engler und Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wichtigern Arten (Leipz. 1887 ff., 5 Tle.); Warming, Handbuch der systematischen Botanik (deutsche Ausg., 2. Aufl. von Möbius, Berl. 1902); Hallier, Vorläufiger Entwurf des natürlichen Systems der Blütenpflanzen (in »Bulletin Herb. Boissier«, 2. Serie, Bd. 3, 1903); Engler, Syllabus der Pflanzenfamilien (4. Aufl., Berl. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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