Passau [2]

Passau [2]

Passau, unmittelbare Stadt im bayr. Regbez. Niederbayern, in hochromantischer Lage auf einer schmalen, felsigen Landzunge an der Mündung des Inn und der Ilz in die Donau, 302 m ü. M., ist von einer vierfachen Reihe von 120 m über die Donau emporragenden Bergen umgeben und teilt sich in die eigentliche Stadt, am rechten Donauufer, und die Vorstädte Innstadt, am rechten Ufer des Inn, Ilzstadt, jenseit der Donau am linken Ufer der Ilz, St. Nikola, nächst dem Bahnhof, und Angervorstadt, auf dem linken Donauufer. Über die Donau führt eine eiserne Brücke (zwischen Stadt und Anger), ein Drahtsteg (zwischen Stadt und Ilzstadt) und eine Seilfähre; über den Inn zwei eiserne Brücken und zwei Seilfähren, auch die Ilz ist überbrückt. Unter den öffentlichen Plätzen sind der Dom- oder Paradeplatz (mit der ehernen Statue des Königs Maximilian Joseph I.) und der Inn-Promenadenplatz mit hübschen Anlagen die schönsten. Von den 11 Kirchen Passaus sind besonders zu nennen: der Dom (ursprünglich aus dem 14. Jahrh. herrührend, Ende des 17. Jahrh. aber fast gänzlich niedergebrannt, seit 1680 in seiner jetzigen Gestalt wieder aufgebaut), mit schönem altdeutschen Portal, trefflicher Orgel, einer 90,5 Doppelzentner schweren Glocke und zahlreichen Reliquien sowie sehr alten Grabsteinen im Domhof und zwei Türmen; ferner die gotische Heilige-Geistkirche, die ca. 1000 Jahre alte Severins- oder Friedhofskirche, die Stadtpfarrkirche St. Paul, die Pfarrkirche St. Gertrud, die kleine, im gotischen Stil 1859 vollendete evangelische Kirche und die restaurierte, aus zwei übereinander befindlichen Abteilungen bestehende St. Salvatorkirche (1479 erbaut).

Wappen von Passau.
Wappen von Passau.

