Pascal

Pascal

Pascal, 1) Blaise, scharfsinniger Mathematiker und Philosoph, geb. 19. Juni 1623 zu Clermont in der Auvergne, gest. 19. Aug. 1662 in Paris, kam mit seinem Vater 1631 nach Paris und widmete sich hier, anfangs als Autodidakt, der Mathematik mit solchem Erfolg, daß er schon in seinem 12. Jahr ein selbsterfundenes, ungefähr das erste Buch des Euklid umfassendes System aufstellte und im 16. Jahr ein Werk über die Kegelschnitte schrieb. Daneben beschäftigten ihn Philosophie und Physik. Wiewohl kränkelnd, setzte er doch seine Studien bis zum 31. Jahr unablässig fort, und aus dieser Zeit datieren seine hauptsächlichsten Entdeckungen und Erfindungen im Gebiete der Mathematik und Physik, wie die einer auf den scharfsinnigsten Kombinationen beruhenden Rechenmaschine, der Anwendung des Barometers zum Höhenmessen und zu meteorologischen Zwecken, der Theorie vom Gleichgewicht der Flüssigkeiten, der Wahrscheinlichkeitsrechnung, des arithmetischen Dreiecks, der Eigenschaften der Zykloide u.a. Nachdem er eine Zeitlang den Zerstreuungen des Pariser Lebens sich hingegeben, brach er 23. Nov. 1654 plötzlich mit seiner Vergangenheit, widmete sich in asketischer Strenge einem beschaulichen Leben, nahm seine Wohnung in der Nähe von Port-Royal und trat in engen Verkehr mit Arnauld, Nicole, Lancelot und andern Jansenisten. Aus diesem Verhältnis gingen seine berühmten Briefe gegen die Jesuiten hervor, die, 1656 und 1657 erschienen, die laxe Moral dieses Ordens (s. Probabilismus) schonungslos enthüllen und ein Meisterstück reiner und kunstvoller, zur Überzeugung fortreißender und von scharfem Spott überströmender Prosa sind. An der Vollendung seines Planes, durch eine Apologie des Offenbarungsglaubens die Vernunftschlüsse der Freigeister vollständig zu widerlegen, verhinderte ihn der Tod. Die Vernunft kann nach P. die Wahrheit durch sich selbst nicht finden, das Gefühl gibt aber die Erkenntnis Gottes und der Gnade. Ein Denkmal Pascals wurde 1880 in Clermont-Ferrand enthüllt. Unter Pascals Schriften sind die berühmtesten: die obenerwähnten Briefe, betitelt »Les Provinciales, ou lettres écrites par Louis de Montalte à un provincial de ses amis, avec les notes de Guillaume Wendrock« (Nicole, gest. 1695), in mehr als 60 Auflagen erschienen (hrsg. von Derome 1885–86, 2 Bde., von Molinier 1892, 2 Bde.) und von Nicole ins Lateinische (1658) übersetzt; »Pensées sur la religion« (zuerst Par. 1670, dann mit einem Leben Pascals von seiner Schwester, der Madame Gilberte Périer, das. 1687; von Bossut besser geordnet, wie sie in spätern Ausgaben stehen; kritische Ausgabe von Faugère, das. 1844, 2. Aufl. 1897; von Havet, das. 1890; von Holzapfel, Berl. 1882; von Michaut, Freib. i. d. Schweiz 1897; von Brunschvicg, 3. Aufl., Par. 1904; deutsche Übersetzungen von Merschmann, Halle 1865; von Dreydorff, Gotha 1891; von B. v. Herber-Rohow, Jena 1905). Pascals sämtliche Werke wurden mit einem »Discours sur la vie et les ouvrages de P.« am besten herausgegeben von Bossut (Haag u. Paris 1779; neue Aufl., Par. 1819, 5 Bde.), später von Lemercier (das. 1830, 2 Bde.), von Faugère (das. 1886–95, Bd. 1 u. 2; fortgesetzt von Brunschvicg). Vgl. Reuchlin, Pascals Leben und Geist seiner Schriften (Stuttg. 1840); Cousin, Études sur P. (5. Aufl., Par. 1857); Maynard, P., sa vie et son caractère (das. 1850, 2 Bde.); Dreydorff, P., sein Leben und seine Kämpfe (Leipz. 1870) und Pascals Gedanken über die Religion (das. 1875); Vinet, Études sur B. P. (4. Aufl., Par. 1903); Nourrisson, P., physicien et philosophe (das. 1885); Droz, Étude sur le scepticisme de P. (das. 1886); J. Bertrand, Blaise P. (das. 1890); Giraud, P., l'homme, l'œuvre, l'influence (3. Aufl., das. 1905); Boutroux, Pascal (3. Aufl., das. 1903); Hatzfeld, Pascal (in der Sammlung »Les grands philosophes«, 1901); Warmuth, Das religiös-ethische Ideal Pascals (Leipz. 1901) und Wissen und Glauben bei P. (Berl. 1902).

2) Ernesto, Mathematiker, geb. 7. Febr. 1865 in Neapel, studierte in Neapel, wo er 1887 promovierte, dann in Pisa und Göttingen und wurde 1890 Professor der Infinitesimalrechnung an der Universität Pavia, wohnt aber in Mailand. Seine zahlreichen Arbeiten behandeln Invariantentheorie, Geometrie, Funktionentheorie und Differentialgleichungen. Unter seinen Lehrbüchern seien genannt: »Calcolo infinitesimale« (2. Aufl., Mail. 1902, 2 Bde.); »Note critiche di calcolo infinitesimale« (das. 1895); »I Determinanti« (das. 1896; deutsch von Leitzmann, Leipz. 1900); »Calcolo delle variazioni« (Mail. 1897; deutsch von Schepp, Leipz. 1899) und besonders sein »Repertorio di matematiche superiori« (Mail. 1898 bis 1900, 2 Bde.; deutsch von Schepp, Leipz. 1900–1902, 2 Bde.), eine sehr nützliche kleine Enzyklopädie der Mathematik.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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