Andre hervorragende Gebäude sind: die ehemalige bischöfliche Residenz, die in ihrem ältern Teile die Amtslokale von Behörden, in ihrem neuern die Wohnung des Bischofs und die Geschäftsräume des Domkapitels enthält; das ehemalige Jesuitenkollegium (jetzt Lyzeum und Staatsgymnasium) mit Bibliothek von über 30,000 Bänden, das 1804 aufgehobene Nonnenkloster Niedernburg (jetzt Institut der Englischen Fräulein), das Postgebäude, merkwürdig durch den 1552 hier abgeschlossenen Passauer Vertrag (s. d.), und das seit 500 Jahren im Besitz der Stadt befindliche, neu restaurierte Rathaus mit neuerbautem Turm, den beiden mit Fresken und Glasmalereien geschmückten Rathaussälen und dem Ratskeller. P. war ehedem eine starke Festung; es hatte zwei Zitadellen, das jetzt als Militärstrafanstalt benutzte Oberhaus und das uralte, schon 737 urkundlich erwähnte Unter- oder Niederhaus, jetzt Privatbesitz, ferner zwei Forts. Auf Oberhaus ein Aussichtsturm mit herrlichem Rundblick über die Stadt und ihre Umgebung. Die Zahl der Einwohner beträgt (1900) mit der Garnison (2 Bataillone Infanterie Nr. 16) 18,003, davon 987 Evangelische und 34 Juden. Bedeutend ist die Leder-, Porzellan- und Holzwarenfabrikation. Ferner werden dort Schiffbau, Eisen- und Kupferhämmer, Drahtzieherei, Maschinenbau, Tabak-, Papier- und Teigwarenfabrikation, Bierbrauerei etc. betrieben. Der Handel, unterstützt durch eine Handels- und Gewerbekammer, eine Reichsbanknebenstelle und andre Bankinstitute sowie durch die Donauschiffahrt, ist vorwiegend Speditionshandel, sonst aber auch lebhaft in Passauer Schmelztiegeln (Fabrikat von Obernzell), Holz, Getreide, Salz etc. Den Hafen passierten 1903 zu Berg: 834 beladene Schiffe mit 261,000 Ton. Ladung, zu Tal: 497 Schiffe mit 59,000 Ton. Ladung. Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien P.-Nürnberg-Würzburg, P.-Donaulände, Pocking-P. u.a. P. hat ein Lyzeum, ein Gymnasium, eine Kreisrealschule, ein Klerikal- und ein Knabenseminar, eine Präparandenschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Fachschule für Maschinenbauer und Elektrotechniker, eine Töpferschule, eine Kreiswebeschule, ein Institut der Englischen Fräulein, 3 Klöster, 2 Waisenhäuser, 2 Rettungsanstalten, ein Landgestüt und ist Sitz eines Bezirksamts, eines Landgerichts, eines Hauptzollamts, eines Bischofs und eines bischöflichen Ordinariats sowie der Direktion der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft. Die städtischen Behörden zählen 18 Magistratsmitglieder und 36 Mitglieder des Gemeindekollegiums. – Zum Landgerichtsbezirk P. gehören die 9 Amtsgerichte zu Freyung, Griesbach, P., Pfarrkirchen, Rotthalmünster, Simbach a. J., Vilshofen, Waldkirchen und Wegscheid. In der Nähe liegen die berühmte Wallfahrtskirche Mariahilf mit einem Kapuzinerkloster, das Schloß Freudenberg, jetzt Institut der Englischen Fräulein, und der Luftkurort Hals mit Kneippscher Wasserheilanstalt. – Die Feste Oberhaus, 135 m über der Donau auf dem St. Georgsberg, ward von Ulrich II., Grafen von Dissen, 1215–19 gegen die Bürger erbaut. Bischof Johann Philipp Lamberg (1689–1712) vergrößerte die Festungswerke und baute das sogen. Philippswerk. 1741–42 hielten die Bayern die Feste besetzt, bis 25. Jan. die Österreicher das Schloß nahmen und es drei Jahre besetzt hielten. Am 24. Okt. 1805 mußte sich wiederum die Besatzung an die Österreicher ergeben. 1806 wurden die Befestigungen erweitert und zu strategischer Bedeutung erhoben, indem man in der Feste den Schlüssel zur Beherrschung der Donau erkannte. – An Stelle Passaus, speziell der Innstadt, lag im Altertum der keltische Ort Bojodurum, dem gegenüber aus dem Lager einer batavischen Legion der Römer die Grenzfestung Castra Batava, das eigentliche P., erwuchs. Zu Anfang des 8. Jahrh. ward es Residenz des Bayernherzogs Theobald und 738 Sitz des neu eingerichteten Bistums. 999 erwarb Bischof Christian die Gerichtsbarkeit und die Regalien in der Stadt. Diese blühte durch Handel und Schiffahrt empor und versuchte im 13. Jahrh. sich der bischöflichen Gewalt zu entziehen, was den Bischof Ulrich zur Anlage der St. Georgsburg, des jetzigen Oberhaus, auf dem nördlichen Donauufer veranlaßte. Sein Nachfolger Gebhard verlieh 1225 P. das erste Stadtrecht. Bei einem Aufstande der Städter 1250 gewann Herzog Otto von Bayern durch Verrat das Schloß Ort in P., und die Bischöfe hatten stets ihre Rechte gegenüber den benachbarten Bayern wie gegenüber der Bürgerschaft bis ins 15. Jahrh. zu verteidigen. 1803 kam P. an Bayern. Vgl. Erhard, Geschichte der Stadt P. (Passau 1864, 2 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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